Zwei Gruppen von Kindern bewerfen sich gegenseitig mit Schmutz und Steinen, während sie sich jeweils mittels eines Holzbretts gegen die Geschosse der jeweils anderen wehren. In den staubigen Straßen von South Central, zwischen verfallenen Häusern ergreifen die Kinder Besitz von all dem, was vom urbanen Raum noch übrig geblieben ist. Natürlich ist das Spiel gefährlich und schon bald fließen die ersten Tränen und das erste Blut.
Immer wieder verlässt Charles Burnetts Killer of Sheep seine erwachsenen Protagonisten und taucht in die Welt der Kinder ein. Die Bewegung zwischen diesen beiden Ebenen ist eine Gleitende, wenn etwa während eines Gesprächs über die Reparatur eines Motors die Tochter des Hauses den Tisch der verhandelnden Erwachsenen verlässt und draussen vor der Tür einer Freundin, die im Auto wartet, Gesellschaft leistet, oder wenn in einer wunderschönen Szene dieselbe Freundin vor dem Plattenspieler sitzt und die Klänge einer Soulplatte mit ihrer dünnen Stimme sowie ihren klatschenden Händen begleitet und die Kamera zu diesen zauberhaften Klängen zu ihrer Mutter wechselt, die im Haushalt beschäftigt ist.
In den zahlreichen Kindeszenen ist der Film ganz bei sich selbst, hier gelingen Burnett die genauesten Beobachtungen – kleine Jungen, die von einer Mädchengang verjagt werden; dieselben Jungen, die später vorbeilaufende Schülerinnen beschimpfen usw. Doch auch der Rest diese vergessenen Meisterwerks – Killer of Sheep konnte aufgrund der Soundtrackrechte zwanzig Jahre lang nicht aufgeführt werden – ist, trotz des episodischen Erzählstils, von ungemeiner Präzision. Situiert man das Werk historisch in einer Filmlandschaft, die für schwarze Befindlichkeit nur im – 1977 bereits im Verfall begriffenen – Blaxploitationsegment einen in vieler Hinsicht fragwürdigen Platz besaß, treten die Qualitäten des Films nur noch deutlicher zutage. Burnett porträtiert die untere Mittelschicht, hart arbeitende Familienväter, frustrierte Mütter und ihre Kinder inmitten eines noch relativ intakten sozialen Gefüges, das jedoch an allen Ecken und Enden auszufransen beginnt. Dem Gangster-P-Funk Chique der Genrefilme setzt Burnett einen lyrischen Realismus entgegen, der von einem elegischen Machismo durchzogen wird, jedoch nie im poetischen Klischee erstarrt.
Auch die Schlachthausszenen gerinnen nie zur Allegorie, wie sich überhaupt die politische Ebene des Films nur schwer isolieren lässt und sich nur ganz nebenbei, in den Differenzen zwischen Bild und Tonspur oder in dem begehrenden Blick einer (weissen) Ladenbesitzer auf den Protagonisten situiert.
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