Ähnlich wie Ryoju / Hunting Rifle versucht sich auch Banka an einer filmischen Form, die im Vergleich zu anderen Gosho-Streifen weniger mit den zyklisch organisierten, mäandernden japanischen Genres wie dem Shomingeki zu tun haben und mehr mit Melodramen der amerikansichen Art. Wo mich aber Ryoju nicht so recht zu überzeugen wusste, war ich von Banka schlichtweg begeistert.
Banka übernimmt vom Hollywoodmelodram die Form, die Grammatik, die Harfen und Streicher der Tonspur, die Großaufnahmen, die Weichzeichner und die Überblendungen. Nicht jedoch die konventionalisierten Figurenzeichnungen, die eigentlich zur Definition des Genres gehören. Ganz im Gegenteil entwirft Banka eine denkbar komplexe Figuren- und Gefühlsanordnung, die in dieser speziellen Ausprägung in Hollywood nie denkbar gewesen wäre.
Im Mittelpunkt steht Reiko, eine ledige Frau (schätzungsweise) Ende 20 / Anfang 30. Eine Frau, die, darauf verweist sie ihr Vater in einer Sequenz, noch nicht richtig erwachsen geworden ist und dies auch bis zum Ende des Films nicht nachholen wird. Zu Beginn verfolgt sie einen jungen Mann und seine ältere Geliebte bis zu einem Haus. Dieses gehört der Geliebten und ihrem Ehemann, ein Großteil des Folgenden spielt in diesem von Bäumen umgebenen Anwesen, welches Reiko zunächst minutenlang umschleicht und beobachtet. Reiko wird von diesem Haus und seinen Bewohnern trotz ihres erklärten Willens nicht mehr los kommen in diesem Film bis sie sich in der allerletzten, befreienden Szene aufs Land flüchtet. Auch später schleicht sie immer wieder um oder durch das Haus, versteckt sich beispielsweise in einer denkwürdigen Szene im Geräteschuppen, eine Szene, die mit einfachsten Mitteln eine ungeheure emotionale Intensität erreicht.
Zunächst jedoch beginnt sie gleichzeitig eine Affäre mit dem Mann (Setsuo) und eine tiefe, innige Freundschaft mit der Frau (Akiko) des Hauses. Keines von beiden befriedigt sie, vielleicht, weil es ihr eigentlich genau umgekehrt lieber wäre: Vom Mann, der ihr sogar anbietet, für sie seine Frau zu verlassen, erbittet sie sich immer wieder, doch nur sein Freund sein zu dürfen (was auch deshalb nicht funktioniert, weil Setsuo um einiges aktiver vorhgeht als der typische Gosho-Mann), ihre Bewunderung für Akiko wird zumindest von deren eifersüchtigen jugendlichen Liebhaber als lesbische Liebe identifiziert.
Freilich übernimmt der Film diese Lesart nicht zur Gänze. Es geht nicht nur um sexuelles Begehren, sondern gleichzeitig auch um einen Mutterersatz (ihre eigene ist früh gestorben) sowie um Bewunderung für die ältere, elegantere (Akiko ist meist japanisch, Reiko stets westlich gekleidet), polyglottere Frau. Die Beziehung der beiden Frauen zueinander bleibt zutiefst ambivalent, ohne die Gefühlskryptik des europäischen Kunstkinos allerdings: Reiko selbt, beziehungsweise dem höchst expressiven Schauspiel Kuga Yoshikos, wie auch der Regie Goshos Filmsprache gelingt es, die einander widerstrebenden Anliegen durchaus nachvollziehbar zu kommunizieren, ohne sie auf eine endgültige Lesart festzulegen.
Das sonderbare, nie ganz fassbare Begehren Reikos kulminiert immer wieder in höchst sonderbaren emotionalen Überschneidungen, die von Goshos Regie meisterhaft aus der Pschologie extrahiert und filmisch verräumlicht werden. So etwa in einer Schlüsselszene im Haus der beiden Objekte der Begierde: Setsuo kehrt nach berufsbedingter längerer Abwesenheit nach hause zurück. In seiner Abwesenheit hat sich die Freundschaft zwischen Akiko und Reiko intensiviert. Nun, als er die Rückkehr ankündigt, äußert Reiko vor Akiko den Wunsch, dass sie ihn (ihren Geliebten) kennenlernen möchte in der Hoffnung, dass eie solche Begegnung jede weitere sexuelle Beziehung zwischen ihr und ihm unmöglich mache. Doch kaum öffnet er die Tür, entdeckt sie die Unmöglichkeit ihres Plans, versteckt sich vor Scham in einem Nebenzimmer und belauscht die Begrüßungszeremonie angstvoll. Als Akiko ihr dann ihren Mann und damit die Konfrontation mit dem eigenen chaotischen Gefühlshaushalt aufdrängt, flüchtet sie Hals über Kopf aus dem Haus.
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