Bereits das erste Bild ist falsch. Eine Frau sitzt vor Überwachungsbildschirmen. Auf der tonspur macht sich, sanft im Hintergrund zwar aber doch deutlich vernehmbar, Ambient-Musik breit, der Bildhintergrund beginnt, in der Unschärfe zu verschwimmen. Schon hier setzt der Film etwas voraus, das er sich eigentlich erst verdienen müsste: Die Sympathie des Zuschauers, seine Bereitschaft, dieser Frau und ihrer Arbeit soviel Interesse engegenzubringen, damit solche kleinen Transzendenzmarker nicht aufgesetzt wirken wie hier, nicht nach falscher Heimeligkeit stinken, sondern der inneren Logik des Dargestellten entsprechen.
Nach dieser ersten Einstellung geht es konstant abwärts. Dabei ist die erste Hälfte des Films, mit dem Ekkehard hier noch viel zu gnädig umspringt, halbwegs erträglich. Erträglich aber nur auf eine Gus-van-Sant-artige Weise: Man schaut halbwegs entspannt Menschen zu, wie sie durch Zeit, Raum und Ambient-Soundscapes gleiten und freut sich, dass man sie nicht näher kennenlernen muss. Denn, das weiß man genau, sobald man sie näher kennenlernen würde, sobald der Film versuchen würde, sie in etwas anderes zu verorten als dem plüschigen Lebensweltimitat aus Paranoid Park, würde das grandios schiefgehen. Und genau das passiert dann in der zweiten Filmhälfte.
Davor gefallen ein paar nette Unschärfeverlagerungen und einige gut inszenierte Szenen, wie beispielsweise die erste Annäherung zwischen der Überwachungsfrau und dem Mann, von dem später klar wird, dass er früher einmal ihr Kind umgebracht hat. Dennoch gleitet der Film schon hier nicht selten in banale Unterschichtenbeschau ab und aus der Tatsache, dass diese Unterschichtenbeschau tatsächlich via Überwachungskamera stattfindet (potentiell das interessanteste an dem Film), macht Red Road schon gar nichts. Was die emphatisch nicht der Unterschicht zugehörende Überwacherin auf den Bildschirmen beobachtet, neigt entweder zum putzig Anekdotischen oder verwandelt sich in völlig inhaltsleeres Assi-Ennui (inklusive Ambient-Soundtrack).
Kein Halten gibt es schließlich, wenn der Film nach der obligatorischen halbexpliziten Sexszene anfängt, die Überwacherin und alles um sie herum mit Erzählkino und - noch schlimmer - Psychologie zu unterfüttern. Mit jeder Wendung wird's unerträglicher, vom ausgestopften wollenen Kindsersatz bis zur Hinwendung zwecks Trost und Ratschlag zur älteren Generation. Ich weiß nicht, ob das Problem tatsächlich, wie Ekkehard es beschreibt, in der Geste der Kontextualisierung selbst zu suchen ist. Mir scheint eher, dass diese völlig banale Kontextualisierung nur aufdeckt, wie banal auch die erste Filmhälfte hinter ihrer hippen, nach contemporary world cinema schmeckenden, Fassade eigentlich auch schon beschaffen war. Vielleicht ist tatsächlich die zweite Hälfte zwar nicht besser, aber doch ehrlicher als die erste. Das schlimmste Bild ist dann aber tatsächlich das allerletzte: Gezeigt wird eine Kleinstadtstraße aus Überwachungskameraperspektive. Freilich verschwimmt die körnige Überwachungsoptik in ein schlieriges Schwarz-Weiß-Bild, das, unterstützt natürlich von einem denkbar schmierigen Indiepopsong, für eine derart falsche, verlogene Form von Nostalgie sorgt, dass ich, kaum Rollen die ersten Titel über die Leinwand, fluchtartig das Kino verlasse.
Es handelte sich, natürlich, um ein Arthauskino. Warum ich mich in solchen in letzter Zeit immer seltener aufhalte, wurde mir gestern abend noch einmal überdeutlich vor Augen geführt. Selbst in den banalsten / mißlungensten Filmen, die ich in letzter Zeit im Cinestar gesehen habe, in Love Vegas etwa, oder in Hancock, steckt mehr Ehrlichkeit, mehr echtes Lebe und - ja - auch mehr Intelligenz.
1 comment:
Ehrlich gesagt glaube ich, dass Du im Grunde recht hast.
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