Monday, April 21, 2008

O Logos, Where Art Thou

Ausnahmsweise einmal off topic, wobei soweit auch nicht, schließlich lässt sich das deutsche Diskursdefizit auch an "Daily Show" vs "RTL Samstag Nacht", dem bedingungslosen Privatismus noch des guten deutschen Autorenfilms oder auch der hießigen Nichtrezeption von The West Wing oder The Wire festmachen.
Nun aber der Flughafen Tempelhof. So sympathisch mir ja eigentlich jeder Schritt in Richtung direkte Demokratie ist, so in jeder Hinsicht unbefriedigend läuft das Ganze hier ab. Das Anliegen der Initiative lehne ich ohnehin ab, aber um die widerwärtige Springer-Kampagne oder cui bono? soll es hier gar nicht gehen.
Was wirklich ärgert, ist, dass ausgerechnet die Initiative, die das Volksbegehren in die Wege geleitet hat, eine argumentative Auseinandersetzung über das von ihr plazierte Thema nicht sucht. Und zwar nicht einmal im Ansatz, das heißt symbolisch, über die Werbeplakate der Kampagne. Denn während die Gegenseite zumindest zwei ihrer drei berlinweit plakatierten Slogans auf eine argumentative Grundlage stellt (auch wenn die noch so "verkürzt" und "populistisch" ist, wie sollte das denn sonst aussehen, vor allem bei einem solchen Gegner; unrühmliche Ausnahme ist "Ick fliege uff Berlin..."), ersetzt die City-Airport Tempelhof e.V. Argumente (oder selbst deren Schein) konsequent durch Befindlichkeit.
Denn es heißt nicht: "Hört auf Euren Verstand, nicht auf den Regierenden" (selbst das wäre noch prädiskursiv, würde jedoch zumindest die Möglichkeit / Notwendigkeit eines Diskurses postulieren), sondern "Hört auf Euer Herz, nicht auf den Regierenden". Ist das schon neoromantisch gewendeter Anarchismus oder immer noch der alte apolitische Stimmungsschmontz (der natürlich von Wahl zu Wahl neu aufgegossen wird, neu ist das alles beileibe nicht, aber gerade eine direktdemokratische Initiative hätte die Möglichkeit, trotz aller Fremdlenkung und dämlichem Anliegen daran wenigstens ein klein wenig etwas zu ändern), auf dessen Rückseite Pflüger gemeinnützige Projekte mit Grillplätzen gleichsetzt.
Ein anderes Plakat erinnert die Berlinern daran, dass sie ohnehin schon zu 76 % oder was weiß ich für den Flughafen sind und deshalb bitte auch dementsprechend abstimmen sollen. Wenn das ein Diskurs wäre (was nicht der Fall ist), wäre er so zirkulär, dass er sich eigentlich nur auf der Stelle dreht. Und die CDU infantilisiert in bester christdemokratischer Tradition das allerdämlichste Plakat zusammen: "Ich bin ein Berliner".
Auch wenn man auf medialer Ebene ein vergleichbares Diskursdefizit sehr schön besipielsweise auch in der Gegenüberstellung von Riefenstahl- und Capra-Propaganda wiederfinden kann, halte ich wenig von genealogischen Argumentationen, die beim "Erbe der Aufklärung" anfangen und dann meist ebenso vorhersehbar wie selbstgerecht-widerwärtig(-rassistisch) mit dem "wir Europäer" enden. Nein, auch die Tempelhof-Kampagne zeigt, dass es doch in erster Linie ganz konkrete Institutionen sind, die für solchen Blödsinn verantwortlich sind. Und ich schreibe hier auch weiterhin lieber über Film...

2 comments:

Anonymous said...

Warum denken wir heute morgen nur an das gleiche Thema? (-;

grüsse,

Dominik

Lukas Foerster said...

Ja, ich denke da eigentlich sehr ungern dran, aber da ich zZ viel mit dem Fahrrad unterwegs bin, kann ich dem Blödsinn leider nicht entkommen.
Viele Grüße,
Lukas