Kim Ki-duk ist einer der fleißigsten Filmkunsthandwerker des internationalen Festivalbetriebs. Überraschenderweiße ist er trotz beeindruckender Arbeitsfrequenz (mindestens ein Film pro Jahr) und dem überschaubaren Zutatenschatz seines Oeuvres ein klassischer Hit or Miss Regisseur. Oder schleichen sich vielleicht Metarhythmen in die Filmografie ein? Zumindest bezogen auf die letzten sechs Werke (soeben erschienen sind in einer schönen Edition zwei Frühwerke, mehr hier) finden sich zwei parallele Dreiklänge mit Filmen jeweils völlig unterschiedlicher, innerhalb der jeweiligen Serie aufsteigender Qualität. Zuerst exotistisch-berechnender Quatsch (Frühling, Sommer, Herbst, Winter... und Frühling, 2003; The Bow, 2005), dann High-Concept Themenfilme mit leichtem Exploitationeinschlag (Samaria, 2004; Time, 2006) und schließlich radikalformalistische Fast-Meisterwerke (Bin-jip, 2004; Breath, 2007). Zu vermuten ist, dass der Regisseur mit den Werkgruppen jeweils völlig unterschiedliche Ziele verfolgt. Die erstere zielt aufs europäische Arthauskino proper, das gerne über das so ganz Fremde Andere staunt und dabei nicht bemerkt, dass es lediglich seinen eigenen Fantasien ins Gesicht blickt. Die zweite Gruppe zielt eventuell etwas stärker auf den Heimatmarkt, bleibt zumindest näher am kommerziellen Genrekino. Die dritte schließlich liefert Rätselkino ohne Auflösung zwecks Selbstinthronisierung im Auteurspantheon. Die erste Kategorie zielt auf die Marke, die zweite aufs Geld, die dritte auf die Ewigkeit.
Time positioniert sich also in der leider tendenziell etwas lauen Mitte des Kim Ki-dukschen Universums. Es geht um Schönheitsoperationen sowie darum, was sich damit filmisch so alles anstellen lässt und zwar auch jenseits der Nip/Tuck- beziehungsweise RTL-Liga. Im Ansatz gelingt dem Koreaner denn auch tatsächlich eine amüsante Verwechslungstragikomödie. Schön ist vor allem die Figurenzeichnung, die nicht nur von ferne an den ungleich begabteren Kollegen Hong Sang-soo erinnert. Interessanterweise ist hier die Frau weitaus psychotischer als der Mann. Insbesondere eine Szene früh im Film, in einem Cafe, ist großartig. Jedes Wort, jede Geste führt unweigerlich und folgerichtig in die falsche Richtung.
In erster Linie ist Kim Ki-duk natürlich Formalist. Leider kommt der Formalismus in Time, anders als bei Hong Sang-soo, größtenteils von außen und nicht aus dem Erzählmaterial selbst (auch deshalb ist Kim Ki-duk umso besser, je weniger er erzählt: Die Erzählung ist immer Überschuss, nie Teil des formalen Programms). Also müssen die Hauptfiguren vor und nach der einschneidenden OP auf albernen Wasserskulpturen herumturnen (eine dieser Skulpturen schmückt nebenbei bemerkt das Titelbild der neuen Splatting Image) und auch sonst so einigen Unsinn machen. Und das ist denn doch wieder etwas ermüdend.
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