Paul und Carla gehören beide zum Subproletariat, er zum sozialen, sie zum sexuellen (die Stellenausschreibung wird zur Kontaktanzeige). Nachdem sich ihre Lebenswege kreuzen, beuten sie sich erst einmal rücksichtslos gegenseitig aus.
Carla ist fast taub, ihr Hörgerät holt Stimmen an ihren Körper, ihr Fernglas Körper, beziehungsweise Münder: Carla liest Zeichen am Ort ihrer Produktion, nicht ihrer Manifestation. Die hohe akustische Wahrnehmungsschwelle schärft das gesamte Sensorium, sowohl ihr eigenes als auch das des Films. Ein paradoxes Spiel aus Nah und Fern: Je weiter Carlas Wahrnehmung dem Reizursprung entrückt ist, je mehr Hilfsmittel sie zwischen sich und dem Reiz plazieren muss, desto näher rückt die Kamera an sie heran und registriert die Einwirkung eines Reizes, der gerade eben nicht unmittelbare, sondern technisch vermittelte Spuren hinterlässt. Der Blick rückt den für Carla stets problematischen Körpern und Texturen auch ohne Fernglas ganz nah auf die Pelle, ihr Tastsinn macht Pauls unsichtbares Flugticket, verborgen unter dem doppelten Boden der Schublade, ausfindig.
Am Anfang sind die Beziehungen noch offen, im Vorstellungsgespräch dominiert sie ihn durch Wort und Blick, im Büro ist seine Energie destruktiv und muss von ihr kanalisiert werden. Später sortiert es sich doch wieder gendergerecht: Carla ist der hochsensible Körper, auf den sich unterschiedlich modulierte Reize einschreiben, Paul der höchstens halbreflektiert Handelnde. Schön aber ist die fast mechanische Verschaltung der beiden, die unmittelbare Abhängigkeit des einen Elements vom anderen, die Rückkopplungen und Störungen im System.
1 comment:
now I stay tuned!
Post a Comment