Monday, February 04, 2008

National Treasure: Book of Secrets, Jon Turteltaub, 2007

"This will give us great inside in pre-columbian history": Eine solch ehrenwerte Motivation hat wohl noch selten einen Blockbuster angetrieben. Jon Turteltaub und Jerry Bruckheimers großangelegte Geschichtsstunde ist amerikanische Diskurskultur im Lehrlauf. Abgezogen ist ihr jede ethisch-moralische Fragestellung, jedes Projekt im engeren Sinne, geblieben ist die Lust am Auseinandernehmen und Wiederzusammensetzen von Geistes-, Real- und vor allem Familiengeschichte. Hätte Josiah Bartlet seiner Mannschaft einmal einige völlig freie Tage jenseits dem moralischen Imperativ der Weltpolitik gegönnt, wären Toby, CJ und ihre Mitstreiter mit Sicherheit in ein ebenso bescheuertes Abenteuer hineiengeraten wie Nic Cage und Justin Bartha. In der Tat ist noch das enttäuschendste an diesem tollen Film die Tatsache, dass im weißen Haus eben nicht Martin Sheen residiert, sondern der im direkten Vergleich (trotz profunder Architekturkenntnisse) doch eher enttäuschende Bruce Greenwood. Doch dafür entschädigt die Gates-Familie auf der Ganzen Linie: Diese kann nicht nur auf eine lange Ahnengalerie zurückblicken, sondern überbietet sich gegenseitig in der Präsentation von Spezialwissen jeder nur denkbaren Spielart. Alle anderen Figuren des Films scheinen vom Gates-Geist angesteckt, ohne ihm freilich gerecht werden zu können. Der Präsident muss erst einmal von einem durchgeknallten Ahnenforscher entführt werden, um sich auf seine nerdigen Wurzeln zu besinnen (davor rennt kurz sein Pressechef durchs Bild, der sich um die Haltung seines Chefs zu Minderheiten sorgt; solche Trivialitäten sind jedoch angesichts eines Geheimgangs aus der Zeit Washingtons inklusive versteckten Hebelmechanismen schnell vergessen), Justin Bartha ist so etwas wie die Wal-Mart Version von Nic Cage und versucht, mithilfe eines zusammengeschusterten populärwissenschaftlichen buches Frauen aufzureißen, selbst der Bösewicht Ed Harris wird nicht wirklich von Motiven angetrieben, die ihn in anderen Filmen unsympathisch machen würden. Ed möchte den Namen der Gates beschmutzen. Das geht natürlich gar nicht klar.
Nic Cage ist als Ben Gates großartig (den Vorgängerfilm kenne ich noch nicht, anschauen werde ich ihn mir jedoch möglichst bald), in einem derart artifiziellen Universum, wie es Turteltaub hier entwirft, wäre ein auch nur etwas realistischer gezeichenter Ahnenforscher unbrauchbar gewesen. Doch völlig ins Parodistische kippt Cages Darstellung nie und den Clown gibt auf geradezu rührend konventionelle Art sein Sidekick Justin Bartha. Mir scheint, dass Cage ohnehin der geborene B-Movie Schauspieler ist, und da die B-Movies von gestern die Blockbuster von heute sind, wird er noch eine lange Karriere auf der A-List vor sich haben.
Jon Turteltaub, der sich in seiner Karriere wahrscheinlich noch nie auch nur einen Zentimeter vom Mainstream entfernte und in seinen jungen Jahren unter anderem einen Thomas Gottschalk-Film (Trabbi Goes to Hollywood) sowie Cool Runnings verbrochen hat, beherrscht sein Metier inzwischen perfekt. Immer ist was los, das Tempo ist hoch, aber die Ereignisse werden derart redundant präsentiert ("I am going to kidnap the president" "What did You say? You want to kidnap the president" "Mr. President, I just kidnapped You" "I can't believe You just kidnapped the president!" "Do You know, that he kidnapped the president?" und so weiter, oder zumindest so ähnlich), dass man den Faden aber schon gar nicht verlieren kann. Und für die sich dann doch manchmal häufenden Familiendramaklischees (Jon Voight und die wieder einmal schwer erträgliche Hellen Mirren wälzen sich, in Erinnerung an alte Tage schwelgend auf der Erde) entschädigen großartige Cage-Szenen, etwa wenn dieser sich mit französischen fahrradbehelmten Polizisten über Montesquieu unterhält.
Zu allem Überfluss findet sich neben dem weißen Haus, Mount Rushmore, Buckingham Palace und dem Eifelturm auch noch eine schöne Autoverfolgungsjagd. Diese legt nahe, dass von Laswagen fallende Gegenstände während einer solchen kein Auteursmerkmal Michael Bays darstellen, sondern wohl eher ein Markenzeichen Bruckheimers sind.

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