Unter den Neustarts fällt zuerst 28 Weeks Later ins Auge, die Fortsetzung von Danny Boyles in der ersten Hälfte sehr gelungenen, danach leider etwas arg preachy 28 Days Later. Der Trailer sieht eigentlich recht gut aus und dass Boyle selber auf die Regie verzichtet, kann in meinen augen fast nur gutes bedeuten. Mal sehen. Ansonsten startet ein Film namens Karger, auf den Hochhäusler, allerdings ohne Angabe von Gründen hinweist. Nicht nur wegen des Titels vermute ich: Höchster Berliner-Schule-Alarm. Ekkehard Knörer weißt auf zwei Filme hin, die wohl zwei recht unterschiedlichen Bereichen innerhalb der Filmlandschaft zuzuordnen sind: Thomas Harlan - Wandersplitter ist eine Gesprächslastige Doku über eine hochinteressante Figur der deutschen Zeitgeschichte, Sakuran dagegen japanisches Kunsthandwerk, demgegenüber ich eine instinktive Abneigung berspüre. Aber wer weiß, vielleicht taugt's doch was. Ach ja, und Christian hat Schwarze Schafe gefallen.
Das Festival Ausgezeichneter Sommer in der Bar 25 geht heute mit Wenzel Storchs Erstling Glanz dieser Tage zuende. Nachdem ich mir vor drei Wochen den grandios-deliranten Sommer der Liebe zu Gemüte führen durfte, steht für mich jetzt schon fest: Auch dieser Film ist ein Muss, nicht nur für Storch-Komplettisten. Und anders als von mit vor drei Wochen fälschlicherweise angekündigt, laufen die Storch-Filme nicht als DVD-Projektionen, sondern auf glorreichen 16 Millimetern.
Das Arsenal hat ab 1.9. wieder Regulärbetrieb und beginnt gleich mit einer Renoir-Retro. Ähnlich wie Rossellini, dem die letzte Retro gewidmet war, sind auch Renoirs Werke angesichts ihrer filmhistorischen Bedeutung recht selten zu sehen und vor allem auf DVD zu großen Teilen gar nicht greifbar (zumindest nicht außerhalb Frankreichs). Leider ist die Reihe diesmal keine komplette, aber immerhin 20 Filme, darunter viele Raritäten, sind zu sehen. Gleich am 1.9. wird das Spätwerk Le dejeuner sur l'herbe gezeigt, ein Film von 1959, der also zeitgleich mit den ersten Streifen der Nouvelle Vague entstand. Unter anderem läuft im Laufe der Woche dann noch eine Dokumentation von Rivette über Renoir sowie zwei seiner Stummfilme.
Außerdem im Arsenal laufen Kurzfilme von Garine Torossian, deren Feature Stone Time Touch auf der letzten Berlinale mich und vor allem Thomas begeisterte. Zu erwarten sind wohl postkoloniale, dekonstruktive Erinnerungsfilme mit exzessivem Einsatz von Überblendungen, Found-Footage Material und experimenteller Montage...
Im Zeughauskino, dem zweiten Filmgeschichtsaufarbeitungsort, eght es gewöhnlich etwas betulicher zu, und so verwundert es auch nicht wirklich, dass dort ausgerechnet mit einer umfangreichen Karl May-Reihe aus der Sommerpause gestartet wird. Diese Reihe ist größtenteils wohl eher in filmhistorischer als in filmästhetischer Hinsicht interessant, aber 1. kann man diese beiden Bereiche sowieso nie ganz trennen und 2. ist die filmhistorische Dimension der Unternehmung alleine schon höchst interessant. Schließlich bietet die Reihe die Chance, unterschiedliche filmische Annäherungen an einen Autor nachzuvollziehen und zwar aus der Weimarer Republik, dem dritten Reich, der DDR und der BDR (im Falle letzterer reicht die Spannweite von kommerziellen Produktionen wie Der Schatz im Silbersee bis zu Syberbergs May-Film. In der ersten Woche der Reihe möchte ich besonders auf die ideologisch wohl höchst ambivalente Naziverfilmung von Durch die Wüste aus dem Jahr 1936 hinweisen (Mittwoch, 20:00).
Bereits seit dem 24. ist im Haus der Kulturen der Welt die Sommerpause zu Ende und seitdem läuft dort ein New York Festival. Die zugehörige Filmreihe startet heute mit dem Indiestreifen Day Night Day Night. Ansonsten ist die Zusammenstellung auf den ersten Blick etwas seltsam. So ist überhaupt nur ein Film von vor 1970 zu sehen und das ist dann ausgerechnet Capra's (freilich großartiger) Lost Horizon, ein Film, der größtenteils so weit von New York entfernt spielt, wie es nur geht. Auch die Undergroundfilme der 60iger respektive 80er sucht man vergeblich, dafür läuft Team America - World Police.
Das Central zeigt neben Godards A bout de souffle auch noch Mel Brooks' The Twelve Chairs, der ebenfalls sehr vielversprechend ausschaut.
Und abschließend verweise ich wie jede Woche auf die Freunde des schrägen Films, die sich diese Woche noch etwas mehr wagen als gewöhnlich und tatsächlich einen deutschen 70ies Sexreportfilm zeigen: Urlaubsreport: Worüber Reiseleiter nicht sprechen dürfen.
Thursday, August 30, 2007
Wednesday, August 29, 2007
Daughter of the Nile, Hou Hsiao Hsien, 1987
Daughter of the Nile ist der, abgesehen von seinem noch ganz innerhalb der klassischen taiwanesischen Filmindustrie entstandenen Frühwerk, unbekannteste und am selten gezeigt Film Hou Hsiao Hsiens. Warum dies so ist, erschließt sich mir ganz und gar nicht. Daughter of the Nile ist einer der zugänglichsten (und schönsten) Filme des Taiwanesen und steht doch gleichzeitig voll und ganz in der Kontinuität seines Schaffens.
Daughter of the Nile spielt in einem großartig gezeichneten taiwanesischen Kleinkriminellen-Milieu, irgenwo zwischen den weißen Anzügen und geschmacklosen Neon-Nightclubs aus DePalmas Scarface und den leicht heruntergekommenen Straßenzügen aus John Woos A Better Tomorrow oder Wong Kar Wais Debut und Meisterwerk As Tears Go By. A Better Tomorrow entstand 1986, As Tears Go By 1988, genau dazwischen platziert sich Hous ganz eigenes stylishes Gangstermelo, das den Vergleich mit obigen Filmen nicht zu scheuen braucht: Zwar etwas weniger High Concept aber dafür umso filigraner in den Details.
Wie es seine Art ist, erzählt Hou seine Gangstergeschichte indirek, vermittelt über die Schwester eines Kleinkriminellen, die zwar ihre Geburtstage im Kreise der Gangster feiert und heimlich in einen derselben verliebt zu sein scheint, sonst aber recht wenig in dem Film zu tun hat. Stattdessen träumt sie vom alten Ägypten, vermittelt scheinbar durch Comics, die ein kleines, zusätzliches Element der Distanzierung einführen. Überhaupt ist der Film, wie das ganze Werk Hous, durchsetzt von solchen kleinen, wunderbaren Elementen der Denaturalisierung, die dem Gezeigten nie die Wahrheit oder Ernsthaftigkeit, wohl aber jene verlogene Dringlichkeit, welche gerade Sozialdramen so oft mitzuteilen glauben müssen, nimmt.
Auch verschiebt der Film das Zentrum seiner Aufmerksamkeit immer wieder von seinem eigentlichen Plot - oder vielleicht besser von dem, was bei einem anderen Film von einem anderen Regisseur der eigentliche Plot wäre - auf die liebevolle Darstellung des Lebens einer mehr oder weniger gewöhnlichen Familie, deren genaue Zusammensetzung sich allerdings auch erst nach und nach dem Publikum erschließt. Dass das kleine Mädchen nicht Tochter, sondern Schwester der Hauptfigur ist, erfährt man noch relativ schnell. Den aus der gemeinsamen Unterkunft ausgezogenen Vater bekommt man jedoch erst nach knapp der Hälfte des Films zu sehen und der Verbleib der Mutter wird erst ganz am Ende thematisiert.
Wie so viele andere Filme Hous ist auch Daughter of the Nile scheinbar um eine einzige Einstellung aufgebaut, die immer wieder, in unterschiedlichen Variationen, was die Mikrojustierung des Framings betrifft, auftaucht. Hier zeigt diese Einstellung schlicht und einfach das Wohn / Esszimmer der Familie in einer räumlichen Auflösung, wie sie immer wieder in Hous Werk zu finden ist: Wenig Tiefeninformation durch Winkel, Ecken etc, statt dessen frontal zur Kamera positionierte Türen, die sich in den Raum hinein öffnen und das Geschehen auf mehreren Ebenen zu staffeln scheinen. Es ist Hou durchaus zuzutrauen, dass er eines Tages einen Film dreht, der nur aus einer Einstellung eines solchen Raums besteht. So viele subtile Ausdrucksmöglichkeiten bietet diese Versuchsanordnung und zwar gerade deshalb, weil ihre Elemente beschränkt sind und deshalb jedes einzelne zu dem bedeutungstragenden werden kann durch die Differenz zwischen den einzelnen Episoden.
Nur eines unter vielen Beispielen: In der rechten Bildhälfte befindet sich eine Tür zum Badezimmer. Fast den gesamten Film über ist sie geöffnet, erst in der Szene, in welcher die Hauptfigur vom Tod ihrer heimlichen Liebe erfährt, flüchtet sie in das Bad, schließt die Tür und versteckt sich dadurch nicht nur vor ihrer Familie, sondern auch vor unseren Blicken. In solchen Momenten glaube ich, dem Geheimnis der Filme Hous etwas näher zu kommen. Und vor allem ihrem ganz spezifischen Verhältnis zum Publikum, einem irgendwie spielerischen Verhältnis, das sich zwar auf die Illusionskünste Hollywoods, das ja nicht zuletzt durch Kobtinuitätsmontage und die damit zusammenhängende Raumauflösung vermittelte Make-Belief nicht einlässt, aber dennoch nicht bloß selbstreflexiv ist, oder zumindest nicht selbstreflexiv in dem Sinne, dass die eigenen Materialität zur einzigen Botschaft wird. Wie genau sich Hous Kino zu diesen Fragen positioniert ist mir nach wie vor nicht klar. In jedem Fall scheinen seine Filme Antworten auf etwas andere Fragen zu sein.
Daughter of the Nile spielt in einem großartig gezeichneten taiwanesischen Kleinkriminellen-Milieu, irgenwo zwischen den weißen Anzügen und geschmacklosen Neon-Nightclubs aus DePalmas Scarface und den leicht heruntergekommenen Straßenzügen aus John Woos A Better Tomorrow oder Wong Kar Wais Debut und Meisterwerk As Tears Go By. A Better Tomorrow entstand 1986, As Tears Go By 1988, genau dazwischen platziert sich Hous ganz eigenes stylishes Gangstermelo, das den Vergleich mit obigen Filmen nicht zu scheuen braucht: Zwar etwas weniger High Concept aber dafür umso filigraner in den Details.
Wie es seine Art ist, erzählt Hou seine Gangstergeschichte indirek, vermittelt über die Schwester eines Kleinkriminellen, die zwar ihre Geburtstage im Kreise der Gangster feiert und heimlich in einen derselben verliebt zu sein scheint, sonst aber recht wenig in dem Film zu tun hat. Stattdessen träumt sie vom alten Ägypten, vermittelt scheinbar durch Comics, die ein kleines, zusätzliches Element der Distanzierung einführen. Überhaupt ist der Film, wie das ganze Werk Hous, durchsetzt von solchen kleinen, wunderbaren Elementen der Denaturalisierung, die dem Gezeigten nie die Wahrheit oder Ernsthaftigkeit, wohl aber jene verlogene Dringlichkeit, welche gerade Sozialdramen so oft mitzuteilen glauben müssen, nimmt.
Auch verschiebt der Film das Zentrum seiner Aufmerksamkeit immer wieder von seinem eigentlichen Plot - oder vielleicht besser von dem, was bei einem anderen Film von einem anderen Regisseur der eigentliche Plot wäre - auf die liebevolle Darstellung des Lebens einer mehr oder weniger gewöhnlichen Familie, deren genaue Zusammensetzung sich allerdings auch erst nach und nach dem Publikum erschließt. Dass das kleine Mädchen nicht Tochter, sondern Schwester der Hauptfigur ist, erfährt man noch relativ schnell. Den aus der gemeinsamen Unterkunft ausgezogenen Vater bekommt man jedoch erst nach knapp der Hälfte des Films zu sehen und der Verbleib der Mutter wird erst ganz am Ende thematisiert.
Wie so viele andere Filme Hous ist auch Daughter of the Nile scheinbar um eine einzige Einstellung aufgebaut, die immer wieder, in unterschiedlichen Variationen, was die Mikrojustierung des Framings betrifft, auftaucht. Hier zeigt diese Einstellung schlicht und einfach das Wohn / Esszimmer der Familie in einer räumlichen Auflösung, wie sie immer wieder in Hous Werk zu finden ist: Wenig Tiefeninformation durch Winkel, Ecken etc, statt dessen frontal zur Kamera positionierte Türen, die sich in den Raum hinein öffnen und das Geschehen auf mehreren Ebenen zu staffeln scheinen. Es ist Hou durchaus zuzutrauen, dass er eines Tages einen Film dreht, der nur aus einer Einstellung eines solchen Raums besteht. So viele subtile Ausdrucksmöglichkeiten bietet diese Versuchsanordnung und zwar gerade deshalb, weil ihre Elemente beschränkt sind und deshalb jedes einzelne zu dem bedeutungstragenden werden kann durch die Differenz zwischen den einzelnen Episoden.
Nur eines unter vielen Beispielen: In der rechten Bildhälfte befindet sich eine Tür zum Badezimmer. Fast den gesamten Film über ist sie geöffnet, erst in der Szene, in welcher die Hauptfigur vom Tod ihrer heimlichen Liebe erfährt, flüchtet sie in das Bad, schließt die Tür und versteckt sich dadurch nicht nur vor ihrer Familie, sondern auch vor unseren Blicken. In solchen Momenten glaube ich, dem Geheimnis der Filme Hous etwas näher zu kommen. Und vor allem ihrem ganz spezifischen Verhältnis zum Publikum, einem irgendwie spielerischen Verhältnis, das sich zwar auf die Illusionskünste Hollywoods, das ja nicht zuletzt durch Kobtinuitätsmontage und die damit zusammenhängende Raumauflösung vermittelte Make-Belief nicht einlässt, aber dennoch nicht bloß selbstreflexiv ist, oder zumindest nicht selbstreflexiv in dem Sinne, dass die eigenen Materialität zur einzigen Botschaft wird. Wie genau sich Hous Kino zu diesen Fragen positioniert ist mir nach wie vor nicht klar. In jedem Fall scheinen seine Filme Antworten auf etwas andere Fragen zu sein.
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Saturday, August 25, 2007
Blackwater Fever, Cyrus Frisch, 2006
Ein Mann fährt mit dem Auto durch eine recht kahle Ebene, irgendwo zwischen Steppe und Wüste, beziehungsweise Amerika (Wegweiser LA - Las Vegas) und Afrika (hungernde schwarze Kinder am Straßenrand), beziehungsweise Brown Bunny, Twentynine Palms, Vanishing Point und Hunter S. Thompson. Irgendwann sitzt eine Frau neben ihm, und noch später im Film machen die beiden ein bisschen miteinander rum, ohne dass dabei viel rauskäme oder auch nur ein Wort fällt.
Ein kleiner, vollkommen psychotischer, durch und durch narzisstischer Wüsten-Entfremdungs-Roadmovie ist Blackwater Fever. Wirklich neu oder originell ist wenig an dem Film, sicherlich nicht die neoexistentialistische Grundstimmung, die bereits im kurzen Monolog zu Filmbeginn etabliert wird (einige der wenigen Sätze, die in dem Film überhaupt fallen), genauso wenig die obsessive Auseinandersetzun mit einer kaputten männlichen Subjektivität, die sich hier unter anderem in blutigem Urin niederschlägt (beziehungsweise eben überhaupt in dem titelgebenden Blackwater Fever, das wohl eine Form der Malaria ist). Auch die Verbindung eben dieser kaputten Subjektivität mit (post)kolonialen Diskursen, wie sie vor allem in den letzten 10 Minuten versucht wird, wurde in Beau Travail bereits um einiges komplexer ausformuliert.
In mancher Hinsicht ist Blackwater Fever wohl nicht mehr als ein Kondensat aus einigen mehr oder weniger hippen Filmen der letzten Jahre.
Andererseits ist der Film bei weitem nicht ohne Reiz und in jedem Fall ein deutlich interessanteres Kondensat als beispielsweise Electroma. Denn Blackwater Fever interessiert sich letztlich nicht für Zitate und nimmt sich selbst von der ersten bis zur letzten Minute vollkommen ernst. Frisch scheint tatsächlich der Ansicht zu sein, dass es sich lohnt, mit dem Auto in die Wüste und nach Afrika zu fahren. Beziehungsweise einen Film darüber zu machen. Und zwar einen, der dann tatsächlich in Afrika spielt und am besten auch noch echte Hungernde als Schauspieler nutzt (warum das dann doch nicht ganz geklappt hat, kann man hier nachlesen). Blackwater Fever ist obsessives Kino, das durch seine pure Konsequenz überzeugt, beziehungsweise durch den in jedem Bild spürbaren Versuch, irgendwie den Fallen des Kino/Kunst/Festivalbetriebs zu entkommen, die noch jedes stilistische oder inhaltliche Experiment zur vermarkbaren Provokation zu degradieren im Stande sind. Leider und fast zwangsläufig gehen dabei die tatsächlichen Inhalte, die transportiert werden sollen,, tendenziell verloren, sei es durch ihre besonders kryptische Darstellung oder ganz im Gegenteil durch eine für ein "Plattheiten" und "plumpen Politparolen" grundsätzlich feindlich gegenüberstehendes bourgeoises Publikum nicht tragbare zu direkte Annäherung an dieselben. Auf Blackwater Fever trifft im Grunde beides zu und so nähert sich Frischs Werk konsequenterweise strukturell der Konzeptkunst an.
An meiner intuitiven Abneigung, mich tatsächlich mit den moralisch / politischen Fragestellungen auseinanderzusetzen, die der Frisch anbietet, ist der Film selbst wahrscheinlich gar nicht schuld. Blackwater Fever ist ein seltsamer Film, ein Film, dessen Reiz sich weniger aus seinen genuin filmästhetischen Merkmalen herleitet (obwohl er durchausgut aussieht, auf seine Weise und eine Art hypnotische Anti-Dynamik entwickelt, die mir sehr gefallen hat), sondern vielleicht eher aus der Spannung zwischen dem, was er sagen möchte und dem, was er als Off-Off-Kino, im Grunde abgeschnitten von noch fast jeder Form von Publikum, überhaupt sagen kann. Beziehungsweise besteht die Spannung vielleicht noch weiter außerhalb des Films selbst, nämlich in Verschränkungen von Geo- und Filmpolitik, die dafür sorgen, dass Filme, die tatschlich die Auseinandersetzung mit der post/neokolonialen Gegenwart suchen, in die Politfilmghettos peripherer Filmfestivals verbannt werden. Und vielleicht hängen diese Fragen dann doch wieder irgendwie mit Blackwater Fever selbst zusammen.
Ach... Wie gesagt ein seltsamer Film, aber irgendwie doch auch ein großartiger. Zumindest einer, über den man scheinbar nur sehr sonderbare Dinge schreiben kann. Ich ja auch, aber ein gewisser Paul Groot kann das noch viel besser. Mit dessen ausgezeichneter Filmlektüre als Begleitung macht der Streifen gleich doppelt so viel Freude. Check it out if you ever have the chance.
Ein kleiner, vollkommen psychotischer, durch und durch narzisstischer Wüsten-Entfremdungs-Roadmovie ist Blackwater Fever. Wirklich neu oder originell ist wenig an dem Film, sicherlich nicht die neoexistentialistische Grundstimmung, die bereits im kurzen Monolog zu Filmbeginn etabliert wird (einige der wenigen Sätze, die in dem Film überhaupt fallen), genauso wenig die obsessive Auseinandersetzun mit einer kaputten männlichen Subjektivität, die sich hier unter anderem in blutigem Urin niederschlägt (beziehungsweise eben überhaupt in dem titelgebenden Blackwater Fever, das wohl eine Form der Malaria ist). Auch die Verbindung eben dieser kaputten Subjektivität mit (post)kolonialen Diskursen, wie sie vor allem in den letzten 10 Minuten versucht wird, wurde in Beau Travail bereits um einiges komplexer ausformuliert.
In mancher Hinsicht ist Blackwater Fever wohl nicht mehr als ein Kondensat aus einigen mehr oder weniger hippen Filmen der letzten Jahre.
Andererseits ist der Film bei weitem nicht ohne Reiz und in jedem Fall ein deutlich interessanteres Kondensat als beispielsweise Electroma. Denn Blackwater Fever interessiert sich letztlich nicht für Zitate und nimmt sich selbst von der ersten bis zur letzten Minute vollkommen ernst. Frisch scheint tatsächlich der Ansicht zu sein, dass es sich lohnt, mit dem Auto in die Wüste und nach Afrika zu fahren. Beziehungsweise einen Film darüber zu machen. Und zwar einen, der dann tatsächlich in Afrika spielt und am besten auch noch echte Hungernde als Schauspieler nutzt (warum das dann doch nicht ganz geklappt hat, kann man hier nachlesen). Blackwater Fever ist obsessives Kino, das durch seine pure Konsequenz überzeugt, beziehungsweise durch den in jedem Bild spürbaren Versuch, irgendwie den Fallen des Kino/Kunst/Festivalbetriebs zu entkommen, die noch jedes stilistische oder inhaltliche Experiment zur vermarkbaren Provokation zu degradieren im Stande sind. Leider und fast zwangsläufig gehen dabei die tatsächlichen Inhalte, die transportiert werden sollen,, tendenziell verloren, sei es durch ihre besonders kryptische Darstellung oder ganz im Gegenteil durch eine für ein "Plattheiten" und "plumpen Politparolen" grundsätzlich feindlich gegenüberstehendes bourgeoises Publikum nicht tragbare zu direkte Annäherung an dieselben. Auf Blackwater Fever trifft im Grunde beides zu und so nähert sich Frischs Werk konsequenterweise strukturell der Konzeptkunst an.
An meiner intuitiven Abneigung, mich tatsächlich mit den moralisch / politischen Fragestellungen auseinanderzusetzen, die der Frisch anbietet, ist der Film selbst wahrscheinlich gar nicht schuld. Blackwater Fever ist ein seltsamer Film, ein Film, dessen Reiz sich weniger aus seinen genuin filmästhetischen Merkmalen herleitet (obwohl er durchausgut aussieht, auf seine Weise und eine Art hypnotische Anti-Dynamik entwickelt, die mir sehr gefallen hat), sondern vielleicht eher aus der Spannung zwischen dem, was er sagen möchte und dem, was er als Off-Off-Kino, im Grunde abgeschnitten von noch fast jeder Form von Publikum, überhaupt sagen kann. Beziehungsweise besteht die Spannung vielleicht noch weiter außerhalb des Films selbst, nämlich in Verschränkungen von Geo- und Filmpolitik, die dafür sorgen, dass Filme, die tatschlich die Auseinandersetzung mit der post/neokolonialen Gegenwart suchen, in die Politfilmghettos peripherer Filmfestivals verbannt werden. Und vielleicht hängen diese Fragen dann doch wieder irgendwie mit Blackwater Fever selbst zusammen.
Ach... Wie gesagt ein seltsamer Film, aber irgendwie doch auch ein großartiger. Zumindest einer, über den man scheinbar nur sehr sonderbare Dinge schreiben kann. Ich ja auch, aber ein gewisser Paul Groot kann das noch viel besser. Mit dessen ausgezeichneter Filmlektüre als Begleitung macht der Streifen gleich doppelt so viel Freude. Check it out if you ever have the chance.
Thursday, August 23, 2007
Planet Terror, Robert Rodriguez, 2007
Planet Terror ist ein Film, der wehtut. Wahrscheinlich soll das so sein, aber ob der Streifen dadurch besser wird, ist eine ganz andere Frage.
Misst man den Erfolg einer Hommage daran, ob es ihr gelingt, das Original möglichst perfekt nachzuahmen, so ist Planet Terror eine weitaus bessere Hommage als Death Proof. Legt man jedoch auch nur irgendwelche anderen Maßstäbe an, interpretiert man "Hommage" nicht nur als Nachmachen, sondern als In-Beziehung-Setzen des Eigenen mit dem Fremden, immer Unerreichbaren, so ist selbstverständlich Death Proof die bessere, weil tausendmal intelligentere und reflektiertere Hommage.
Dass Rodriguez mit Leichtigkeit wirkungsvolle Bewegungsbilder erschaffen kann, hat er bereits oft genug bewiesen. So steckt auch Planet Terror voller schöner Bildideen, die Actionsequenzen sind effektiv, die Reproduktion der Grindhouse-Klischees funktioniert ebenfalls gut. Nur leider weiss Rodriguez auch hier, wie im Falle von Sin City wieder einmal nicht, wozu er diese ganzen stylishen Bilder produziert.
Klar, diesmal geht es um Trash, Grindhouse, Gore, Zombies etc. Und natürlich legt sich Rodriguez diesbezüglich ins Zeug und attackiert das Publikum mit körperlich wirkenden Schocks, was das Zeug hält. Die noch relativ actionarmen ersten vierzig Minuten enthalten bereits jede Menge Spritzen in der Haut, eiternde Geschlechtsteile und das ganze Programm. Auch die sich hier langsam formierenden Zombies sind um einiges ekliger als in den meisten vergleichbaren Filmen. Dazu scheppert von Anfang an ein schrecklicher 80ies Synthie-Sound über die Soundspur.
Überhaupt ist Planet Terror wohl eher eine Hommage an den Videothekentrash der Achtziger als an die Exploitationklassiker der Siebziger. Und als Emulation von Filmen wie Return of the Living Dead oder Re-Animator (die aber beide um einiges gelungener und vor allem lustiger sind als Planet Terror) oder gar der Troma-Produktionen dieser Epoche hat der Streifen durchaus seinen Reiz.
Was dafür völlig auf der Strecke bleibt, ist ein wie auch immer gearteter Anschluss an oder eine Öffnung auf die Gegenwart, das menschliche Leben jenseits des Zombiefilms und vielleicht gerade noch der zugehörigen Fankultur. Planet Terror läuft von der ersten Minute an heiß, weil der Film kein Außen kennt und auch keines kennen will. Und in der europäischen Version mit ihren ungefähr 100 Minuten ist das ganze natürlich viel zu lang. Während man sich hierzulande durchaus fragen kann, wo denn 20 Minuten aus Death Proof herausgeschnitten werden sollten, ohne die Integrität dieses großartigen Werkes zu gefährden, so ist Planet Terror um deutlich mehr als dieselbe Zeitspanne zu lang.
Vielleicht wäre auch dieser Film besser ein Trailer geblieben, schließlich ist die Fake-Vorschau zu dem nun allerdings anscheinend doch demnächste realisiert werdenden Machete, die dem Hauptfilm vorangestellt wird, das mit Abstand Beste an der ganzen Angelegenheit. Vielleicht ist überhaupt der Trailer die perfekte filmische Form für Rodriguez. Denn dieser soll ja per Definition nur und ausschließlich das machen, was Rodriguez' Kino sowieso die ganze Zeit tut: Andere Filme bewerben.
Misst man den Erfolg einer Hommage daran, ob es ihr gelingt, das Original möglichst perfekt nachzuahmen, so ist Planet Terror eine weitaus bessere Hommage als Death Proof. Legt man jedoch auch nur irgendwelche anderen Maßstäbe an, interpretiert man "Hommage" nicht nur als Nachmachen, sondern als In-Beziehung-Setzen des Eigenen mit dem Fremden, immer Unerreichbaren, so ist selbstverständlich Death Proof die bessere, weil tausendmal intelligentere und reflektiertere Hommage.
Dass Rodriguez mit Leichtigkeit wirkungsvolle Bewegungsbilder erschaffen kann, hat er bereits oft genug bewiesen. So steckt auch Planet Terror voller schöner Bildideen, die Actionsequenzen sind effektiv, die Reproduktion der Grindhouse-Klischees funktioniert ebenfalls gut. Nur leider weiss Rodriguez auch hier, wie im Falle von Sin City wieder einmal nicht, wozu er diese ganzen stylishen Bilder produziert.
Klar, diesmal geht es um Trash, Grindhouse, Gore, Zombies etc. Und natürlich legt sich Rodriguez diesbezüglich ins Zeug und attackiert das Publikum mit körperlich wirkenden Schocks, was das Zeug hält. Die noch relativ actionarmen ersten vierzig Minuten enthalten bereits jede Menge Spritzen in der Haut, eiternde Geschlechtsteile und das ganze Programm. Auch die sich hier langsam formierenden Zombies sind um einiges ekliger als in den meisten vergleichbaren Filmen. Dazu scheppert von Anfang an ein schrecklicher 80ies Synthie-Sound über die Soundspur.
Überhaupt ist Planet Terror wohl eher eine Hommage an den Videothekentrash der Achtziger als an die Exploitationklassiker der Siebziger. Und als Emulation von Filmen wie Return of the Living Dead oder Re-Animator (die aber beide um einiges gelungener und vor allem lustiger sind als Planet Terror) oder gar der Troma-Produktionen dieser Epoche hat der Streifen durchaus seinen Reiz.
Was dafür völlig auf der Strecke bleibt, ist ein wie auch immer gearteter Anschluss an oder eine Öffnung auf die Gegenwart, das menschliche Leben jenseits des Zombiefilms und vielleicht gerade noch der zugehörigen Fankultur. Planet Terror läuft von der ersten Minute an heiß, weil der Film kein Außen kennt und auch keines kennen will. Und in der europäischen Version mit ihren ungefähr 100 Minuten ist das ganze natürlich viel zu lang. Während man sich hierzulande durchaus fragen kann, wo denn 20 Minuten aus Death Proof herausgeschnitten werden sollten, ohne die Integrität dieses großartigen Werkes zu gefährden, so ist Planet Terror um deutlich mehr als dieselbe Zeitspanne zu lang.
Vielleicht wäre auch dieser Film besser ein Trailer geblieben, schließlich ist die Fake-Vorschau zu dem nun allerdings anscheinend doch demnächste realisiert werdenden Machete, die dem Hauptfilm vorangestellt wird, das mit Abstand Beste an der ganzen Angelegenheit. Vielleicht ist überhaupt der Trailer die perfekte filmische Form für Rodriguez. Denn dieser soll ja per Definition nur und ausschließlich das machen, was Rodriguez' Kino sowieso die ganze Zeit tut: Andere Filme bewerben.
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Berlin Kino 23. - 30.08.2007
Unter den Neustarts sticht vor allem Judd Apatows Regiezweitwerk Knocked Up (hier gleich zweimal ich) heraus. Wie bereits der Vorgänger The 40 Year Old Virgin beweist der Regisseur auch hier wieder, wie welthaltig und auch in anderer Hinsicht grandios das Komödiengenre in seinen besten Werken derzeit ist. Auch den Berlinale-Siegerfilm Tuyas Hochzeit sollte man sich durchaus ansehen. Dieser schöne kleine Arthausfilm ist in einem schönen kleinen Arthauskino sicher besser aufgehoben als auf der großen, hässlichen Berlinale (wie man vielleicht auch anhand der Differenz von Ekkehard Knörers Festivalkritik und Thomas' aktuellem Text überprüfen kann). Außerdem startet exklusiv in Berlin (der Bundestart folgt im Herbst) Pascale Ferrans wunderbarer Lady Chatterley, den man sich unbedingt, und vor allem unbedingt im Kino ansehen sollte. Auf DVD kann ein so sinnlicher Film nur verlieren.
Noch bis Sonntag wird die Hou Hsiao Hsien-Retro im Babylon fortgesetzt. Unter anderem gibt es Freitag bis Sonntag noch einmal die frühen Masterpieces A Time to Live and a Time to Die, Dust in the Wind sowie The Boys From Fengkuei zu sehen. Und heute abend den ultraseltenen Daughter of the Nile.
Im Arsenal ist weiterhin eher zurückgefahrenes Sommerprogramm angesagt. Aber immerhin gibt es den grandios-deliranten und dabei erstaunlich trashigen Peeping Tom (Sa; 20:30) sowie Daniel Schmids größenwahnsinnigen aber genialen Heute Nacht oder nie (Mi; 20:30). Letzterer ist eine Art filmische Avantgarde-Oper, größtenteils in Zeitlupe gefilmt und in seiner pompösen Unzugänglichkeit einfach nur toll. Ein Spezialtip für Christian, der sicher seine helle Freude daran haben würde (falls er ihn noch nicht kennt).
Ein vielleicht letztlich gar nicht mal so anderen Film zeigen die Freunde des schrägen Films im Babylon, die sich zum ersten Mal in Richtung Fernost orientieren. Es läuft Tokugawa – Gequälte Frauen vom berüchtigten Regisseur Teruo Ishii, der bekannt ist, nicht nur innerdiegetisch gerne Frauen, sondern ganz allgemein auch sein Publikum zu quälen.
Ach ja, und am Montag läuft um 20:00 im Central Rocky, das Original, yeah.
Noch bis Sonntag wird die Hou Hsiao Hsien-Retro im Babylon fortgesetzt. Unter anderem gibt es Freitag bis Sonntag noch einmal die frühen Masterpieces A Time to Live and a Time to Die, Dust in the Wind sowie The Boys From Fengkuei zu sehen. Und heute abend den ultraseltenen Daughter of the Nile.
Im Arsenal ist weiterhin eher zurückgefahrenes Sommerprogramm angesagt. Aber immerhin gibt es den grandios-deliranten und dabei erstaunlich trashigen Peeping Tom (Sa; 20:30) sowie Daniel Schmids größenwahnsinnigen aber genialen Heute Nacht oder nie (Mi; 20:30). Letzterer ist eine Art filmische Avantgarde-Oper, größtenteils in Zeitlupe gefilmt und in seiner pompösen Unzugänglichkeit einfach nur toll. Ein Spezialtip für Christian, der sicher seine helle Freude daran haben würde (falls er ihn noch nicht kennt).
Ein vielleicht letztlich gar nicht mal so anderen Film zeigen die Freunde des schrägen Films im Babylon, die sich zum ersten Mal in Richtung Fernost orientieren. Es läuft Tokugawa – Gequälte Frauen vom berüchtigten Regisseur Teruo Ishii, der bekannt ist, nicht nur innerdiegetisch gerne Frauen, sondern ganz allgemein auch sein Publikum zu quälen.
Ach ja, und am Montag läuft um 20:00 im Central Rocky, das Original, yeah.
Thursday, August 16, 2007
Berlin Kino 16. - 22.08.2007
Die Kinoneustarts der Woche versprechen wiederum nicht allzu viel. Nachdem schon Fantastic Four allseits bestenfalls verhalten aufgenommen wurde, scheint der Nachfolger nun genauso wenig Anlass zu Freude bereiten. Und Rush Hour 3 (Regie führt hier wieder mal Brett Ratner, der schlechteste Blockbusterfilmer Hollywoods) muss man sich wohl erst recht nicht antun. Freunde des deutschen Films werden wohl ein Auge auf Thalheims Am Ende kommen Touristen nicht vorbeikommen, der mich allerdings genauso wenig interessiert wie seinerzeit Netto.
Dann lieber weiter zu Hou Hsiao Hsien ins Babylon. In dieser Woche ist unter anderem der großartige Dust in the Wind zu empfehlen, ein melancholisch-nostalgisches Meisterwerk aus dem taiwanesischen Landleben.
In die letzte Runde geht derweil die Grindhouse-Reihe im Central. Al Adamsons Satans heiße Katzen ist eine nette Wild Bunch-Variation mit einigen Durchhängern in dramaturgischer Hinsicht. Macht aber trotzdem Spaß und hat vor allem bei all seinem Trashappeal eine sonderbar wildromantische Note. Gestern wurde mir außerdem noch der italienische Endzeitfilm Fireflash - Der Tag nach dem Ende wärmstens ans Herz gelegt. Als ergänzung gibt's bei den Freunden des schrägen Films Die Teuflischen von Mykonos, einen Film des legendären griechischen Schlimmfilmers Nico Mastorakis.
Bereits heute abend zeigt das Festival ausgezeichneter Sommer den Puppentrickfilm Blood Tea and Red Strings, einen Puppentrickfilm, dessen Produktion 13 Jahre in Anspruch nahm und der mir von Thomas bereits mehrfach dringend empfohlen wurde. Der Trailer ist auch in der tat sehr putzig.
Dem Fantasy Filmfest werde ich dieses Jahr tendenziell eher fernbleiben. Einige wenige Filme sind aber dennoch eigentlich Pflicht. Friedkins Bug wird wohl gute Chancen auf eine reguläre Auswertung haben, dennoch ist der sicher einer der Highlights (vor kurzem den großartigen The Hunted gesehen; wenn Bug nur halb so gut ist, bin ich schon zufrieden). Ansonsten: Das Anime Paprika scheint so interessant zu sein, dass es Shaviro einen langen, enthusiastischen Blogeintrag wert war. Der neue Realfilm von Otomo Katsuhiro heißt Mushishi und scheint nicht überall so gut anzukommen. Aber trotz einem leisen Esoterikverdacht überzeugt mich eigentlich bereits alleine dieser Screenshot. Und zu guter letzt kann man sich von Confession of Pain, dem neuen Lau / Mak-Werk erstklassiges Hongkong-Kino versprechen.
Drei Filme kenne ich schon. Edmond ist ein kleines aber feines William Macey-Vehikel, inszeniert absurderweise aber durchaus effektiv von Stuart Gordon und geskriptet von David Mamet. Kein großer Wurf, sicher, aber ein sympathischer kleiner Film. Dead Daughters dagegen ist ein tendenziell unansehbarer russischer J-Horrorverschnitt mit Minimalbudget und von der unsäglichen australischen Macbeth-Version möchte ich gar nicht erst anfangen. Weiterhin bietet das Festival Neues von u.a. James Wan, den Pang Brothers, Sono Sion, Park Chan-wook, Kurosawa Kiyoshi, gleich noch einen zweiten Film von Stuart Gordon sowie zweimal Werke von Söhnen großer Väter: Einmal Miyazaki und einmal Fukasaku Junior, letzterer allerdings mit einem wohl eher unterirdischen Trashstreifen.
Im fsk läuft derweil unbemerkt vom Rest der Welt Vardas Die Sammler und die Sammlerin (hier ein schöner Essay über den Film). Ob ich snobistisch-cinephil genug sein werde, diesen Film dem Grand Guignol im Cinemax am Potsdamer Platz vorzuziehen, weiß ich allerdings selbst noch nicht so recht.
Dann lieber weiter zu Hou Hsiao Hsien ins Babylon. In dieser Woche ist unter anderem der großartige Dust in the Wind zu empfehlen, ein melancholisch-nostalgisches Meisterwerk aus dem taiwanesischen Landleben.
In die letzte Runde geht derweil die Grindhouse-Reihe im Central. Al Adamsons Satans heiße Katzen ist eine nette Wild Bunch-Variation mit einigen Durchhängern in dramaturgischer Hinsicht. Macht aber trotzdem Spaß und hat vor allem bei all seinem Trashappeal eine sonderbar wildromantische Note. Gestern wurde mir außerdem noch der italienische Endzeitfilm Fireflash - Der Tag nach dem Ende wärmstens ans Herz gelegt. Als ergänzung gibt's bei den Freunden des schrägen Films Die Teuflischen von Mykonos, einen Film des legendären griechischen Schlimmfilmers Nico Mastorakis.
Bereits heute abend zeigt das Festival ausgezeichneter Sommer den Puppentrickfilm Blood Tea and Red Strings, einen Puppentrickfilm, dessen Produktion 13 Jahre in Anspruch nahm und der mir von Thomas bereits mehrfach dringend empfohlen wurde. Der Trailer ist auch in der tat sehr putzig.
Dem Fantasy Filmfest werde ich dieses Jahr tendenziell eher fernbleiben. Einige wenige Filme sind aber dennoch eigentlich Pflicht. Friedkins Bug wird wohl gute Chancen auf eine reguläre Auswertung haben, dennoch ist der sicher einer der Highlights (vor kurzem den großartigen The Hunted gesehen; wenn Bug nur halb so gut ist, bin ich schon zufrieden). Ansonsten: Das Anime Paprika scheint so interessant zu sein, dass es Shaviro einen langen, enthusiastischen Blogeintrag wert war. Der neue Realfilm von Otomo Katsuhiro heißt Mushishi und scheint nicht überall so gut anzukommen. Aber trotz einem leisen Esoterikverdacht überzeugt mich eigentlich bereits alleine dieser Screenshot. Und zu guter letzt kann man sich von Confession of Pain, dem neuen Lau / Mak-Werk erstklassiges Hongkong-Kino versprechen.
Drei Filme kenne ich schon. Edmond ist ein kleines aber feines William Macey-Vehikel, inszeniert absurderweise aber durchaus effektiv von Stuart Gordon und geskriptet von David Mamet. Kein großer Wurf, sicher, aber ein sympathischer kleiner Film. Dead Daughters dagegen ist ein tendenziell unansehbarer russischer J-Horrorverschnitt mit Minimalbudget und von der unsäglichen australischen Macbeth-Version möchte ich gar nicht erst anfangen. Weiterhin bietet das Festival Neues von u.a. James Wan, den Pang Brothers, Sono Sion, Park Chan-wook, Kurosawa Kiyoshi, gleich noch einen zweiten Film von Stuart Gordon sowie zweimal Werke von Söhnen großer Väter: Einmal Miyazaki und einmal Fukasaku Junior, letzterer allerdings mit einem wohl eher unterirdischen Trashstreifen.
Im fsk läuft derweil unbemerkt vom Rest der Welt Vardas Die Sammler und die Sammlerin (hier ein schöner Essay über den Film). Ob ich snobistisch-cinephil genug sein werde, diesen Film dem Grand Guignol im Cinemax am Potsdamer Platz vorzuziehen, weiß ich allerdings selbst noch nicht so recht.
Wednesday, August 15, 2007
Salvador, Oliver Stone, 1986
Oliver Stones Werke sind oft in ihrem Scheitern weitaus interessanter als andere Filme in ihrem Gelingen. Zu nah wagt Stone sich an seine Sujets, mit zu vielen Diskursen lädt er seine Arbeiten auf, zu viel Empathie und Exzess auf allen Ebenen, als dass all dies auch nur irgendwie mit der klassischen Hollywoodform kompatibel wäre, auf die er doch immer wieder zustrebt. Seine stärksten Werke entwickeln ihre Dynamik genau aus dieser Spannung, weisen an allen Ecken und Enden über die Vieraktstruktur, das psychologisierende Narrativ etc hinaus, drohen jeden Moment auseinanderzubrechen. Würde Stone den Anspruch, ein Hollywoodfilmer zu sein, völlig aufgeben, würde wahrscheinlich nicht viel mehr übrigbleiben als mäßiger, wohl auch oftmals reichlich inkonsequenter Agit-Prop (Comandante habe ich diesbezüglich im Verdacht, gesehen habe ich den noch nicht). Stone benötigt die Herausforderungen einer Form, die seinen Inhalten tendenziell entgegenarbeitet, sie zu bändigen, domestizieren droht und der dies doch nie ganz gelingen kann, da das Material in sich zu widerständig bleibt.
In Salvador wird dies beispielsweise in den langen Politdiskussionen zwischen dem liberalen James Woods und Reagans Right-Wingern deutlich, Diskussionen, die bei weitem zu viel Raum einnehmen angesichts ihres eigentlichen dramaturgischen Werts und die sich dennoch immer im Kreis zu bewegen scheinen, da sie einen bestimmten Punkt nicht transzendieren dürfen (genauso darf Woods nur Left-Winger, nie aber Kommunist sein).
Überhaupt Woods: Frederic Jameson beschreibt seine Figur in The Geopolitical Aesthetic als eine ehrlich schizophrene Heldenfigur, weit entfernt von den nur neurotischen Protagonisten des modernistischen Kinos. Doch noch schizophrener Als Woods ist das Verhältnis zwischen Stone, Woods und der Handlung des Films, in die Woods Kriegsberichtserstatter mehr schlecht als recht eingepasst wird. Woods verkörpert immer etwas zu viele strukturelle Typen auf einmal und genau diese narrative Überdetermination (Bogart-artiger Held der desillusionierten amerikanischen Linken, liberales Gewissen einer grenzfaschistischen Weltmacht, Weißer Mann, der dunkelhäutige Frau erobert, Hunter S. Thompson-Style Späthippie, Held der freien Presse etc) sorgt nicht nur für seine schizophrenen Züge sondern findet zusätzlich in Woods hyperenergetischem Schauspiel und Stones ebensolchem Regiestil ein perfektes Ventil. Das zu viel erstreckt sich tatsächlich auf alle Bereiche des Films.
Und nicht nur Woods ist zu viel, sondern alle Amerikaner, die in dem Film an jeder Straßenecke auftauchen und sich El Salvador dadurch praktisch gleich noch einmal aneignen. Die lokale Bevölkerung bleibt, wie in noch fast jedem Hollywoodfilm, der außerhalb Amerikas spielt Background, Lokalkolorit, natürlich. Doch der Film ist sich dieses Problems bewusst (oder integriert es vielleicht auch nur unbewusst, whatever) und zwar in der Figur der Maria, die immer wieder versucht, ihre eigene Subjektivität in den Film einzubringen, aber immer wieder von den amerikanischen Charakteren eben daran gehindert wird, ganz zum Schluss sogar tatsächlich von der amerikanischen Immigrationspolizei selbst.
Natürlich geht es nur um die Amerikaner, doch es geht in gewisser Weise etwas zu sehr um sie oder genauer: es geht zu sehr um sie als Amerikaner. Neben Boy Meets Girl geschieht zu viel, als dass alles darauf oder auf die andere Seite der double Plotline (Woods Kriegsberichterstattungs-Heldengeschichte) reduzierbar wäre. Allein das reaktionäre Lager ist in zu viele Einzelfiguren aufgeteilt (den Reagan-Harlinerproll, den Reagan-Hardliner Technokrat, die Yuppie-Journalistin, den homoerotisch angehauchten sadistischen Unterbefehlshaber, den Family-Man-Diktator etc) als dass sich diese zu einem kohärenten und damit für eine entploitisierende Narration funktionalen Aktanten zusammenfassen ließen.
Auch an anderen Stellen kollidiert der Film mit seinen eigenen Ansprüchen und ideologischen Voraussetzungen, wenn er beispielseweise in einem leicht durchschaubaren Akt der ideologischen Eindämmungspolitik auch die Guerillas beim Kriegsverbrecheln zeigt (bei genauerer Betrachtung verwundert es doch, dass ausgerechnet hier ein Bild produziert wird, wie man es aus der Tagespresse zu kennen meint, die Hinrichtung per Pistole eines knienden Kriegsgefangenen nämlich, während die Verbrechen der Diktatur nur in recht komplexen, nie ganz überschaubaren Versuchsanordnungen figuriert werden können; in Versuchsanordnungen, die nie auf nur ein Bild reduziert werden können) und dadurch Woods die Chance gibt, den Satz zu sagen, der noch in fast jedem (Bürger-) Kriegsfilm seit cirka 1975 fallen muss: "You've become just like them!" (osä).
In Salvador wird dies beispielsweise in den langen Politdiskussionen zwischen dem liberalen James Woods und Reagans Right-Wingern deutlich, Diskussionen, die bei weitem zu viel Raum einnehmen angesichts ihres eigentlichen dramaturgischen Werts und die sich dennoch immer im Kreis zu bewegen scheinen, da sie einen bestimmten Punkt nicht transzendieren dürfen (genauso darf Woods nur Left-Winger, nie aber Kommunist sein).
Überhaupt Woods: Frederic Jameson beschreibt seine Figur in The Geopolitical Aesthetic als eine ehrlich schizophrene Heldenfigur, weit entfernt von den nur neurotischen Protagonisten des modernistischen Kinos. Doch noch schizophrener Als Woods ist das Verhältnis zwischen Stone, Woods und der Handlung des Films, in die Woods Kriegsberichtserstatter mehr schlecht als recht eingepasst wird. Woods verkörpert immer etwas zu viele strukturelle Typen auf einmal und genau diese narrative Überdetermination (Bogart-artiger Held der desillusionierten amerikanischen Linken, liberales Gewissen einer grenzfaschistischen Weltmacht, Weißer Mann, der dunkelhäutige Frau erobert, Hunter S. Thompson-Style Späthippie, Held der freien Presse etc) sorgt nicht nur für seine schizophrenen Züge sondern findet zusätzlich in Woods hyperenergetischem Schauspiel und Stones ebensolchem Regiestil ein perfektes Ventil. Das zu viel erstreckt sich tatsächlich auf alle Bereiche des Films.
Und nicht nur Woods ist zu viel, sondern alle Amerikaner, die in dem Film an jeder Straßenecke auftauchen und sich El Salvador dadurch praktisch gleich noch einmal aneignen. Die lokale Bevölkerung bleibt, wie in noch fast jedem Hollywoodfilm, der außerhalb Amerikas spielt Background, Lokalkolorit, natürlich. Doch der Film ist sich dieses Problems bewusst (oder integriert es vielleicht auch nur unbewusst, whatever) und zwar in der Figur der Maria, die immer wieder versucht, ihre eigene Subjektivität in den Film einzubringen, aber immer wieder von den amerikanischen Charakteren eben daran gehindert wird, ganz zum Schluss sogar tatsächlich von der amerikanischen Immigrationspolizei selbst.
Natürlich geht es nur um die Amerikaner, doch es geht in gewisser Weise etwas zu sehr um sie oder genauer: es geht zu sehr um sie als Amerikaner. Neben Boy Meets Girl geschieht zu viel, als dass alles darauf oder auf die andere Seite der double Plotline (Woods Kriegsberichterstattungs-Heldengeschichte) reduzierbar wäre. Allein das reaktionäre Lager ist in zu viele Einzelfiguren aufgeteilt (den Reagan-Harlinerproll, den Reagan-Hardliner Technokrat, die Yuppie-Journalistin, den homoerotisch angehauchten sadistischen Unterbefehlshaber, den Family-Man-Diktator etc) als dass sich diese zu einem kohärenten und damit für eine entploitisierende Narration funktionalen Aktanten zusammenfassen ließen.
Auch an anderen Stellen kollidiert der Film mit seinen eigenen Ansprüchen und ideologischen Voraussetzungen, wenn er beispielseweise in einem leicht durchschaubaren Akt der ideologischen Eindämmungspolitik auch die Guerillas beim Kriegsverbrecheln zeigt (bei genauerer Betrachtung verwundert es doch, dass ausgerechnet hier ein Bild produziert wird, wie man es aus der Tagespresse zu kennen meint, die Hinrichtung per Pistole eines knienden Kriegsgefangenen nämlich, während die Verbrechen der Diktatur nur in recht komplexen, nie ganz überschaubaren Versuchsanordnungen figuriert werden können; in Versuchsanordnungen, die nie auf nur ein Bild reduziert werden können) und dadurch Woods die Chance gibt, den Satz zu sagen, der noch in fast jedem (Bürger-) Kriegsfilm seit cirka 1975 fallen muss: "You've become just like them!" (osä).
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Tuesday, August 14, 2007
Curb Your Enthusiasm, Season 1
Anlässlich des Bergman-Streits (hier noch in den Kommentaren eine ausführliche Diskussion unter Us-Filmbloggern) kommt mir ein anderer Rosenbaum Frontalangriff in den Sinn: Nämlich den deutlich präziseren und besser argumentierte Essay "Notes Toward the Devaluation of Woody Allen".
Weitaus einleuchtender erschien mir hier die Argumentation als im Falle Bergman, obwohl mir persönlich Allen allemal lieber ist als der Schwede, soweit ich mir bei meinen gleich doppelt beschränkten Euvre-Kenntnissen überhaupt ein Urteil anmaßen kann. Auch (oder vielleicht: gerade) die locker heruntergekurbelten Filmchen der letzten Jahre, die vielen als der Anfang vom Ende einer großen Arthauskarriere erschienen (Hollywood Ending, Scoop etc.) gefallen mir ausgezeichnet. Überhaupt sagt mir Allens (aus meiner Perspektive, als Filmkritiker in Amerika sieht man dies vielleicht anders) unaufgeregter, entspannter Auteurismus außerordentlich zu.
Die erste Staffel der großartigen amerikanischen Comedyserie "Curb Your Enthusiasm" jedoch unterstützt in meinen Augen Rosenbaums Thesen über Allen in vieler Hinsicht. Denn die Hauptrolle in dieser HBO-Produktion ist Larry David, eine Art Variation auf Woody, die all das, was Rosenbaum als die opportunistische Schlagseite dieser Figur brandmarkt, konsequent eliminiert.
Denn der "Seinfeld"-Miterfinder Larry David ist nicht nur noch einmal um einiges erbärmlicher als Woody selbst in dessen deprimierendsten Rollen, er ist vor allem auch deutlich bösartiger und hinterhältiger. Und vielleicht das wichtigste: Larrys Arroganz gründet im Gegensatz zu Woodys nie auf einer tatsächlichen geistigen Überlegenheit, wie sie sich beispielsweise in einem erlesenen literarischen oder musikalischen Geschmack, in jedem Fall in jeder Menge Hochkultur, ausdrückt. Nein, Larry ist genauso ein halbgebildeter Banause wie die ihn umgebenden Mitglieder der Westküstenschickeria. Die Überheblichkeit, mit der er sich in diesen Kreisen bewegt, resultiert aus der Eastcoastarroganz, mit welcher er auf die neureichen Kalifornier blickt, sowie aus der Tatsache, dass er sich als Jude sowieso für supreme sophisticated hält. (Selten sieht man - im Kino wie im Fernsehen - eine so genaue soziale Binnenanalyse der USA)
Um mit Allens stellenweise ziemlich unerträglichem Bergman-Nachruf zu sprechen: David ist Allen minus Bergman und damit automatisch recht nahe bei Groucho Marx.
Weitaus einleuchtender erschien mir hier die Argumentation als im Falle Bergman, obwohl mir persönlich Allen allemal lieber ist als der Schwede, soweit ich mir bei meinen gleich doppelt beschränkten Euvre-Kenntnissen überhaupt ein Urteil anmaßen kann. Auch (oder vielleicht: gerade) die locker heruntergekurbelten Filmchen der letzten Jahre, die vielen als der Anfang vom Ende einer großen Arthauskarriere erschienen (Hollywood Ending, Scoop etc.) gefallen mir ausgezeichnet. Überhaupt sagt mir Allens (aus meiner Perspektive, als Filmkritiker in Amerika sieht man dies vielleicht anders) unaufgeregter, entspannter Auteurismus außerordentlich zu.
Die erste Staffel der großartigen amerikanischen Comedyserie "Curb Your Enthusiasm" jedoch unterstützt in meinen Augen Rosenbaums Thesen über Allen in vieler Hinsicht. Denn die Hauptrolle in dieser HBO-Produktion ist Larry David, eine Art Variation auf Woody, die all das, was Rosenbaum als die opportunistische Schlagseite dieser Figur brandmarkt, konsequent eliminiert.
Denn der "Seinfeld"-Miterfinder Larry David ist nicht nur noch einmal um einiges erbärmlicher als Woody selbst in dessen deprimierendsten Rollen, er ist vor allem auch deutlich bösartiger und hinterhältiger. Und vielleicht das wichtigste: Larrys Arroganz gründet im Gegensatz zu Woodys nie auf einer tatsächlichen geistigen Überlegenheit, wie sie sich beispielsweise in einem erlesenen literarischen oder musikalischen Geschmack, in jedem Fall in jeder Menge Hochkultur, ausdrückt. Nein, Larry ist genauso ein halbgebildeter Banause wie die ihn umgebenden Mitglieder der Westküstenschickeria. Die Überheblichkeit, mit der er sich in diesen Kreisen bewegt, resultiert aus der Eastcoastarroganz, mit welcher er auf die neureichen Kalifornier blickt, sowie aus der Tatsache, dass er sich als Jude sowieso für supreme sophisticated hält. (Selten sieht man - im Kino wie im Fernsehen - eine so genaue soziale Binnenanalyse der USA)
Um mit Allens stellenweise ziemlich unerträglichem Bergman-Nachruf zu sprechen: David ist Allen minus Bergman und damit automatisch recht nahe bei Groucho Marx.
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Thursday, August 09, 2007
Berlin Kino 9.-15.08.2007
An dieser Stelle ab sofort wöchentlich ein Streifzug durch die On- und vor allem Off-Kinos Berlins. Vollständigkeit wird natürlich ebensowenig angestrebt wie auch nur Vorselektion, vielmehr möchte ich (nicht zuletzt auch mir selbst) einen Einstieg bieten, das reichhaltige, aber auf unterschiedlichste Spielstätten verteilte Filmprogramm so zu explorieren, wie es dies verdient hat. Denn ohne Publikum verkümmert auch die großartigste Kinolandschaft.
Selbstverständlich übernehme ich keine Garantie, dass die Filme in den korrekten Sprach- und Schnittfassungen und in ansprechenden Kopien laufen. Im Allgemeinen konzentriere ich mich auf Zelluloid-Vorführungen, DVD-Projektionen berücksichtige ich nur in Ausnahmefällen und weise dementsprechend darauf hin. Aber auch diesbezüglich kann mir natürlich der eine oder andere Fehler unterlaufen.
Die aktuellen Neustarts versprechen diese Woche nicht allzuviel. Evan Almighty beispielsweise kann zwar den großartigen und allgegenwärtigen Steve Carrell aufbieten, tendiert nach allem was ich gehört habe allerdings dennoch etwas zu stark in Richtung harmlose Familienunterhaltung. Francois Ozons Angel gegenüber bin ich rein instinktiv gar noch ein wenig skeptischer (siehe auch Ekkehard Knörers Verriss). Sehr empfehlen kann Knörer dagegen Ten Canoes (der deutsche Vereihtitel ist beträchtlich länger). Zu sehen im Arthaus-Kino Ihres Vertrauens.
Das cinephile Highlight der nächsten Wochen ist ohne Zweifel die Hou Hsiao Hsien Retrospektive im Babylon Mitte. Gezeigt werden alle Filme mit Ausnahme des kommerziellen Frühwerks, des Omnibusfilms The Sandwich Man und dem neuesten Werk Le voyage de ballon rouge. Speziell zu empfehlen sind die hierzulande äußerst selten gezeigten und auf DVD nicht greifbaren Werke aus den 80er Jahren, insbesondere der traumhafte A Time to Live and a Time To Die. Außerdem nich zu verpassen ist der unglaublich sublime Millenium Mambo, gegen den selbst Wong Kar-Wais beste Filme sich wie holpriges Handwerk ausmachen sowie HHHs vorletztes Masterpiece Three Times, welcher auch einen guten Einstieg in das Werk des Taiwanesen darstellen könnte.
Nachtrag: Außerdem findet ein Revolver-Werkstattgespräch mit "Asia's greatest living master" (Jonathan Rosenbaum; diskutabel ist hier höchstens das "Asian's") statt. (Wann allerdings genau, konnte ich nicht wirklich ausmachen, zur Auswahl stehen Freitag 20:15 (Kino Babylon), Freitag 22:00 (Michael Baute, new filmkritik) und Samstag 20:15 (hier). Diese verwirrende Informationslage wird hoffentlich noch rechtzeitig behoben. )
Nachtrag 2: Der korrekte Termin ist Freitag, 22:00, Dank an Michael Baute.
Auch ansonsten ist das Babylon Mitte diese Woche eine gute Anlaufstelle. Unter anderem laufen Filme von Bergman, Fassbinder und Haneke, sowie aus Bollywood.
Bereits seit dem 6.8. veranstaltet das b-ware Netzwerk das Festival Ausgezeichneter Sommer in der Bar 25 und auf dem Badeschiff. Meines Wissens werden ausschließlich DVD-Projektionen gezeigt. Unter anderem gibt es dort eine Retrospektive Wenzel Storchs, des letzten deutschen Autorenfilmers und Heimwerkers, zu bewundern. Nächste Woche läuft in diesem Zusammenhang sein zweites Werk Sommer der Liebe. Gesehen habe ich dieses Meisterwerk noch nicht, aber das hier spricht wol für sich selbst...
Sogar bereits seit dem 2.8. läuft im Central eine Grindhouse Reihe, die wir mit Sicherheit dem Tarantino/Rodriguez Projekt zu verdanken haben. Und tatsächlich wird unter anderem Planet Terror nächsten Mittwoch (20:00) als Preview gezeigt. Ansonsten setzt die Reihe allerdings auf 70ies Klassiker der derberen Sorte und wer immer schon mal das schwer zu empfehlende Sleaze-Epos Ilsa - She-Wolf of the SS auf der großen Leinwand sehen wollte, kommt auf seine Kosten. Auch ansonsten schreckt die alles in allem wirklich großartig programmierte Reihe vor nichts zurück, weder vor Doris Wishman, noch vor Lucio Fulci und nicht einmal vor dem guten alten Joe D'Amato, dessen Laura Gemser Vehikel Emanuelle e gli ultimi cannibali in Berlin auch nicht gerade jede Woche zur Aufführung gelangt.
Die von mir mit Abstand am häufigsten frequentierte Filmreihe Berlins, Die Freunde des schrägen Films im Babylon Mitte wagt sich ungewöhnlich weit in Richtung Kunstkino vor und zeigt den genial-deliranten El Topo, zu dem wohl weitere Kommentare überflüssig sind.
Eine weitere gute Anlaufstelle für Filme der etwas anderen Art (und wie bei den Freunden wird hier alles auf Zelluloid gezeigt) ist das Z-Inema in der Z-Bar. Am 11.08. wird dort um 21:00 Kiss My Blood aufgeführt, bei dem ich mir allerdings überhaupt nicht sicher bin, ob man ihn auch nur halbwegs empfehlen kann (schließlich handelt es sich um einen deutschen (!) Vampirfilm und dann auch noch um einen aus dem Jahr 1998). Vertrauen kann man nur auf den üblicherweise sicheren Filmgeschmack der Veranstalter.
Das Arsenal, mit Abstand das wichtigste und großartigste Kino Berlins, hat derzeit wie jeden Sommer ein etwas zurückgefahrenes Programm. Dennoch finden sich auch diese Woche zahlreiche Perlen, neben Klassikern von Tarkovsky und Dreyer unter anderem Valeska Griesebachs großartiger Sehnsucht sowie vor allem Frederic Wisemans beeindruckende Auseinandersetzung mit den demokratischen Institutionen des US-Bundesstaates Idaho State Legislature (hier eine begeisterte Kritik von Thomas).
Und schließlich startet noch am 15.08. die gute alte Nerd-Abzocke Fantasy Filmfest. Zum Auftakt wird unter anderem The Banquet gezeigt, ein Flattertuchfilm mit Zhang Ziyi, der dem Genre nach den Tiefschlägen Wu Ji und Curse of the Golden Flower vielleicht wieder neues Leben einhauchen kann.
Selbstverständlich übernehme ich keine Garantie, dass die Filme in den korrekten Sprach- und Schnittfassungen und in ansprechenden Kopien laufen. Im Allgemeinen konzentriere ich mich auf Zelluloid-Vorführungen, DVD-Projektionen berücksichtige ich nur in Ausnahmefällen und weise dementsprechend darauf hin. Aber auch diesbezüglich kann mir natürlich der eine oder andere Fehler unterlaufen.
Die aktuellen Neustarts versprechen diese Woche nicht allzuviel. Evan Almighty beispielsweise kann zwar den großartigen und allgegenwärtigen Steve Carrell aufbieten, tendiert nach allem was ich gehört habe allerdings dennoch etwas zu stark in Richtung harmlose Familienunterhaltung. Francois Ozons Angel gegenüber bin ich rein instinktiv gar noch ein wenig skeptischer (siehe auch Ekkehard Knörers Verriss). Sehr empfehlen kann Knörer dagegen Ten Canoes (der deutsche Vereihtitel ist beträchtlich länger). Zu sehen im Arthaus-Kino Ihres Vertrauens.
Das cinephile Highlight der nächsten Wochen ist ohne Zweifel die Hou Hsiao Hsien Retrospektive im Babylon Mitte. Gezeigt werden alle Filme mit Ausnahme des kommerziellen Frühwerks, des Omnibusfilms The Sandwich Man und dem neuesten Werk Le voyage de ballon rouge. Speziell zu empfehlen sind die hierzulande äußerst selten gezeigten und auf DVD nicht greifbaren Werke aus den 80er Jahren, insbesondere der traumhafte A Time to Live and a Time To Die. Außerdem nich zu verpassen ist der unglaublich sublime Millenium Mambo, gegen den selbst Wong Kar-Wais beste Filme sich wie holpriges Handwerk ausmachen sowie HHHs vorletztes Masterpiece Three Times, welcher auch einen guten Einstieg in das Werk des Taiwanesen darstellen könnte.
Nachtrag: Außerdem findet ein Revolver-Werkstattgespräch mit "Asia's greatest living master" (Jonathan Rosenbaum; diskutabel ist hier höchstens das "Asian's") statt. (Wann allerdings genau, konnte ich nicht wirklich ausmachen, zur Auswahl stehen Freitag 20:15 (Kino Babylon), Freitag 22:00 (Michael Baute, new filmkritik) und Samstag 20:15 (hier). Diese verwirrende Informationslage wird hoffentlich noch rechtzeitig behoben. )
Nachtrag 2: Der korrekte Termin ist Freitag, 22:00, Dank an Michael Baute.
Auch ansonsten ist das Babylon Mitte diese Woche eine gute Anlaufstelle. Unter anderem laufen Filme von Bergman, Fassbinder und Haneke, sowie aus Bollywood.
Bereits seit dem 6.8. veranstaltet das b-ware Netzwerk das Festival Ausgezeichneter Sommer in der Bar 25 und auf dem Badeschiff. Meines Wissens werden ausschließlich DVD-Projektionen gezeigt. Unter anderem gibt es dort eine Retrospektive Wenzel Storchs, des letzten deutschen Autorenfilmers und Heimwerkers, zu bewundern. Nächste Woche läuft in diesem Zusammenhang sein zweites Werk Sommer der Liebe. Gesehen habe ich dieses Meisterwerk noch nicht, aber das hier spricht wol für sich selbst...
Sogar bereits seit dem 2.8. läuft im Central eine Grindhouse Reihe, die wir mit Sicherheit dem Tarantino/Rodriguez Projekt zu verdanken haben. Und tatsächlich wird unter anderem Planet Terror nächsten Mittwoch (20:00) als Preview gezeigt. Ansonsten setzt die Reihe allerdings auf 70ies Klassiker der derberen Sorte und wer immer schon mal das schwer zu empfehlende Sleaze-Epos Ilsa - She-Wolf of the SS auf der großen Leinwand sehen wollte, kommt auf seine Kosten. Auch ansonsten schreckt die alles in allem wirklich großartig programmierte Reihe vor nichts zurück, weder vor Doris Wishman, noch vor Lucio Fulci und nicht einmal vor dem guten alten Joe D'Amato, dessen Laura Gemser Vehikel Emanuelle e gli ultimi cannibali in Berlin auch nicht gerade jede Woche zur Aufführung gelangt.
Die von mir mit Abstand am häufigsten frequentierte Filmreihe Berlins, Die Freunde des schrägen Films im Babylon Mitte wagt sich ungewöhnlich weit in Richtung Kunstkino vor und zeigt den genial-deliranten El Topo, zu dem wohl weitere Kommentare überflüssig sind.
Eine weitere gute Anlaufstelle für Filme der etwas anderen Art (und wie bei den Freunden wird hier alles auf Zelluloid gezeigt) ist das Z-Inema in der Z-Bar. Am 11.08. wird dort um 21:00 Kiss My Blood aufgeführt, bei dem ich mir allerdings überhaupt nicht sicher bin, ob man ihn auch nur halbwegs empfehlen kann (schließlich handelt es sich um einen deutschen (!) Vampirfilm und dann auch noch um einen aus dem Jahr 1998). Vertrauen kann man nur auf den üblicherweise sicheren Filmgeschmack der Veranstalter.
Das Arsenal, mit Abstand das wichtigste und großartigste Kino Berlins, hat derzeit wie jeden Sommer ein etwas zurückgefahrenes Programm. Dennoch finden sich auch diese Woche zahlreiche Perlen, neben Klassikern von Tarkovsky und Dreyer unter anderem Valeska Griesebachs großartiger Sehnsucht sowie vor allem Frederic Wisemans beeindruckende Auseinandersetzung mit den demokratischen Institutionen des US-Bundesstaates Idaho State Legislature (hier eine begeisterte Kritik von Thomas).
Und schließlich startet noch am 15.08. die gute alte Nerd-Abzocke Fantasy Filmfest. Zum Auftakt wird unter anderem The Banquet gezeigt, ein Flattertuchfilm mit Zhang Ziyi, der dem Genre nach den Tiefschlägen Wu Ji und Curse of the Golden Flower vielleicht wieder neues Leben einhauchen kann.
Monday, August 06, 2007
Death Proof, Quentin Tarantino, 2007
Die liebevolle und technisch ausgezeichnete Grindhouse-Kino Emulation möchte zu keinem Zeitpunkt über die Differenz hinwegtäuschen, die sich zwischen den Originalen und der Hommage (die eine solche ohnehin nur als vielfach gebrochene zu bezeichnen ist) auftut. Ganz im Gegenteil, gerade die simulierten Fehler verweisen auf die Perfektion der Regie: Death Proof ist Tarantino in Höchstform und vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass der Film hierzulande nicht durch den in den USA vorangestellten Planet Terror des Berufskrachmachers Rodriguez kontaminiert werden kann (wobei: auch diesbezüglich lasse ich mich gerne eines besseren belehren).
Death Proof erschöpft sich nie auch nur annähernd in seinen Zitaten und die strikt binäre Struktur des Films ist vielleicht tatsächlich letzten Endes weniger postmodern als klassisch modernistisch. Ganz seltsame Dinge gelingen spielend leicht. Eine Barsequenz, die absolut nichts (oder zumindest nichts, was nicht auch in zwanzig Sekunden vermittelbar wäre) an Storyinformation liefert, streckt Tarantino über mehr als eine halbe Stunde, ohne dass auch nur eine Einstellung maniriert wirken würde und der gesamte zweite Filmabschnitt ist in all seiner Dynamik von einer durchkonzeotualisierten Sprödheit, Reduktion und Konsequenz, die in der grandiosen Schlusseinstellung ihren Höhepunkt findet.
Death Proof zeigt, anders als das überfrachtete Kill Bill-Projekt, warum Tarantino immer noch einer der besten amerikanischen Regisseure ist und in jedem Fall viel mehr als der prototypische Pomo-Filmer, als der er zumeist gehandelt wird. Denn in Death Proof scheint er mir von seinen eigenen Epigonen um einiges weiter entfernt zu sein als vom Hyperstrukturalismus eines Alain Resnais oder Tsai Ming Liangs.
Möglicherweise ist das viel zu weit hergeholt und letzten Endes nicht haltbar, aber: Würde Resnais seine Inspiration anstatt aus dem Boulevardtheater und der leichten Unterhaltungsliteratur aus den anrüchigeren Sektionen der Videotheken beziehen, könnte das Ergebnis in diesem Fall (natürlich ein gleich in mehrerer Hinsicht hypotetischer; Resnais Stil ist schließlich von seinem Sujet im Grunde nicht abzulösen) nicht zumindest tendeziell so aussehen wie Death Proof? Und ist Tsai Ming Liang nicht wenigstens hinsichtlich der Obsessivität mit der er letztlich völlig kontingente Zeichen wieder und wieder neu kombiniert mit einem Tarantino in Höchstform vergleichbar?
Natürlich unterscheidet sich Death Proof trotz seiner modernistischen Schlagseite deutlich von Tsai Ming Liang und Resnais. Tarantinos Film ist gleichzeitig mehr und weniger, vielleicht sogar aus verwandten Gründen. Denn zum einen lädt die betonte Verankerung des Films in der amerikanischen Gegenwart den Film mit einem realistischen Timbre auf, der Coeurs oder The Wayward Cloud selbstverständlich völlig fremd ist, andererseits scheint der Film stellenweise seinen Figuren und deren Obsessionen doch noch zu sehr verpflichtet zu sein. Beziehungsweise die Obsessionen der Figuren sind ein wenig zu eindeutig als die Obsessionen des Regisseurs lesbar. ... Andererseits ist natürlich gerade dies auch eine Stärke des Tarantino Kinos: Das immer schon problematische Identifikationsverhältnis zwischen Publikum, Figur und Regisseur, das jedoch stets auf der Möglichkeit eines solchen besteht, auf Kosten der Autonomie der einzelnen Sphären.
Death Proof erschöpft sich nie auch nur annähernd in seinen Zitaten und die strikt binäre Struktur des Films ist vielleicht tatsächlich letzten Endes weniger postmodern als klassisch modernistisch. Ganz seltsame Dinge gelingen spielend leicht. Eine Barsequenz, die absolut nichts (oder zumindest nichts, was nicht auch in zwanzig Sekunden vermittelbar wäre) an Storyinformation liefert, streckt Tarantino über mehr als eine halbe Stunde, ohne dass auch nur eine Einstellung maniriert wirken würde und der gesamte zweite Filmabschnitt ist in all seiner Dynamik von einer durchkonzeotualisierten Sprödheit, Reduktion und Konsequenz, die in der grandiosen Schlusseinstellung ihren Höhepunkt findet.
Death Proof zeigt, anders als das überfrachtete Kill Bill-Projekt, warum Tarantino immer noch einer der besten amerikanischen Regisseure ist und in jedem Fall viel mehr als der prototypische Pomo-Filmer, als der er zumeist gehandelt wird. Denn in Death Proof scheint er mir von seinen eigenen Epigonen um einiges weiter entfernt zu sein als vom Hyperstrukturalismus eines Alain Resnais oder Tsai Ming Liangs.
Möglicherweise ist das viel zu weit hergeholt und letzten Endes nicht haltbar, aber: Würde Resnais seine Inspiration anstatt aus dem Boulevardtheater und der leichten Unterhaltungsliteratur aus den anrüchigeren Sektionen der Videotheken beziehen, könnte das Ergebnis in diesem Fall (natürlich ein gleich in mehrerer Hinsicht hypotetischer; Resnais Stil ist schließlich von seinem Sujet im Grunde nicht abzulösen) nicht zumindest tendeziell so aussehen wie Death Proof? Und ist Tsai Ming Liang nicht wenigstens hinsichtlich der Obsessivität mit der er letztlich völlig kontingente Zeichen wieder und wieder neu kombiniert mit einem Tarantino in Höchstform vergleichbar?
Natürlich unterscheidet sich Death Proof trotz seiner modernistischen Schlagseite deutlich von Tsai Ming Liang und Resnais. Tarantinos Film ist gleichzeitig mehr und weniger, vielleicht sogar aus verwandten Gründen. Denn zum einen lädt die betonte Verankerung des Films in der amerikanischen Gegenwart den Film mit einem realistischen Timbre auf, der Coeurs oder The Wayward Cloud selbstverständlich völlig fremd ist, andererseits scheint der Film stellenweise seinen Figuren und deren Obsessionen doch noch zu sehr verpflichtet zu sein. Beziehungsweise die Obsessionen der Figuren sind ein wenig zu eindeutig als die Obsessionen des Regisseurs lesbar. ... Andererseits ist natürlich gerade dies auch eine Stärke des Tarantino Kinos: Das immer schon problematische Identifikationsverhältnis zwischen Publikum, Figur und Regisseur, das jedoch stets auf der Möglichkeit eines solchen besteht, auf Kosten der Autonomie der einzelnen Sphären.
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Black Snake Moan, Craig Brewer, 2006
Fast unnötig erscheint es, sich an einem Film abzuarbeiten, der die Korruptheit des Indiewood-Produktionszusammenhangs (in diesem Fall New Line, also bereits vollends kooptiert; Produzent ist John Singelton, der sich mittlerweile scheints auch für gar nichts mehr zu schade ist) so offen ausstellt, dass nun gar kein Zweifel mehr an demselben bestehen kann. An einem Film nämlich, der aufgrund der Schauspielleistungen (nie war Samuel L. Jackson mießer) und aufgrund einer dämlichen Regie, die bis in die szenische Auflösung hinein alles falsch macht, was es falsch zu machen gibt und beispielsweise halbwegs sorgsam aufgebaute Suspense-Szenarien in einem chaotischen und unlogischen Schuss- Gegenschuss durcheinander auflöst (Christina Riccis Sex-Szene mit dem Jungen) bereits in handwerklicher Hinsicht so schwach ist, dass er sogar an den eigenen Ansprüchen scheitert. Wenn Black Snake Moan vielleicht doch ein klein wenig interessant ist, dann deswegen, weil der Film durchaus in manchen Sequenzen weit über die eigene Beschränktheit hinausweist (allerdings nur als nie auch nur ansatzweise realisierte Möglichkeit).
Deutlich wird dies am Ungleichgewicht der beiden Filmhälften. Am Anfang finden sich durchaus Bilder, die den öde-campigen Realismusbegriff des amerikanischen Indiefilms (in welchem ein White-Trash Paar aus Justin Timberlake und Christina Ricci irgendwie vielleicht sogar konsequent ist) übersteigen. Einige Montagesequenzen funktionieren in dieser Weise, vor allem jedoch der strukturelle Money Shot des Films, die Fesselung der blonden Ricci durch den tiefschwarzen Jackson. Einerseits zwar macht gerade dieses Blid, beziehungsweise vor allem dessen herausgehobene Stellung im Gesamtfilm die opportunistische Schlagseite nicht nur des Films, sondern der gesamten ihn umgebenden Industriesparte deutlich, andererseits artikuliert sich jedoch in diesen Szenen ein inhaltlicher und stilistischer Exzess auf allen Ebenen. Ein Exzess, der auf ein Kino verweist, das auf das immer mitgedachte, wenn auch in Black Snake Moan recht selten explizite ironische Augenzwinkern ebenso verzichtet wie auf die Rückübersetzung seiner Sujets in traditionalistischer, psychologisierender Weise.
Wie dieses Kino konkret aussehen könnte, bleibt im unklaren, zu kurz eröffnet Black Snake Moan diese Perspektive. Denn anschließend wird alles noch viel schlimmer. Der wenigstens noch auf interessante Weise grottige erste Filmabschnitt wird in eine nun vollends unerträgliche Erlösungsgeschichte übersetzt.
Nähme man die im ersten Abschnitt angelegte Allegorie auch nur halbwegs ernst, wäre dieses abscheuliche Ende gleich noch ein paar Stufen niederträchtiger, als es ohnehin schon ist. Aber mit politischer Kritik sollte man dem Film nicht auch noch kommen. Damit würde man Brewer entschieden zu viel Ehre erweisen.
Am allerschlimmsten wird es diesbezüglich, wenn Samuel L. Jackson beginnt, den Blues zu singen. Erschwerden hinzu kommt, dass er es noch nicht einmal kann.
Deutlich wird dies am Ungleichgewicht der beiden Filmhälften. Am Anfang finden sich durchaus Bilder, die den öde-campigen Realismusbegriff des amerikanischen Indiefilms (in welchem ein White-Trash Paar aus Justin Timberlake und Christina Ricci irgendwie vielleicht sogar konsequent ist) übersteigen. Einige Montagesequenzen funktionieren in dieser Weise, vor allem jedoch der strukturelle Money Shot des Films, die Fesselung der blonden Ricci durch den tiefschwarzen Jackson. Einerseits zwar macht gerade dieses Blid, beziehungsweise vor allem dessen herausgehobene Stellung im Gesamtfilm die opportunistische Schlagseite nicht nur des Films, sondern der gesamten ihn umgebenden Industriesparte deutlich, andererseits artikuliert sich jedoch in diesen Szenen ein inhaltlicher und stilistischer Exzess auf allen Ebenen. Ein Exzess, der auf ein Kino verweist, das auf das immer mitgedachte, wenn auch in Black Snake Moan recht selten explizite ironische Augenzwinkern ebenso verzichtet wie auf die Rückübersetzung seiner Sujets in traditionalistischer, psychologisierender Weise.
Wie dieses Kino konkret aussehen könnte, bleibt im unklaren, zu kurz eröffnet Black Snake Moan diese Perspektive. Denn anschließend wird alles noch viel schlimmer. Der wenigstens noch auf interessante Weise grottige erste Filmabschnitt wird in eine nun vollends unerträgliche Erlösungsgeschichte übersetzt.
Nähme man die im ersten Abschnitt angelegte Allegorie auch nur halbwegs ernst, wäre dieses abscheuliche Ende gleich noch ein paar Stufen niederträchtiger, als es ohnehin schon ist. Aber mit politischer Kritik sollte man dem Film nicht auch noch kommen. Damit würde man Brewer entschieden zu viel Ehre erweisen.
Am allerschlimmsten wird es diesbezüglich, wenn Samuel L. Jackson beginnt, den Blues zu singen. Erschwerden hinzu kommt, dass er es noch nicht einmal kann.
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