Ewan McGregor und Colin Farrell als Modern Talking: Der Aufstrebende Dieter Bohlen will seiner deprimierenden unteren Mittelklasseexistenz entkommen und geht dabei über Leichen. Leider muss er Thomas Anders mittschleppen, der ist ein Proletarier, wie er im Buche steht und kann das Tempo nicht halten.
Woody Allens Filme werden von Jahr zu Jahr klassischer und überholen das klassische Hollywoodkino inzwischen rückwärts. Cassandra's Dream verzichtet über weite Strecken sogar noch auf die analytische Montage: Eine Szene, eine Einstellung, Schuss-Gegenschuss nur noch in Ausnahmefällen. Smooth bewegt sich die Kamera im immer genau richtigen Abstand zu den Figuren, der long take wird unsichtbar wie sonst die Montage.
Doch Woody Allen ist eben gerade kein emphatischer Klassizist, der die Tugenden der guten alten Zeit gegen die Schnellfeuermontage ausspielt. Seine Filme nähern sich einem Nullpunkt der Gestaltung an. Und gleichzeitig einem Nullpunkt der Autorenhandschrift. Bereits Scoop verhielt sich seltsam indifferent zu seinem eigenen Allen-typischen Themenkomplex. In Cassandra's Dream finden sich zwar Atheismus-Diskurse wie Hochkultur-Teaser (nicht zuletzt der Titel), aber so richtig wichtig ist das beides nicht. Vielleicht wird so etwas noch benötigt, um den Film bei den Arthaus-Verleihern zu pitchen, aber das ist auch schon alles.
Was bleibt ist reines Erzählkino und das Versprechen, dass dieses geeignet ist, in die dargestellte (aber im Grunde frei erfundene) Welt einzudringen und ihre Struktur sichtbar zu machen. Das amerikanische Erzählkino kommt von aussen und seziert Europa oder was es dafür hält. Aus der Distanz wird Allen so analytisch, wie er es vorher nur in Ansätzen war. In Cassandra's Dream entfernt sich das amerikanische Erzählkino so weit vom individualistischen Imperativ wie selten und legt dabei vielleicht auch irgendwie seine materialistische Grundlage frei, wer weiss...
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