"For Bernd" lautet die Widmung vor dem Abspann und das ist ein durchaus rührender Moment. Kaum ein Nachruf in den deutschen Feuilletons wollte auch nur erwähnen, dass der GröPraZ Bernd Eichinger der Welt nicht nur tristen Europudding und humorlose Geschichtspornos hinterlassen hat, sondern auch eine Handvoll kleine, schöne, unter der hektischen Oberfläche fast schon klassische B-Movies; nämlich die Resident Evil-Serie, die letztes Jahr mit der dritten Fortsetzung Afterlife ihren bisherigen Höhepunkt erlebte.
Spätestens jetzt kann allerdings kein Zweifel mehr daran bestehen, dass der auteur hinter Resident Evil niemals Eichinger, sondern schon immer Paul W.S. Anderson hieß. Andersons neuer Film, eine denkbar freie Dumas-Adaption mit u.a. Milla Jovovich, Ray Stevenson und Christopher Walz, mit Intrigen, Luftschiffen und Musketier-Ninjas, setzt genau dort an, wo Afterlife aufgehört hatte. Einige Actionsequenzen sind unübersichtlich, fast stümperhaft geraten, aber im Großen und Ganzen hat Anderson die 3D-Technik auch hier wieder im Griff wie kein zweiter Regisseur, er verwandelt - schon im Vorspann - seine Welt in ein plastisches, übersichtliches Spielbrett, auf dem er seine Figuren platziert, sie ausstaffiert, sie herumrennen und -klettern lässt, ihnen nur die notwendigsten dummen Sprüche in den Mund legt. Viel Antrieb, viel narrative Motivation brauchen sie dabei nicht, sie scheinen einen natürlichen Bewegungsdrang zu besitzen, der mit leichter Hand kanalisiert werden kann.
Das Ziel ist kein Realitätseffekt, sondern life-action-Playmobil. Dass da trotzdem noch echte Menschen agieren ist kein Unfall, sondern die eigentliche Schönheit des Films (echten Menschen dabei zuschauen, wie sie mit viel Verve etwas Artifizielles bauen, formen, ausprobieren, sich aneignen). Zwischen den souveränen B-Film-Haudegen tauchen frische, unbeholfene Gesichter auf, Logan Lerman zum Beispiel als D'Artagnan (in Bezug auf den schiebt das Drehbuch die eigene Einfallslosigkeit der provinziellen Herkunft der Figur in die Schuhe, das ist schon ein wenig gemein) oder, noch schöner, Freddie Fox als König, naive, ehrgeizige junge Menschen, die ernsthaft und ohne mit der Wimper zu zucken ihre Parts sprechen und spielen, denen man dabei die Lust anzusehen glaubt, die es ihnen bereitet, bei den Großen, in einem echten Abenteuerfilm mitzumachen.
Es gibt durchaus (schöne, reizende) Brüche im Film, aber nicht als Effekt postmoderner Uneigentlichkeit (die Jokes des Films, selbst die dämlichsten, bleiben stets irgendwie "innerdiegetisch motiviert"). Eher bricht der Film auf, weil er sein eigenes Pulp-Drehbuch übererfüllen möchte, weil Regie und Schauspieler sich übereifrig ein wenig im Ton vergreifen. Ich habe es ihnen nicht einen Moment lang übel genommen.
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Tuesday, September 06, 2011
Friday, April 27, 2007
Code inconnu: Récit incomplet de divers voyages, Michael Haneke, 2000
Kaum je war ein Filmtitel unpassender: Auch ein tendenziell immer eher unsubtiler Regisseur wie Haneke dreht nicht alle Tage einen Film, dessen Code von Anfang an derart offen liegt. Und zwar auf zwei Ebenen. Zum einen macht bereits der dämliche Prolog (der schlechteste Abschnitt des Films) klar, worum es gehen soll, um die unmöglichkeit der Kommunikation sowie der Seinnstiftung in einer chaotischen, globalisierten Welt nämlich. Danach folgen noch genau 28 Wiederholungen desselben Motivs. Die Message wird so lange nach Hause gebracht, bis sie wirklich jeder nicht nur verstanden hat, sondern sie wahrscheinlich im Schlaf vor sich her beten kann. Zum anderen auf der Ebene der Filmsprache, deren Grammatik von Anfang an offenliegt und das Werk so unmittelbar lesbar macht, wie dies bei kaum einer anderen Filmform der Fall ist. Den Code eines Hollywoodfilms etwa versteht man zwar, man kennt ihn deshalb jedoch noch lange nicht, schon gar nicht nach einmaligem Ansehen.
Noch dazu ist das Ganze trotz allem inkonsequent. Die Räume, die Haneke in Paris, Rumänien und Afrika eröffnet, werden zwar nicht durch die Montage manipuliert, erscheinen jedoch stets als Funktion des Erzählregimes, zentriert auf die Figuren und alles übrige durch - dezente - Unschärfe ausschließend.
Code inconnu zeigt Haneke von seiner didaktischsten Seite. Bisweilen ist es in den inzwischen zielstrebig gen Hollywood strebenden Werken des Österreichers gut möglich, diese oberlehrerhafte Schlagseite zu ignorieren und sich auf die autonomen Qualitäten einzelner Episoden oder Erzählstränge zu konzentrieren (denn ein hervorragender und äußerst effektiver Techniker ist Haneke allemal). So hat mir neben dem sehr schönen Cache beispielsweise auch Funny Games viel Freude bereitet. Code inconnu jedoch bietet nur wenige Ansatzpunkte einer alternativen Rezeption, zu streng ist das formale Konzept der moralischen Diktion unterworfen. Lediglich zwei seh schöne Szenen (eine verwirrende und verstörende Begegnung in der U-Bahn und ein auf seltsame Weise intimes Gespräch in einem Swimmingpool auf einem Hochhaus) konnten mich ein wenig mit diesem Lehrstück versöhnen.
Noch dazu ist das Ganze trotz allem inkonsequent. Die Räume, die Haneke in Paris, Rumänien und Afrika eröffnet, werden zwar nicht durch die Montage manipuliert, erscheinen jedoch stets als Funktion des Erzählregimes, zentriert auf die Figuren und alles übrige durch - dezente - Unschärfe ausschließend.
Code inconnu zeigt Haneke von seiner didaktischsten Seite. Bisweilen ist es in den inzwischen zielstrebig gen Hollywood strebenden Werken des Österreichers gut möglich, diese oberlehrerhafte Schlagseite zu ignorieren und sich auf die autonomen Qualitäten einzelner Episoden oder Erzählstränge zu konzentrieren (denn ein hervorragender und äußerst effektiver Techniker ist Haneke allemal). So hat mir neben dem sehr schönen Cache beispielsweise auch Funny Games viel Freude bereitet. Code inconnu jedoch bietet nur wenige Ansatzpunkte einer alternativen Rezeption, zu streng ist das formale Konzept der moralischen Diktion unterworfen. Lediglich zwei seh schöne Szenen (eine verwirrende und verstörende Begegnung in der U-Bahn und ein auf seltsame Weise intimes Gespräch in einem Swimmingpool auf einem Hochhaus) konnten mich ein wenig mit diesem Lehrstück versöhnen.
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