Ein 111minütiges Musikvideo zu drehen, das im großen und ganzen über die ganze Zeit funktioniert ist sicher nicht einfach aber Russell schafft dies mühelos. Entstanden ist das Ganze 1975, also einige Jahre vor Mtv, was auch zeigt, dass die Beziehung zwischen Musikfernsehen und Kino keine so einseitige war, wie oft behauptet wird. Zumindest Russell hatte es nicht nötig, sich bei irgendwelchen Clipregisseuren etwas abzuschauen, im Gegenteil, im Vergleich zu Tommy wirkt fast das gesamte Mtviva selbst heute noch bieder, ganz zu schweigen von den hölzernen Anfängen.
Dass der Film trotzdem nicht der ganz große Wurf geworden ist, liegt vor allem an der musikalischen Vorlage. Letzten Ende ist The Whos Tommy doch nicht mehr als nur ein weiteres überambitioniertes Konzeptalbum und der Entwicklungsroman, den es erzählt, nicht nur naiv sondern oft einfach blöd. Auch Russells Umsetzung kann nicht immer überzeugen, einige Szenen nerven aufgrund ihrer schlechten Komposition und vor allem ihrer Penetranz (vor allem Marilyn mit Davidsstern). Seltsam ist auch, dass der Regisseur sich gerade in dem Film, in welchem er ganz und gar freie Bahn hatte, auf der Bildebene fast vollständig von narrativen Zwängen befreit seine Visionen zu verwirklichen, in Zurückhaltung übt, was transgressive Bildinhalte angeht. Etwas mehr Russell-Ikonographie und etwas weniger camp Mise en Scene hätte dem Werk sicherlich gut getan.
Dennoch natürlich wunderbar. Überhaupt versöhnt mich die kleine Russell Reihe im Lichtblick derzeit wieder etwas mit dem Kino, welches mir in letzter Zeit mit viel halbgares (Dear Wendy) oder schlichtweg enttäuschendes (A History of Violence) präsentierte (von so manchem Scheiss, den ich mir aus semiprofessionellen Gründen ansehe, ganz zu schweigen).
Monday, October 31, 2005
Monday, October 24, 2005
All About Lily Chou-Chou, Iwai Shunji, 2001
Leider hierzulande noch viel zu unbekannt ist der japanische Regisseur Shunji Iwai. In Ostasien hat der Regisseur längst Kultstatus und zwar absolut zurecht. In der Tat ist sein Stil einmalig, die Filme, wiewohl stets mit ordentlicher Überläge, entwickeln einen unglaublichen Sog, was sowohl an der brillanten Optik als auch an dem eigenartigen narrativen Stil liegt. Denn Iwai erzählt nicht geradlinig, wählt aber auch keinen episodenartigen Stil. Selten verliert er seine Geschichte ganz aus den Augen, doch de konkrete Weg, den die Erzählung einschlägt, folgt ganz eigenen Gesetzen.
Vor allem sind Shunji Iwais Filme natürlich unglaublich hip, quellen über von cooler Musik, coolen Frisuren, usw. Doch seltsamerweise nervt dies hier nicht, sondern passt sich perfekt ein in das hochstilisierte Gesamtwerk. So zum Beispiel in diesem Fall. All About Lily Chou-Chou erscheint noch zielgruppenorientierter als andere Arbeiten, es geht schliesslich vor allem um Internet und Popmusik. Doch im Gegensatz zu anderen State of the Art Regisseuren wie Tony Kaye oder Darren Aronofsky gelingt es Iwai, Form und Thema sinnvoll zu verweben, nie didaktisch zu werden und dadurch einen der gelngensten Filme des bisherigen Jahrzehnts zu drehen. Iwai geht nicht gerade zimperlich um mit seinen Figuren, die große Probleme haben, überhaupt über die Runden zu kommen. Einfach ist nichts in diesem Film und von ener süßen Verpackng auf madigen Inhalt zu schliessen, funktioniert zumindest in diesem Fall nicht.
Vor allem sind Shunji Iwais Filme natürlich unglaublich hip, quellen über von cooler Musik, coolen Frisuren, usw. Doch seltsamerweise nervt dies hier nicht, sondern passt sich perfekt ein in das hochstilisierte Gesamtwerk. So zum Beispiel in diesem Fall. All About Lily Chou-Chou erscheint noch zielgruppenorientierter als andere Arbeiten, es geht schliesslich vor allem um Internet und Popmusik. Doch im Gegensatz zu anderen State of the Art Regisseuren wie Tony Kaye oder Darren Aronofsky gelingt es Iwai, Form und Thema sinnvoll zu verweben, nie didaktisch zu werden und dadurch einen der gelngensten Filme des bisherigen Jahrzehnts zu drehen. Iwai geht nicht gerade zimperlich um mit seinen Figuren, die große Probleme haben, überhaupt über die Runden zu kommen. Einfach ist nichts in diesem Film und von ener süßen Verpackng auf madigen Inhalt zu schliessen, funktioniert zumindest in diesem Fall nicht.
Spanking the Monkey, David O. Russell, 1994
David O. Russell positioniert seine Filme stets zwischen den Genres, weigert sich, ihnen eine kohärente Tonlage zu verpassen, die sich durch den ganzen Film zieht. Three Kings ist mal durchgeknallte Kriegssatire, dann wieder realistisches Drama, I Heart Huckabees pendelt zwischen verschiedenen Komödientraditionen, orientiert sich mal an Monty Python oder Douglas Adams, meist aber an den überdrehten Richard-Lester-Filmen der 60er.
Sein Debütfilm bleibt scheinbar ebenfalls immer etwas unsicher, wohin er genau will, schöpft aber gerade daraus sei Stärke. Die Zerlegung der bürgerlichen Familie (hier mitsamt Inzest) war vorher und nachher ein fruchtbares Thema, doch nur selten wurde es so überzeugend umgesetzt wie hier, auch weil Russell von der Formel abweicht und gar nicht erst versucht, eine heile Welt zu konstruieren, die es dann zu zerstören gilt. Denn dass hinter der schönen Fassade etwas faul ist, hat inzwischen wohl jeder gemerkt (außer David Cronenberg vielleicht, leider), die Dekonstruktion dieser Scheinwelten ist also höchstens noch technisch interessant. Spanking the Monkey konzentriert sich dagegen auf seine Charaktere und zeigt, wie amerikanisches Indiekino manchmal eben doch funktionieren kann. Nie ganz Satire wie der thematisch sehr ähnliche Sitcom, doch auch weit entfernt von der metaphysischen Schwere von Teorema, gelingt hier fast alles, die meist konsequent subjektive Perspektive leistet gute Dienste und die Schauspieler nerven mit wenigen Ausnahmen tatsächlich nicht. Kaum zu glauben, wenn man sich dagegen aktuellere Beiträge ansieht, die eigentlich in eine ähnliche Richtung zielen (Garden State, Sideways und ähnlicher Blödsinn).
Sein Debütfilm bleibt scheinbar ebenfalls immer etwas unsicher, wohin er genau will, schöpft aber gerade daraus sei Stärke. Die Zerlegung der bürgerlichen Familie (hier mitsamt Inzest) war vorher und nachher ein fruchtbares Thema, doch nur selten wurde es so überzeugend umgesetzt wie hier, auch weil Russell von der Formel abweicht und gar nicht erst versucht, eine heile Welt zu konstruieren, die es dann zu zerstören gilt. Denn dass hinter der schönen Fassade etwas faul ist, hat inzwischen wohl jeder gemerkt (außer David Cronenberg vielleicht, leider), die Dekonstruktion dieser Scheinwelten ist also höchstens noch technisch interessant. Spanking the Monkey konzentriert sich dagegen auf seine Charaktere und zeigt, wie amerikanisches Indiekino manchmal eben doch funktionieren kann. Nie ganz Satire wie der thematisch sehr ähnliche Sitcom, doch auch weit entfernt von der metaphysischen Schwere von Teorema, gelingt hier fast alles, die meist konsequent subjektive Perspektive leistet gute Dienste und die Schauspieler nerven mit wenigen Ausnahmen tatsächlich nicht. Kaum zu glauben, wenn man sich dagegen aktuellere Beiträge ansieht, die eigentlich in eine ähnliche Richtung zielen (Garden State, Sideways und ähnlicher Blödsinn).
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Tuesday, October 18, 2005
Rocker / 48 Stunden bis Acapulco, Klaus Lemke, 1970/1968
Wie schon anlässlich des schönen Sauerkraut-Western Deadlock an dieser Stelle bemerkt: Früher war alles besser, auch und gerade im Deutschen Kino. Ein durchschlagender Beweis hierür sind zwei Frühwerke des heute meist fürs Fernsehen drehenden Klaus Lemke. Vor allem sein Spielfilmdebut 48 Stunden bleibt auch zwei Wochen nach dem Kinobesuch in seiner gesamten Faszinantion erhalten. Die konsequente Aneignung zahlloser B-Movie Mythen in Verbindung mit einer unvergleichlichen Liebe fürs Detail schafft ein filmisches Universum, das (nicht nur hierzulande) seinesgleichen sucht. Hier stimmt einfach jeder Dialog, jede Geste und vor allem: jedes Setting. Vor allem Mexiko sieht bis aufs Haar so aus, wie Mexiko auszusehen hat, vom heruntergekommenen Motel bis zur obligatorischen Strassenkneipe. Anders als in Godards Genrefantasien versucht die Regie nie, Distanz aufzubauen, im Gegenteil, Ziel ist es stets, den Zuschauer so fest wie möglich innerhalb der Narration zu halten, auch auf die Gefahr hin, dass all die Klischeebeschwörungen irgendwann überhitzen und in sich zusammenfallen. In 48 Stunden entgeht Lemke dieser Gefahrdurch eine unglaubliche Kraftanstrengung, die totale Überstilisierung von alles und jedem resultiert hier in einem fiebrigen, fesselnden und in meinen Augen visionären Werk, das aber mit Sicherheit nur im Kino funktionieren kann.
Ganz anders Rocker. Von Anfang an als TV-Produktion geplant schert Lemke sich hier wenig fürs genuin kinematographische, visuell wird der Film von Großaufnahmen der Protagonisten dominiert, denen fast unbeschränkter Freiraum eingeräumt wird. Auch vom Perfektionismus von 48 Stunden ist nichts mehr zu spüren, was nicht nur daran liegt, dass hier ausschliesslich Amateurdarsteller im Einsatz sind. Was jedoch geblieben ist, ist die totale Identifizierung der Regie mit ihrem Thema. Wieder verzichtet Lemke auf jegliche Distanz zu seinen Figuren, kommt nicht im Traum auf ide Idee, ihr Machogehabe zu hinterfragen. das großartige an der Sache ist, dass es wieder funktioniert. Als Zuschauer wird man nicht gezwungen, die Partei der Regie zu ergreifen, doch Lemkes Film wirkt auf eine emotionale Mittäterschaft hin. Der Regisseur häuft schliesslich genug Argumente auf, die Tonspur füllen ausschliesslich klassische Rockheuler der Stones, Doors oder Santana, die Darsteller reden eine derart fantastische Sprache (die wohl auch durch die 35 Jahre Abstand noch gewonnen hat), dass man einfach mitrocken muss, zumindest für die 85 Minuten, die der Film dauert.
Auch Brandstifter, der dritte Lemke-Spielfilm, den ich anlässlich einer kleinen Retrospektive im Berliner Arsenal bewundern durfte, hat durchaus seine Qualitäten, wobei er im direkten Vergleich doch deutlich abfällt, was wohl vor allem daran liegt, dass dem guten Klaus zum Studentenmilieu weniger einfällt als zu Gangstern und Rockern. Eine Würdigung von Brandstifter findet sich hier.
Ganz anders Rocker. Von Anfang an als TV-Produktion geplant schert Lemke sich hier wenig fürs genuin kinematographische, visuell wird der Film von Großaufnahmen der Protagonisten dominiert, denen fast unbeschränkter Freiraum eingeräumt wird. Auch vom Perfektionismus von 48 Stunden ist nichts mehr zu spüren, was nicht nur daran liegt, dass hier ausschliesslich Amateurdarsteller im Einsatz sind. Was jedoch geblieben ist, ist die totale Identifizierung der Regie mit ihrem Thema. Wieder verzichtet Lemke auf jegliche Distanz zu seinen Figuren, kommt nicht im Traum auf ide Idee, ihr Machogehabe zu hinterfragen. das großartige an der Sache ist, dass es wieder funktioniert. Als Zuschauer wird man nicht gezwungen, die Partei der Regie zu ergreifen, doch Lemkes Film wirkt auf eine emotionale Mittäterschaft hin. Der Regisseur häuft schliesslich genug Argumente auf, die Tonspur füllen ausschliesslich klassische Rockheuler der Stones, Doors oder Santana, die Darsteller reden eine derart fantastische Sprache (die wohl auch durch die 35 Jahre Abstand noch gewonnen hat), dass man einfach mitrocken muss, zumindest für die 85 Minuten, die der Film dauert.
Auch Brandstifter, der dritte Lemke-Spielfilm, den ich anlässlich einer kleinen Retrospektive im Berliner Arsenal bewundern durfte, hat durchaus seine Qualitäten, wobei er im direkten Vergleich doch deutlich abfällt, was wohl vor allem daran liegt, dass dem guten Klaus zum Studentenmilieu weniger einfällt als zu Gangstern und Rockern. Eine Würdigung von Brandstifter findet sich hier.
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Sunday, October 16, 2005
A History of Violence, David Cronenberg, 2005
Wer gehofft hatte, A Hstory of Violence stelle Cronenbergs Rückkehr zu alter Form dar, wird leider schwer enttäuscht. Tatsächlich ist dieses neue Werk möglicherweise sein schwächstes überhaupt. Das Problem bei der Sache ist nicht die Mainstreamtauglichkeit, die dem Film nicht abzusprechen ist. In der Tat scheint Cronenbergs Konzept, einen Mainstreamfilm mit einem kleinen persönlichen Twist, der sich in einzelnen Schockmomenten und einem sehr zurückgenommenen Spiel der Figuren ausdrückt, zu drehen, gerade in der ersten Hälfte aufzugehen. Hier macht der Film manchmal tatsächlich Spass, obwohl bereits abzusehen ist, dass inhaltlich recht wenig zu erwarten ist. Und wirklich, je länger der Film dauert, desto deutlicher wird die konzeptuelle Leere, die schon eXistenZ und (weniger deutlich) Spider zu eher enttäuschenden Filmen machte. Wieder wählt der Regisseur eine zirkuläre Struktur, welcher hier außerdem jeglicher Überraschungsmoment fehlt. Zu keinem Zeitpunkt wird erkennbar, was Cronenberg an dem Stoff (der in der Hand anderer Filmemacher wie etwa den Coens durchaus hätte funktionieren können) interessiert. Klar, wieder einmal geht es um die nicht funktionale Familie, ansatzweise sind auch biologistische Tendenzen vorhanden, doch nie führt er dieses weltanschauliche Gemenge auf eine neue, transgressive Ebene, wie es ihm in den 80ern immer wieder so meisterlich gelang. Stattdessen wildert er in fremden Gefilden, versucht seine uninteressante Geschichte mit etwas Teenage Angst und Tarantino-Coolness aufzumotzen, aber vergeblich. Was übrigbleibt ist ein ödes Familienmelodram, das gerade deshalb so ärgerlich ist, weil es in einigen wenigen Momenten durchaus noch Spuren der alten Kraft enthält und Viggo Mortensen aufgrund seiner Physiognomie durchaus zu einem echten Cronenberg-Helden taugen würde.
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Thursday, October 13, 2005
The Lair of the White Worm, Ken Russell, 1988
In der 23. Minute beginnt die Wiederkehr des Verdrängten, und zwar mit aller Macht. In eine campig-verstaubte Geistergeschichter dringt ohne Vorwarnung die volle Ladung: blutüberströmte Frauenleiber, brennende Kreuze und abstruse Phallussymbolik. Klar ist es eigentlich wenig spannend, Psychoanalyse aus einem Film zu entnehmen, in den sie ganz offensichtlich (und offensichtlicher als hier gehts nun wirklich nicht mehr) hineingeschrieben wurde, doch im Falle von The Lair of the White Worm lohnt es trotzdem. Denn Russell situiert diese nicht nur innerhalb der Handlung sondern dekonstruiert mit ihrer Hilfe das gesamte Vampirgenre. Die ganze Blutsauger-Metaphorik spielt eigentlich gar keine Rolle, alles dient nur dem Spieltrieb des Machers, dessen wahre Obsessionen sich nicht in die Narration einfügen lassen. Nur zweimal durchbricht der Regisseur die spröde Oberfläche des Genres und gibt Einblick in Abgründe ganz anderer Art, als sie die biedere Bram Stocker Erzählung bieten kann (die allerdings durchaus reizend umgesetzt wurde, wenn auch das Mitwirken Hugh Grants etwas irritiert).
Ken Russell gehört auf jeden Fall zu den ganz großen Erotomanen des Kinos und da ich bisher seltsamerweise noch fast nichts von ihm kenne, werde ich dies in nächster Zeit bestimmt nachholen. Vielleicht erwarten mich ja noch andere Kleinode wie dieses hier.
Ken Russell gehört auf jeden Fall zu den ganz großen Erotomanen des Kinos und da ich bisher seltsamerweise noch fast nichts von ihm kenne, werde ich dies in nächster Zeit bestimmt nachholen. Vielleicht erwarten mich ja noch andere Kleinode wie dieses hier.
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Saturday, October 08, 2005
They Drive by Night, Raoul Walsh, 1939
Wer wissen möchte, wie das zur Beschreibung des klassischen Hollywoodkinos oft beschworene "tight plotting" in Reinform aussieht, sollte sich diesen schönen, vage sozial engagierten Truckerfilm von Raoul Walsh (mit Humphrey Bogart, der leider wieder einmal in einer Nebenrolle verheizt wurde, erst im Jahr darauf gelang ihm endlich der Durchbruch) ansehen. Lang nicht alles passt zusammen, der Film wechselt mehrmals die Tonart, mindestens einmal sogar das Genre, nimmt viele Fäden gar nicht, oder nur nebenbei wieder auf, doch Langeweile oder Verwirrung kommt zu keiner Sekunde auf und zwar ganz einfach, weil die Handlung immer weiter läuft, egal in welche Richtung, stets in derselben Geschwindigkeit. Um es mit einem anderen oft gebrauchten Ausdruck zu umschreiben: there's never a dull moment. Dass die Nebenfiguren (neben Bogart die hier fast noch coolere Ida Lupino) den eigentlichen Protagonisten mühelos die Show stehlen, schadet dem Film auch nicht. Hier passt jedes Bild, keine Metaebene schadet der Narration, die ungehindert in allen amerikanischen Klischees plündern kann, dass es nur so eine Art hat.
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Wednesday, October 05, 2005
Westphal, Hip-Hopper, Banken-Chefs
Da werfe ich heute zum ersten Mal seit Wochen wieder einen Blick in die Berliner Zeitung, die mir angesichts der lokalen Konkurrenz eigentlich recht sympathisch ist und mir fällt eine Rezension von Gilliams Film über die Brüder Grimm ins Auge. Das Ganze beginnt so:
"Noch jeder Banken-Chef oder Hip-Hopper kennt wenigstens zwei oder drei der "Kinder- und Hausmärchen" der Gebrüder Grimm. Umfassender interessierte Leute schätzen die Brüder darüber hinaus als Begründer der Germanistik und Schöpfer etwa des "Deutschen Wörterbuchs"; ...".
Den weiteren Verlauf möchte ich gar nicht kommentieren, da ich den Film noch nicht kenne, doch schon aus diesen ersten eineinhalb Sätzen scheint eine ganz spezifische, freilich nicht allzu leicht zu bestimmende Geisteshaltung zu sprechen. Diese entspricht sicher nicht dem guten alten Philologendünkel der humanistisch Gebildeten und entsprechend Belesenen. Die haben wahrscheinlich von Hip-Hop noch nie was gehört und würden mit Sicherheit andere Beispiele von Bevölkerungsgruppen auswählen, von denen sie als Privilegierte sich absetzen könnten, eventuell Abendschüler oder andere Proleten. Im Falle der Autorin Westphal liegt die Sache anders. Hier möchte wohl jemand einer viel enger umgrenzten Gruppierung zugeteilt werden, nämlich einem belesenen urbanen Milieu, das nicht den Mief der alten Geisteswelt ausströmt und dennoch in puncto intellektuellem Dünkel keinen Millimeter zurücksteht. So ungefähr und aus Berliner Sicht: hier in Prenzlauer Berg fühlen wir uns wohl, hier ist die wahre Elite zu hause, da können die Banker in Mitte (oder - noch schlimmer - in Dahlem) genauso wenig mit wie die Rapprolls im nordwestlich eängstigend dräuenden Wedding.
Natürlich kann man Hip-Hop bzw. Hip-Hopper nicht mögen, doch dann sollte man schon Gründe haben, bzw. auch nennen. Und gegen Bankenchefs negativ eingestellt zu sein ist sicher nicht unsympathisch, nur ist das Problem an diesen sicher zu allerletzt mangelnde Belesenheit im germanistischen Kulturgut. Was aus dieser Formulierung spricht ist nichts weiter als alte Arroganz in neuer Verkleidung.
"Noch jeder Banken-Chef oder Hip-Hopper kennt wenigstens zwei oder drei der "Kinder- und Hausmärchen" der Gebrüder Grimm. Umfassender interessierte Leute schätzen die Brüder darüber hinaus als Begründer der Germanistik und Schöpfer etwa des "Deutschen Wörterbuchs"; ...".
Den weiteren Verlauf möchte ich gar nicht kommentieren, da ich den Film noch nicht kenne, doch schon aus diesen ersten eineinhalb Sätzen scheint eine ganz spezifische, freilich nicht allzu leicht zu bestimmende Geisteshaltung zu sprechen. Diese entspricht sicher nicht dem guten alten Philologendünkel der humanistisch Gebildeten und entsprechend Belesenen. Die haben wahrscheinlich von Hip-Hop noch nie was gehört und würden mit Sicherheit andere Beispiele von Bevölkerungsgruppen auswählen, von denen sie als Privilegierte sich absetzen könnten, eventuell Abendschüler oder andere Proleten. Im Falle der Autorin Westphal liegt die Sache anders. Hier möchte wohl jemand einer viel enger umgrenzten Gruppierung zugeteilt werden, nämlich einem belesenen urbanen Milieu, das nicht den Mief der alten Geisteswelt ausströmt und dennoch in puncto intellektuellem Dünkel keinen Millimeter zurücksteht. So ungefähr und aus Berliner Sicht: hier in Prenzlauer Berg fühlen wir uns wohl, hier ist die wahre Elite zu hause, da können die Banker in Mitte (oder - noch schlimmer - in Dahlem) genauso wenig mit wie die Rapprolls im nordwestlich eängstigend dräuenden Wedding.
Natürlich kann man Hip-Hop bzw. Hip-Hopper nicht mögen, doch dann sollte man schon Gründe haben, bzw. auch nennen. Und gegen Bankenchefs negativ eingestellt zu sein ist sicher nicht unsympathisch, nur ist das Problem an diesen sicher zu allerletzt mangelnde Belesenheit im germanistischen Kulturgut. Was aus dieser Formulierung spricht ist nichts weiter als alte Arroganz in neuer Verkleidung.
Sunday, October 02, 2005
Saturday, October 01, 2005
A Touch of Evil, Tony Au, 1995
Der Film hat nichts mit dem Orson Welles Klassiker zu tun, stattdesen handelt es sich um einen Hong-Kong typischen Genremix, wie er vor allem in den 90er Jahren populär wurde, obwohl auch schon Filme wie On the Run oder My Heart is That Eternal Rose in den 80er Jahren die Richtung vorgaben. Zu typischen Heroic Bloodshed Einlagen gesellen sich melodramatische Elemente, es entsteht ein spezifischer Rhythmus aus Gewaltausbrüchen und Statik. Die herausragenden Beispiele dieser Technik sind sicher neben Wong Kar-Wais Fallen Angels zwei Filme von Patrick Leung: Beyond Hypothermia und vor allem Task Force (in meinen Augen der beste Hong-Kong Film überhaupt). Hier treffen Liebesfilm und Actionkino in unnachahmlicher Weise aufeinander, die Romanze spiegelt sich in der Gewalt und umgekehrt. In eine ähnliche Richtung zielt A Touch of Evil, obwohl hier die Grenze zum Melodram definitiv überschritten wird und die gelegentlichen Gewaltausbrüche weniger Platz in der Handlung einnehmen (und auch nicht so stilisiert werden) wie in Leungs Filmen. Dennoch bezieht auch dieser Film aus dem Spiel mit verschiedenen Genres seinen Reiz. Was aber Aus Film wirklich auszeichnet, ist Rosamund Kwan als Coco, die eine Rolle spielt, wie sie Frauen im amerikanischen oder europäischen Kino (ob Action, Melodrama oder sonstwo) fast nie erhalten. Sie ist zwar auch Projektionsfigur, Handlungsleerstelle, Sexualobjekt (freilich im Vergleich zu amerikanischen Filmen in geringem Maße) usw., jedoch wird sie (scheinbar) nie zur Spielfigur des Regisseurs, sondern gewinnt im Laufe des Films mehr und mehr Macht über den Film, die Narration, die Bilder. Wenn sie am Ende auch allein zurück bleibt, wird doch klar, dass sie nach dem Film nicht so leicht in ein neues Gewand gepresst werden kann.
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