Thursday, January 06, 2011

man muss Listen machen

Sammlung von Listen, die anderswo erschienen sind:

Was vom Jahr bleibt (für cargo):

-20.03.: ERSTE LIEBE (Peter Schreiner) Graz, Schubertkino, Film und Leben, das geht
-07.07.: Carles Puyol
-08.10.: UTOPIA (Sohrab Shahid Saless) Berlin, Zeughauskino, Film und Leben, das geht nicht

Top 10 of all times (für Splatting Image):

1. An Inn in Tokyo (Yasujiro Ozu, 1935)

Nur ein Stummfilm hat es auf die Liste geschafft, nur ein japanischer Film und schließlich auch nur eine Komödie. Schon allein deshalb muss An Inn in Tokyo, dieser nebenbei auch noch schönste aller neorealistischen Filme, in dem die humorvolle Verspieltheit des frühen und die formalistische Strenge des späten Ozu eine perfekte Balance finden, ganz oben stehen.

2. Cheyenne Autumn (John Ford, 1964)

Nur ein John Ford auf der Liste und nur ein Western. Cheyenne Autumn ist es deshalb geworden, weil der Film einerseits den ganzen Ford, seine Poetik und seinen Humor, seine Eleganz und seine Körperlichkeit enthält und andererseits seine eigenen Voraussetzungen so radikal in Frage stellt, wie kein anderer Film, den ich bisher gesehen habe.

3. Europa ‘51 (Roberto Rossellini, 1952)

Auch, dass Rossellini vorkommen musste, war von Anfang an klar. Europa ‘51 habe ich aus einem ähnlichen Grund ausgewählt wie Cheyenne Autumn: Es steht am meisten auf dem Spiel, der Film vollzieht die Bewegung Ingrid Bergmans nach und wagt den Sprung ins Ungewisse des modernen Kinos. Wer sich am katholischen Ende stört, der glaubt wahrscheinlich heimlich selber noch an Gott.

4. A Time to Live and a Time to Die (Hou Hsiao Hsien, 1985)

Sicherlich ist A Time to Live and a Time to Die nicht Hou Hsiao Hsiens komplexester Film, aber er ist sein persönlichster und auch derjenige, der mich endgültig zum Fan gemacht hat. Die schönsten Erinnerungsbilder, die ich kenne, der eindringlichste, liebevollste Film über Kindheit und Jugend. Ein Film, dessen Handlung im Rückblick ganz in einzelnen Gesten, Blicken und Gegenständen aufgeht.

5. Death in the Land of the Encantos (Lav Diaz, 2007)

Der neuste Film auf der Liste. So weit oben auch deshalb, weil Lav Diaz für das Verprechen eines neuen Kinos außerhalb der Industrie, außerhalb auch der industrieähnlichen Strukturen des world- cinema-Festivalbetriebs, einsteht. Und natürlich auch, weil der Film ein düsteres, verheerendes Meisterwerk ist. Überhaupt eignet dieser Liste eine Tendenz zum düsteren, verheerenden Meisterwerk; ich hoffe, das sagt nicht zu viel über mich aus.

6. Obsession (Brian de Palma, 1976)

Obsession steht auch ein für das auf der Liste abwesende Werk Hitchcocks, das allerdings oft und nicht nur in diesem Fall erst in den nachträglichen Explizierungen Brian de Palmas sein ganzes Potential ausschöpft. Cliff Robertson eilt zu Berhard Herrmanns entfesseltem Score durch Venedig und verliert dabei langsam aber sicher die Kontrolle über sich und seine Welt. Und seine Obsession greift auf den gesamten Film über.

7. Orapronobis - Fight for us (Lino Brocka, 1989)

Lino Brockas größter Film ist gleichzeitig Vermächtnis und Kapitulationserklärung des klassischen Dritten Kinos. Der durchgeknallte Major Kontra taugt nicht mehr als Feindbild, er ist selber ebenso sehr Opfer wie seine Gegner. Zurück bleibt eine Chronik des Schreckens, die nur noch eine Solidarisierung mit dem Leid selbst ermöglicht, nicht mehr länger mit demjenigen, der leidet.

8. Kiss Me Deadly (Robert Aldrich, 1955)

Dekonstruktion nicht von, sondern durch Pulp. Den literarischen Mike Hammer beim Wort genommen und allein dadurch in etwas Anderes, Größeres verwandelt. A.I. Bezzerides ist der beste amerikanische Drehbuchautor und Ralph Meeker der Urahn aller guten Actionhelden: die Welt ist aus den Fugen geraten, der maskuline Körper ihr einziger Fixpunkt. Und natürlich: best ending ever.

9, Utopia (Sohrab Shahid Saless, 1983)

Bevor ich Utopia gesehen hatte, hätte ich nie gedacht, dass ich irgendwann einmal einen deutschen Film zu meinen Top 10 zählen könnte. Doch das Screening von Saless’ unendlich bedrückendem Meisterwerk im Berliner Zeughauskino vor einigen Monaten gehört zu den eindrucksvollsten Kinoerlebnissen meines Lebens. Nach drei Stunden in dieser formalistisch- bundesdeutschen Hölle ist ein Rückkehr in den Alltag nicht so ohne weiteres möglich.

10. I Walked with a Zombie (Jacques Tourneur, 1943)

Der schönste Film von Lewton und Tourneur, Frances Dee staunt über Zombies, Schatten und Südseevölker. More pulp, more glory. Wenn ich in irgendeinem filmischen Universum leben müsste, dann am liebsten in dem des klassischen amerikanischen B-Kinos, das seine Figuren umso ernster nimmt, je wahnwitziger seine Plots ausfallen.

Top 10 asiatische Filme (für critic.de)

1. Oki’s Movie, Hong Sang-soo, Südkorea

2. Caterpillar, Koji Wakamatsu, Japan

3. Poetry, Lee Chang-dong, Südkorea

4. My Name is Khan, Karan Yohar, Indian

5. Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives, Apichatpong Weerasethakul, Thailand

6. Hahaha, Hong Sang-soo, Südkorea

7. Karamay, Xu Xin, China

8. Eyvah Eyvah, Hakan Algül, Türkei

9. Fire of Conscience, Dante Lam, Hongkong

10. Intolerance Now, Takahiro Yamauchi, Japan

Top 10 Neustarts (für die filmgazette, dort noch nicht erschienen):

1. Les herbes folles (Alain Resnais)
2. Ruhr (James Benning)
3. Shutter Island (Martin Scorsese)
4. My Name Is Khan (Johar Kahan) (in der Originalfassung, nicht in der
gekürzten deutschen Verleihversion)
5. Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives (Apichatpong Weerasethakul)
6. Eyyvah Eyvah (Hakan Algül)
7. She's Out of My League (Jim Field Smith)
außer Konkurrenz: 8. La Danse (Frederic Wiseman)
8. Weihnachten? Weihnachten! (Stefan Hayn & Anja-Christin Remmert)
9. Survival of the Dead (George A. Romero)
10. Enter the Void (Gaspar Noe)

Dirty Laundry exclusive:

2010 Releases, Top 16

1. Ok-hui-ui yeonghwa (Hong Sang-soo)
2. Kyatapira (Koji Wakamatsu)
3. Shi (Lee Chang-dong)
4. Shutter Island (Martin Scorsese)
5. Vapor Trail (Clark) (John Gianvito)
6. Get Out of the Car (Thom Andersen)
7. My Name Is Khan (Karan Johar)
8. Loong Boonmee raleuk chat (Apichatpong Weerasethakul)
9. Eyyvah Eyvah (Hakan Algül)
10. She's Out of My League (Jim Field Smith)
11. Bas-Fonds (Isild Le Besco)
12. Guest (Jose Luis Guerin)
13. Hahaha (Hong Sang-soo)
14. Karamay (Xu Xin)
15. Festival (Jean-Claude Rousseau)
16. Road to Nowhere (Monte Hellman)

Unerträglich:

1. Na putu
2. The American
3. Somewhere

4 comments:

Stefan said...

Wow, KISS ME DEADLY auf der Liste, fein! Ich weiß noch genau, wie ich damals im Film-Noir-Seminar saß und beim Ende dachte, ich werd' nicht mehr ...

Anonymous said...

Cool list as always, Have you seen Certified Copy?

Lukas Foerster said...

no, i haven't seen certified copy (or, for that matter, film socialisme) yet...

Paul said...

Den Ozu hab ich mir heute angeschaut - ziemlich schöner Film. Aber das ist doch ein Melodram und alles andere als eine Komödie. (?)