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Thursday, August 30, 2012

Jack Reacher 1-10 ranked

(Anlässlich der Veröffentlichung von Band 17 - ein wenig Spielraum habe ich noch)

1. Die Trying

Jack-Reacher-Bewegungsbild

2. Persuader

Die grandiose Einstiegsmontage: erst eine atemlose Actionsequenz dann ihr making of. Der epische Kampf gegen Paulie, smart muscle vs dumb muscle. Einer der exzessivsten Bände, Reacher im Kampf gegen die Elemente, im Strudel, der Wahnwitz als Rückseite, als logische Konsequenz einer durch und durch analytischen Weltsicht. Mistakes, coming back to haunt you.

3. Echo Burning

Der Texas-Band, noch mehr als die anderen angetrieben von Neugier auf die USA, dieses komische, rießige Land. Ungerichtet wirkende Szenen in Diners, Interaktionen mit Kindern, Unübersichtliche Zusammenhänge, die dann aber doch wieder ganz klassisch finalisiert werden, Fasern, die glattgebügelt werden. Im Finale umkreist Reacher seine Gegner, das ist ziemlich komplex, da hätte ich gerne eine Karte gehabt (wie mir überhaupt Karten gelegentlich fehlen, aber ich verstehe natürlich, warum es sie nicht gibt, nicht geben kann).

4. Tripwire

Der erste New-York-Band (der Anfang allerdings in Miami, Reacher trainiert, indem er Pools aushebt und sieht aus wie ein "glänzendes Kondom") ist einerseits großartig montiert. Andererseits brechen viele Szenen doch wieder aus der Montage aus: Eine tolle Actionszene auf der Straße in Slo-mo. Die Rückblende nach Vietnam. Das Hochhaus mit der geheimen Etage. Der Schuss in die Brust. Nur die Sexszenen... das zieht sich durch die Bände, vielleicht ist Lee Child auch einfach nur ein wenig prüde.

5. The Hard Way

Der beste Anfang bisher: Reacher rutscht in die Geschichte hinein, weil er an zwei Tagen hintereinander dasselbe Cafe besucht. Sehr flüssig, sehr routiniert (trotz einiger Hakler in der Plotkonstruktion), der zweite New-York-Band; ich habe ihn schneller gelesen als alle anderen. Das Investigative rückt noch mehr in den Vordergrund, im Grunde gibt es nur noch eine einzige Actionszene, am Ende in England. Die sexy professional, mit der Reacher diesmal schläft, ist zur Abwechslung einmal älter als er. Die Sprache wird immer souveräner, Sätze sind nicht nur funktionsgebundene Bausteine in einer Erzählung, sondern erhalten einen Eigenwert, können (ohne indirekte Rede etc) wiederaufgenommen werden.

6. The Enemy

Das prequel. Reacher und die Tücken der Weltpolitik. Reacher ist zwar noch im Militär, aber einen Institutionenroman hat Lee Child trotzdem nicht geschrieben. Wieder ein "investigativer" Band, vielleicht der erste, der wirklich funktioniert. Keine Angst vor Kitsch in den Frankreichszenen, dafür ist das Finale (Reacher vs Panzerbataillon) so ziemlich das Durchgeknallteste, was die gesamte Serie zu bieten hat. Eine staubtrockene Exekution als coda. Einige der wenigen guten Sexszenen: das zweite Mal ist oft das beste, man freut sich darauf, aber es ist noch nicht langweilig.

7. Running Blind

Der konfuseste Band. Reacher prügelt sich mit Kneipenschlägern, Reacher erbt, schläft immer noch mit der gleichen Frau, gerät dann in eine Geschichte aus seiner Vergangenheit, deren Auflösung mir doch ein wenig wie ein cop out vorgekommen ist. Aber viele schöne Details, zB ein Polizist, der Kaffee trinkt und danach keine Möglichkeit zu pissen hat.

8. One Shot

Ein weiterer Investigations-Band. Formal sehr geschlossen (bis auf einen narrativen Trick am Anfang, der an Persuader erinnert), Reacher kommt in eine Stadt und verlässt sie nicht mehr, bis alle finsteren Gestalten hinüber sind. Als Americana-Erzählung leider lange nicht so gelungen wie Echo Burning. Viel Beschattung und Verfolgung, vielleicht deswegen doch nicht die schlechteste Wahl für die Verfilmung. Der bad guy allerdings wirkt wie ein schlechter Abklatsch des bad guys aus Tripwire.

9. The Killing Floor

Den ersten Band muss ich vielleicht bald noch einmal lesen. Im Vergleich mit den beiden Nachfolgern schien mir der nicht so ganz rund, aber es ist doch schon viel enthalten, was insbesondere die etwas späteren Bücher auszeichnet: Auch der Gedankliche Nachvollzug von Verschwörungen kann schon für sich selbst ein Thrill sein und die finale Bewegungsexplosion vorprägen. Und ja, das Finale in der Scheune ist tatsächlich super.

10. Without Fail

Eigentlich komisch, dass mir ausgerechnet der Sniper-Band am wenigsten gefallen hat, es gibt da durchaus Ansätze für den ultimativen Waffenfetischisten-Roman. Vielleicht liegt es daran, dass das Investigative zum ersten Mal eindeutig in den Vordergrund rückt und weil diese Investigation doch etwas zäh voran schreitet.

Wednesday, August 31, 2011

Lee Child: Die Trying

"And whatever else he was, Reacher knew he was a rational man."

may contain spoilers

Nach Ekkehards cargo-Text und einer Empfehlung von M. habe ich Lee Childs Reacher-Romane entdeckt. Schon der erste Band Killing Floor ist toll, umgehauen hat mich dann der zweite: Die Trying, ein unglaublich dicht konstruierter Thriller, eigentlich eine einzige Bewegungsstudie: ein Vektor von Chicago nach Montana als Grundprinzip. Reacher und sein love interest bewegen sich über mehr als 100 Seiten - ohne es zu wissen - in einem Lastwagen entlang des Vektors, das restliche Personal richtet sich nach und nach an ihm aus. Im ersten Teil sind Bewegung und Geschwindigkeit verfügbar, das Problem ist das mapping. In der Deckplane des Lastwagens sind Einschusslöcher, deren Muster eine maximal abstrahierte Karte entfalten: "Each hole was a bright point of light. Like a mathematical proposition. Total light against the total dark of the surrounding sheet metal. Light, the absence of dark. Dark, the absence of light. Positive and negative."
Bis irgendwann alle in Montana sind, in einem abgelegenen Bergtal, wo plötzlich jeder Schritt Schwierigkeiten bereitet. Das mapping ist dank Satellitenbildern perfekt (andererseits: nur scheinbar; einige Karten sind veraltet), visuell ist jetzt alles verfügbar, das Problem sind Bewegung und Geschwindigkeit. Bäume stoppen Panzer, einmal bleibt Reacher um ein Haar in einem Erdloch stecken.
Der Plot um eine rechtsradikale Miliz, die nahe der kanadischen Grenze einen eigenen Staat ausrufen möchte, könnte einem 80ies-B-Movie entlehnt sein, bis hinein in die einzelnen Set-Pieces: ein Kampfhubschrauber, der mit einer Stinger-Rakete vom Himmel geholt wird, explodierende Lastwagen in der Wüste, Vergewaltigungsversuche in der Scheune, eine Kreuzigung im Wald. Konstruiert ist Die Trying in atemberaubenden, ineinander verschränkten Parallelmontagen, die erst ganz am Ende, wenn sich das Verhältnis von mapping und Bewegung ein weiteres Mal dreht, aufgelöst werden.
Das erstaunliche an Lees Büchern ist die Art, wie die einzelnen Situationen analysierend durchdrungen werden. Ekkehard hat das in seinem cargo-Text und noch etwas ausführlicher hier beschrieben. Eine Welt, die maximal verfügbar erscheint, weil sie von Anfang an nur als Verfügungsmasse gedacht ist. Lee schreibt einerseits immens "filmisch" (siehe alleine die Parallelmontagen), andererseits kann ich mir gerade deswegen kaum eine angemessene Verfilmung vorstellen: weil da kein Platz scheint für Nichtfunktionales, für den Realitätsüberschuss, für Bazin und Kracauer; vielleicht am ehesten wäre der Stil in einen no-nonsense-Animationsfilm übersetzbar. Wenn schon ein Realfilm, dann bitte nicht mit Tom Cruise als Reacher. Mein Favorit wäre (obwohl die körperlichen Attribute überhaupt nicht passen): Wentworth Miller.
Christian Petzold im Gespräch mit Rainer Knepperges und Stafan Ertl (bezogen auf Charles Willeford): "Das ist das großartige an amerikanischen Kriminalromanen, dass sie Behältnisse für Alltagswissen sind." Auch bei Child kann man z.B. lernen, dass Handwerker oft unbrauchbare Werkzeige und ähnlichen Schrott im Hohlraum hinter einem Waschbecken zurücklassen, aber sonst interessieren sich die Bücher weniger für das quotidian, mehr für abstraktere Formen des Wissens, die dennoch in der Lage sind, eine ganze Welt zu durchdringen und abzubilden. Mehrmals tauchen aufwändige, mehrere Seiten lange Beschreibungen einzelner Gewehrschüsse auf: die Justierung, die körperliche Vorbereitung des Schützen, der Weg der Kugel, das Ineinandergreifen von Organik, Mechanik und Physik. Mir kommen diese Passagen wie der eigentliche Kern des Romans vor, weil in ihnen die beiden grundlegenden Konstuktionselemente mapping und Bewegung unmittelbar in eins fallen.
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Den dritten Band Tripwire habe ich auch schon fast zu Ende gelesen. Er ist wieder etwas offener und ähnelt darin dem ersten. Großartig ist auch der. Früh im Buch gibt es eine kurze Passage, kaum mehr als eine Seite lang, die die gesamte Filmgeschichte als Industriegeschichte aufrollt: von der Pionierapparatur um die Jahrhundertwende über Breitbild, TV, Super 8, home cinema bis in die digitale Gegenwart.