Wie schon anlässlich des schönen Sauerkraut-Western Deadlock an dieser Stelle bemerkt: Früher war alles besser, auch und gerade im Deutschen Kino. Ein durchschlagender Beweis hierür sind zwei Frühwerke des heute meist fürs Fernsehen drehenden Klaus Lemke. Vor allem sein Spielfilmdebut 48 Stunden bleibt auch zwei Wochen nach dem Kinobesuch in seiner gesamten Faszinantion erhalten. Die konsequente Aneignung zahlloser B-Movie Mythen in Verbindung mit einer unvergleichlichen Liebe fürs Detail schafft ein filmisches Universum, das (nicht nur hierzulande) seinesgleichen sucht. Hier stimmt einfach jeder Dialog, jede Geste und vor allem: jedes Setting. Vor allem Mexiko sieht bis aufs Haar so aus, wie Mexiko auszusehen hat, vom heruntergekommenen Motel bis zur obligatorischen Strassenkneipe. Anders als in Godards Genrefantasien versucht die Regie nie, Distanz aufzubauen, im Gegenteil, Ziel ist es stets, den Zuschauer so fest wie möglich innerhalb der Narration zu halten, auch auf die Gefahr hin, dass all die Klischeebeschwörungen irgendwann überhitzen und in sich zusammenfallen. In 48 Stunden entgeht Lemke dieser Gefahrdurch eine unglaubliche Kraftanstrengung, die totale Überstilisierung von alles und jedem resultiert hier in einem fiebrigen, fesselnden und in meinen Augen visionären Werk, das aber mit Sicherheit nur im Kino funktionieren kann.
Ganz anders Rocker. Von Anfang an als TV-Produktion geplant schert Lemke sich hier wenig fürs genuin kinematographische, visuell wird der Film von Großaufnahmen der Protagonisten dominiert, denen fast unbeschränkter Freiraum eingeräumt wird. Auch vom Perfektionismus von 48 Stunden ist nichts mehr zu spüren, was nicht nur daran liegt, dass hier ausschliesslich Amateurdarsteller im Einsatz sind. Was jedoch geblieben ist, ist die totale Identifizierung der Regie mit ihrem Thema. Wieder verzichtet Lemke auf jegliche Distanz zu seinen Figuren, kommt nicht im Traum auf ide Idee, ihr Machogehabe zu hinterfragen. das großartige an der Sache ist, dass es wieder funktioniert. Als Zuschauer wird man nicht gezwungen, die Partei der Regie zu ergreifen, doch Lemkes Film wirkt auf eine emotionale Mittäterschaft hin. Der Regisseur häuft schliesslich genug Argumente auf, die Tonspur füllen ausschliesslich klassische Rockheuler der Stones, Doors oder Santana, die Darsteller reden eine derart fantastische Sprache (die wohl auch durch die 35 Jahre Abstand noch gewonnen hat), dass man einfach mitrocken muss, zumindest für die 85 Minuten, die der Film dauert.
Auch Brandstifter, der dritte Lemke-Spielfilm, den ich anlässlich einer kleinen Retrospektive im Berliner Arsenal bewundern durfte, hat durchaus seine Qualitäten, wobei er im direkten Vergleich doch deutlich abfällt, was wohl vor allem daran liegt, dass dem guten Klaus zum Studentenmilieu weniger einfällt als zu Gangstern und Rockern. Eine Würdigung von Brandstifter findet sich hier.
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