Nach fünf Episoden kann ich mich doch zumindest ein wenig anfreunden mit der Serie. Der Minister ist nicht mehr immer und automatisch die traurige Pointe jedes Scherzes, er schlägt zurück und bringt eine etwas weniger lineare Machtdynamik in Gang. Und es wird auch tatsächlich ab und an echter demokratietheoretischer (aber eben immer nur: theoretischer) Diskurs geführt; nach den ersten drei Staffeln kam es mir schon so vor, als sei die Serie eine einzige - noch dazu, was die Sache besonders perfide machen würde, vom Staatsfernsehen produzierte - Veralberung des Repräsentationsgedankens bei gleichzeitiger Versicherung, dass eigentlich doch alles ganz ok sei so wie es ist. Dem ist glücklicherweise doch nicht so. Dennoch habe ich meine Probleme mit der Serie. Klar, auch weil ich nun mal ein The West Wing-Fan bin.
Im direkten Vergleich mit Sorkins Meisterwerk stört mich vor allem, dass Yes Minister nicht mit offenen Karten spielt, wenn es um konkrete politische Standpunkte geht. Sicherlich geht es der Serie auch darum, das "Ministry of Administrative Affairs" im Besonderen und die Regierungsorgane Großbritanniens im Allgemeinen als eine Struktur zu zeigen, deren Eigengesetzlichkeiten sie von den wirklichen Problemstellungen weitgehend isolieren. Aber dennoch müsste man doch irgendwie zeigen, wie das eine mit dem dem anderen eben durchaus etwas zu tun hat; wie die Isolationsmechanismen funktionieren, was auf der Strecke bleibt und was vielleicht auch nicht. Genau dieser Nexus, um den es in The West Wing fast in jeder einzelnen Folge geht, bleibt in Yes Minister völlig unterbestimmt. Und das hängt mit Sicherheit nicht nur, wahrscheinlich nicht einmal in erster Linie, mit den jeweils verschiedenen institutionellen Strukturen bzw den unterschiedlichen Definitionen von Öffentlichkeit in Großbritannien und den USA zusammen.
Nein, das sind zuerst ästhetische Entscheidungen der Serien selbst: Yes Minister blendet beispielsweise die Pressearbeit des Ministeriums völlig aus, ebenso wie alle anderen Strukturen, die mit der Außenwelt zwangsläufig in Kontakt bleiben. Es ist eine bewusste Entscheidung der Serie, politisches Handeln auf die visuellen Codes und sozialen Interaktionen der Geheimdiplomatie des 19. Jahrhunderts zu reduzieren.
Diese Konstruktion ist einerseits ein Problem an sich. Andererseits auch deshalb, weil sie es der Serie erlaubt, von den politischen Inhalten selbst zu abstrahieren. Die Serie macht es sich einfach: Für sie ist ein aufmüpfiger afrikanischer Putschist, der sich mit Affronts gegen die Briten, die ehemaligen Kolonialherren, profilieren will, genauso ein bloßes Verwaltungsproblem - beziehungsweise Spielmaterial im in seinem Innersten zutiefst undemokratischen Machtpoker - wie die Forderung nach "open government" oder der Kampf gegen einen europaweiten Personalausweis. Stellung muss nicht bezogen werden, nicht in der Serie und deshalb auch nicht im Publikum. Yes Minister mag in mancher Hinsicht ein realistischeres Bild der Tagespolitik in moderne, bürokratielastigen Demokratien zeichnen als The West Wing. Das Modell von Öffentlichkeit aber, das die Serie entwirft, ist dem Sorkinschen in jeder Hinsicht unterlegen.
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