Tuesday, April 15, 2008

Danryu / Warm Current, Yasuzo Masumura, 1957

Danryu ist ein wundervolles, knallbuntes Krankenhausmelodram, in das sich immer mal wieder und dann sehr vehement die Ökonomie einschleicht und durcheinander bringt. Ihren Ausgangspunkt hat die Handlung in den neoliberalen Reformen, durch die ein junger Manager die traditionellen Hierarchien eines als Familienbetrieb geführten Krankenhauses durcheinander bringt. Zu allem Überfluss verlieben sich gleich zwei Frauen in ihn. Die eine gehört der alten Ordnung an, ist die Tochter des patriarchalischen Krankenhausbesitzers, schmachtet im Stillen und lässt sich um ein Haar mit einem jungen Arzt verkuppeln, der sie ganz Nebenbei seiner Geliebten vorstellt und auf freundliches Miteinander hofft. Die andere passt besser zur neuen Zeit, flirtet äußerst offensiv mit dem Reformer und macht sich über ihre Kontrahentin lustig, während sie zwischen dem Nudelsuppe schlürfen in Hustenanfälle ausbricht. In einer großartigen Szene bricht sie wie ein Wirbelsturm über die melancholisch neben einer pitorresken Mauer einherschreitenden Heldin herein, wirbelt ein paarmal um sie herum und ist verschwunden, bevor ihr Gegenüber auch nur realisiert zu haben scheint, wie ihr geschieht.
Die Sympathien des Films gehören wie stets bei dem frühen Masumura der neuen Zeit. Vielleicht verlegt Danryu die Auseinandersetzung zwischen den (weltanschaulichen)Generationen auch deshalb auf die Frauen, weil dadurch die politischen Implikationen weniger problematisch sind. Denn was der Film mit dem Streik anfangen möchte, den die wegrationalisierten Angestellten vielleicht doch nicht ganz zu Unrecht gegen das neue Regime anzetteln, wird nicht ganz klar, auch wenn andernorts das alte Regime kräftig sein Fett weg bekommt. Das Ganze gipfelt in einer wundervollen Szene kurz vor Schluss, die zunächst genaus so aussieht wie der melodramatische Höhepunkt eines Liebesfilms auszusehen hat, inklusive im Wind flatterndem roten Schal, aber dann eine ganz andere Wendung nimmt.

2 comments:

Anonymous said...

Hi Lukas,
ich hab mit großem Interesse deine Reihe zu Masumura gelesen, einem Filmemacher, von dem ich bisher zu meiner großen Schande noch so gut wie gar nichts gehört hatte. Auf Grund deiner Kritiken hab ich mir jetzt "Irezumi" besorgt, für den Kaneto Shindo das Drehbuch geschrieben hat und der für mich nach einer Mischung aus "The Life of Oharu" und "Lady Snowblood" klingt. Hast du den auch schon gesehen?

Lukas Foerster said...

Hi!
Den habe ich mir auf DVD mal angeschaut und hier was darüber geschrieben:
http://www.critic.de/filme/detail/film/irezumi-1087.html
Mischung aus "The Life of Oharu" und "Lady Snowblood" trifft es glaube ich ganz gut. Schön gemacht ist der Film auf alle Fälle, allerdings hat er mich doch glaube ich im Vergleich mit anderen Masumuras etwas weniger beeindruckt.