Die "Hero Gang" überfällt mit einem Kampfroboter Juweliergeschäfte, ihr Anführer lässt von seiner Geliebten ein exaktes, vollmechanisches Abbild herstellen, was dem Original gar nicht gefällt. Der feminine Roboter fällt in die Hände eines vertrottelten Polizisten und seiner zwei noch vertrottelteren Sidekicks. Gemeinsam mit der mechanischen Maria bringen sie die Diebesbande zur Strecke.
Mit so einem Stoff kann man natürlich nicht viel falsch machen, ein wirkliches Meisterwerk kann daraus aber nur in Hong-Kong entstehen, und auch dort wahrscheinlich nur, wenn ein Meister seines Fachs, hier der Produzent Tsui Hark, seine Figer im Spiel hat. Denn I Love Maria, eine komplett durchgeknallte Mischung aus Science-Fiction-Gangsterfilm und Buddymovie ist in der Tat ein echtes Meisterwerk. Anstatt Blade Runner oder ähnlichen Filmen, deren Einflüsse unverkennbar sind, in die metaphysischen Abgründe auf der Suche nach dem Menschlichen oder was zu folgen, gibt Chungs Film von Anfang an Gas und nimmt alle möglichen Mensch-Maschine- und vor allem Genderdiskurse praktisch im Vorübergehen mit.
I Love Maria zeigt, was populäres Kino im Idelfall leisten kann. Diese aus tausend verschiedenen Filmen zusammengeklaute, dennoch nie postmodern-ironische Story, die in keinem Moment auf einen tieferen Sinn pocht und ihr Material so ernst nimmt, wie es es verdient, kann so unendlich viel mehr aussagen, als halbgares, gequält philosöfelndes Messagekino. Dass der Film außerdem ungefähr tausendmal so viel Spass macht, braucht wohl nicht mehr erwähnt zu werden.
Tuesday, January 31, 2006
Tuesday, January 24, 2006
Neoästhetizismus in Hollywood
Angesichts dreier neuer Hollywoodfilme, von mit zufällig in sehr kurzen Abständen gesehen, lässt sich die Frage, wie denn der Mainstreamfilm sich entwickeln könnte, ausgezeichnet behandeln. Will man einen gemeinsamen Nennen, bzw Fluchtpunkt finden, ist vor allem der Einsatz digitaler Techniken zu beachten und ihre Funktionsverschiebung, weg vom ausgestellten Effekt, hin zum Ornament. Erstes Zwischenresultat meinerseits: es blubbert, und zwar gewaltig.
Tony Scotts Domino ist sicherlich der sympatischste der drei Filme, eine rücksichtslose, aber selbstverständlich vollkommen naive und harmlose Actionkomödie, die mit pumpendem Gangsta-Soundtrack und Post-Mtv Cutting zumindest in einzelnen Abschnitten fast alles richtig macht. Verschiedenste Bildtypen werden wild ineinander montiert und erzeugen zumindest in den besten Momenten ein vom Plot denkbar weit entferntes hypnotisches Ensemble, dessen Organisationsprinzip aus der wechselseitigen Anziehung und Abstoßung der einzelnen Elemente zu bestehen scheint. Scott versucht gar nicht mehr, die Nebensächlichkeit der Handlungsebene zu kaschieren, die wichtigsten Plotpoints werden dem Zuschauer, der daran interessiert ist (ich wars nicht) mithilfe funktionaler Grafiken beigebracht. Diese innerhalb des Mainstreamkinos doch auch heute noch überraschend radikale Absage an das Kontinuitätsmodell korrespondiert mit dem anarchischen, auf größtmöglichste Heterogenität setzenden Montagemodell, sowohl auf der Bild- als auch auf der Tonebene. Zugegeben, der Film hat auch jede Menge Schwächen und deutlich mehr Sequenzen, die eben nicht nach obigem Prinzip funkäcnieren. Dennoch kann Domino als Beispiel gelten für den Bereich des Kinos, der seine Lektion aus MTV und dem Hong-Kong Film gelernt hat und sich anfühlt wie der kleinste gemeinsame Nenner aus "Viva La Bam", Hype Williams und Naked Killer.
Doch die neuen Gestaltungsmöglichkeiten können auch zu ganz anderen Zwecken gebraucht werden. Ein diesbezüglicher Ansatz kann man in Rob Marshalls Asienschnulze Memoirs of a Geisha beobachten. Ganz abgesehen von kolonialistisch/imperialistischen Fragestellungen, welchen sich der Film natürlich nicht entziehen kann, ist auch sein bildästhetisches Konzept fragwürdig. Der größte Teil des Films geht sowieso unter in dem Krieg, den amerikanische Kadrierung mit japanischer Ausstattung führt, doch in einigen Sequenzen ist tatsächlich ein spezifischer Stilwillen zu spüren. Und zwar in den Szenen, die im Garten spielen, in wundervoll bunten Farben, eingebettet in spiuegelnde Teiche und sanft rauschende Sträucher... Zugegeben, es sieht wirklich fantastisch aus, (wenn es auch immer noch nicht mehr bieten kann als eine sehnsüchtige Erinnerung an den Beginn von House of Flying Daggers, diese atemberaubenste Filmszene der letzten Jahre). Interessant ist jedoch der genaue Präsentationsmodus. Der Hintergrund wird oftmals so bearbeitet, dass das Bild wirklich exakt die impressionistische Malerei (bzw deren klischeeisierte Seerosenbilder etc) zu reproduzieren scheint, bevor es sich wieder in anderen - gleichfalls spektakulären Optiken auflöst. In Memoirs of a Geisha wird die digitale Technik also vorrangig dazu benutzt, neue Dimensionen des Kunsthandwerks zu erkunden. Dies ist natürlich auch keine neue Entwicklung, siehe etwa Mathilde, doch die Nonchalance, mit der Marshall in einem vorgeblich asiatischen Film eine europäische Kunsttraditionen in ihren konventionalisiertesten Ikonographien verwurstet, scheint mir doch in diesem Zusammenhang erwähnenswert. Die neue Freiheit in der ikonischen Ausgestaltung des Bildraums kann ohne Zweifel auch in einem Sammelsurium piktorialer Klischees enden, die wieder weit hinter die postmoderne Intertextualität zurück reicht.
Als vorläufiger Höhepunkt des neuen hollywoodianischen Ästhetizismus ist jedoch Marc Fosters Stay zu werten, ein inhaltlich recht öder, weil/obwohl verworrener Mysterythriler, dem es gelingt, die neuartigen ästhetischen Techniken tatsächlich in das Zentrum des Textes zu stellen (im Gegensatz zu Geisha, wo diese letzten Endes doch nur eine Nebenrolle spielen) und diesen dennoch im Rahmen der vom Narrativ dominierten Signifikantenketten zu belassen (im Gegensatz zum deterritorialisierten Domino). Der Anteil digital nachbearbeiteter Bilder ist wahrscheinlich noch höer als in Domino (wenn er nicht in beiden Fällen bereits bei 100% liegt), doch die Technik geht eine (unheinvolle?) Allianz mit den Filmcharakteren ein. Die stilisierten, jeder Dreidimensionalität beraubten Hintergründe - selbst eine Treppe verwandelt sich in Sekundenbruchteilen in ein abstraktes Muster - erscheinen als Funktionen der Figuren, bzw. deren Innerlichkeit und so als Strukturnotwendigkeit des Films. Am Ende, in den letzten Einstellungen, ist das Bild von digitalen Schlieren überzogen, die aber seltsamerweise davor zurückschrecken zu scheinen, die Filmfiguren zu konsumieren, die ja eigentlich aus anderem Stoff sind, anachronistisch.
Wie auch immer man zu dem Film stehen mag (ich mag ihn nicht): Stay ist sicherlich unter den drei besprochenen Filmen derjenige, anhand welchem sich am ehesten Aussagen über das Kino der Zukunft treffen lassen. Während Domino eine Ästhetik kultiviert, die doch etwas zu anarchisch ist, um dauerhaft im Mainstream bestand zu haben und Marshalls vulgär kunstgeschichtlicher Ansatz ist wohl nur in begrenztem Maße fruchtbar zu machen. In Stay dagegen behält die Menschheit auf groteke Weise die Deutungshoheit, die digitalen Welten werden wieder auf den Status von Projektionen zurück gebunden und damit rein funktional. Dieses Konzeot dürfte anschlussfähig genug sein.
Tony Scotts Domino ist sicherlich der sympatischste der drei Filme, eine rücksichtslose, aber selbstverständlich vollkommen naive und harmlose Actionkomödie, die mit pumpendem Gangsta-Soundtrack und Post-Mtv Cutting zumindest in einzelnen Abschnitten fast alles richtig macht. Verschiedenste Bildtypen werden wild ineinander montiert und erzeugen zumindest in den besten Momenten ein vom Plot denkbar weit entferntes hypnotisches Ensemble, dessen Organisationsprinzip aus der wechselseitigen Anziehung und Abstoßung der einzelnen Elemente zu bestehen scheint. Scott versucht gar nicht mehr, die Nebensächlichkeit der Handlungsebene zu kaschieren, die wichtigsten Plotpoints werden dem Zuschauer, der daran interessiert ist (ich wars nicht) mithilfe funktionaler Grafiken beigebracht. Diese innerhalb des Mainstreamkinos doch auch heute noch überraschend radikale Absage an das Kontinuitätsmodell korrespondiert mit dem anarchischen, auf größtmöglichste Heterogenität setzenden Montagemodell, sowohl auf der Bild- als auch auf der Tonebene. Zugegeben, der Film hat auch jede Menge Schwächen und deutlich mehr Sequenzen, die eben nicht nach obigem Prinzip funkäcnieren. Dennoch kann Domino als Beispiel gelten für den Bereich des Kinos, der seine Lektion aus MTV und dem Hong-Kong Film gelernt hat und sich anfühlt wie der kleinste gemeinsame Nenner aus "Viva La Bam", Hype Williams und Naked Killer.
Doch die neuen Gestaltungsmöglichkeiten können auch zu ganz anderen Zwecken gebraucht werden. Ein diesbezüglicher Ansatz kann man in Rob Marshalls Asienschnulze Memoirs of a Geisha beobachten. Ganz abgesehen von kolonialistisch/imperialistischen Fragestellungen, welchen sich der Film natürlich nicht entziehen kann, ist auch sein bildästhetisches Konzept fragwürdig. Der größte Teil des Films geht sowieso unter in dem Krieg, den amerikanische Kadrierung mit japanischer Ausstattung führt, doch in einigen Sequenzen ist tatsächlich ein spezifischer Stilwillen zu spüren. Und zwar in den Szenen, die im Garten spielen, in wundervoll bunten Farben, eingebettet in spiuegelnde Teiche und sanft rauschende Sträucher... Zugegeben, es sieht wirklich fantastisch aus, (wenn es auch immer noch nicht mehr bieten kann als eine sehnsüchtige Erinnerung an den Beginn von House of Flying Daggers, diese atemberaubenste Filmszene der letzten Jahre). Interessant ist jedoch der genaue Präsentationsmodus. Der Hintergrund wird oftmals so bearbeitet, dass das Bild wirklich exakt die impressionistische Malerei (bzw deren klischeeisierte Seerosenbilder etc) zu reproduzieren scheint, bevor es sich wieder in anderen - gleichfalls spektakulären Optiken auflöst. In Memoirs of a Geisha wird die digitale Technik also vorrangig dazu benutzt, neue Dimensionen des Kunsthandwerks zu erkunden. Dies ist natürlich auch keine neue Entwicklung, siehe etwa Mathilde, doch die Nonchalance, mit der Marshall in einem vorgeblich asiatischen Film eine europäische Kunsttraditionen in ihren konventionalisiertesten Ikonographien verwurstet, scheint mir doch in diesem Zusammenhang erwähnenswert. Die neue Freiheit in der ikonischen Ausgestaltung des Bildraums kann ohne Zweifel auch in einem Sammelsurium piktorialer Klischees enden, die wieder weit hinter die postmoderne Intertextualität zurück reicht.
Als vorläufiger Höhepunkt des neuen hollywoodianischen Ästhetizismus ist jedoch Marc Fosters Stay zu werten, ein inhaltlich recht öder, weil/obwohl verworrener Mysterythriler, dem es gelingt, die neuartigen ästhetischen Techniken tatsächlich in das Zentrum des Textes zu stellen (im Gegensatz zu Geisha, wo diese letzten Endes doch nur eine Nebenrolle spielen) und diesen dennoch im Rahmen der vom Narrativ dominierten Signifikantenketten zu belassen (im Gegensatz zum deterritorialisierten Domino). Der Anteil digital nachbearbeiteter Bilder ist wahrscheinlich noch höer als in Domino (wenn er nicht in beiden Fällen bereits bei 100% liegt), doch die Technik geht eine (unheinvolle?) Allianz mit den Filmcharakteren ein. Die stilisierten, jeder Dreidimensionalität beraubten Hintergründe - selbst eine Treppe verwandelt sich in Sekundenbruchteilen in ein abstraktes Muster - erscheinen als Funktionen der Figuren, bzw. deren Innerlichkeit und so als Strukturnotwendigkeit des Films. Am Ende, in den letzten Einstellungen, ist das Bild von digitalen Schlieren überzogen, die aber seltsamerweise davor zurückschrecken zu scheinen, die Filmfiguren zu konsumieren, die ja eigentlich aus anderem Stoff sind, anachronistisch.
Wie auch immer man zu dem Film stehen mag (ich mag ihn nicht): Stay ist sicherlich unter den drei besprochenen Filmen derjenige, anhand welchem sich am ehesten Aussagen über das Kino der Zukunft treffen lassen. Während Domino eine Ästhetik kultiviert, die doch etwas zu anarchisch ist, um dauerhaft im Mainstream bestand zu haben und Marshalls vulgär kunstgeschichtlicher Ansatz ist wohl nur in begrenztem Maße fruchtbar zu machen. In Stay dagegen behält die Menschheit auf groteke Weise die Deutungshoheit, die digitalen Welten werden wieder auf den Status von Projektionen zurück gebunden und damit rein funktional. Dieses Konzeot dürfte anschlussfähig genug sein.
Thursday, January 19, 2006
Kaalpurush, Buddhadep Dasgupta, 2006
Wer zwar in Berlin wohnt, aber keine Lust auf den Berlinalestress hat, sollte doch zumindest einen Film des Programms ansehen und zwar den indischen Panoramabeitrag.
Dasguptas Film ist mit einer technischen Brillanz erstellt, die heutzutage kaum noch anzutreffen ist. In einer Zeit, in welcher der 35mm-Film langsam aber sicher zum Auslaufmodell wird, zeigt Kaalpurush noch einmal das gewaltige ästhetische Potential des Mediums.
Montage spielt in Dasguptas Werk fast keine Rolle. Die wunderschöne Geschichte ständige Rekadrierungen innerhalb der bis ins Detail durchkomponierten Einstellungen erzählt. Die Kamerabewegungen sind perfekt auf die Figurenkonstellationen abgestimmt, und werden vom Setdesign unterstützt. Keine Aufnahme ist überflüssig, weder findet sich schäbige Poesie noch öder Funktionalismus. Kaalpurush verbindet die Menschen mit ihrer Umwelt genauso organisch wie mit ihrer Innerlichkeit, findet stets die richtigen Bilder für sein Material, das keiner Kategorisierung unterworfen wird. Jede Einstellung hat exakt denselben Status.
Hoffnungslos naiv erscheint Dasguptas Meisterwerk (denn nicht anders kann man den Film bezeichnen), doch abgesehen von der Tatsache, dass natürlich die unterschiedlichen kuturellen und ästehtischen Codes Deutschlands und Indiens berücksichtigt werden müssen, gönnt man dem Film seine Naivität, die so gar nicht berechnend ist, nicht nur in vollem Maße, sondern verlässt das Kino auch in der Gewissheit, das diese voll und ganz berechtigt ist.
Dasguptas Film ist mit einer technischen Brillanz erstellt, die heutzutage kaum noch anzutreffen ist. In einer Zeit, in welcher der 35mm-Film langsam aber sicher zum Auslaufmodell wird, zeigt Kaalpurush noch einmal das gewaltige ästhetische Potential des Mediums.
Montage spielt in Dasguptas Werk fast keine Rolle. Die wunderschöne Geschichte ständige Rekadrierungen innerhalb der bis ins Detail durchkomponierten Einstellungen erzählt. Die Kamerabewegungen sind perfekt auf die Figurenkonstellationen abgestimmt, und werden vom Setdesign unterstützt. Keine Aufnahme ist überflüssig, weder findet sich schäbige Poesie noch öder Funktionalismus. Kaalpurush verbindet die Menschen mit ihrer Umwelt genauso organisch wie mit ihrer Innerlichkeit, findet stets die richtigen Bilder für sein Material, das keiner Kategorisierung unterworfen wird. Jede Einstellung hat exakt denselben Status.
Hoffnungslos naiv erscheint Dasguptas Meisterwerk (denn nicht anders kann man den Film bezeichnen), doch abgesehen von der Tatsache, dass natürlich die unterschiedlichen kuturellen und ästehtischen Codes Deutschlands und Indiens berücksichtigt werden müssen, gönnt man dem Film seine Naivität, die so gar nicht berechnend ist, nicht nur in vollem Maße, sondern verlässt das Kino auch in der Gewissheit, das diese voll und ganz berechtigt ist.
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Monday, January 16, 2006
Match Point, Woody Allen, 2005
Woody Allens erster europäischer Film ist ein sehr gelungener und in vieler Hinsicht nahezu perfekt. Auf den Kontinentwechsel ist dies aber gerade nicht zurück zu führen - oder zumindest nicht in dem Sinne, der nahe zu liegen scheint. Denn auch wenn Allen seine Affinität zum europäischen Kino gerne betont, zeigt Match Point, deutlicher als manch anderer seiner Filme, wie amerikanisch seine Filme tatsächlich sind.
Zum Beispiel die Effizienz in der Figurendarstellung: die Charaktere offenbaren sich fast immer durch Handlungen und ihre Körperlichkeit (das zuckende Auge des Hauptdarstellers) aber nie durch von außen aufgedrückte Introspektion oder Regietricks. Hier steht er in einer langen amerikanischen Kinotradition, die allerdings in den letzten Jahren immer weniger sichtbar ist. So perfekt wie Allen beherrscht diese Technik heute höchstens noch Eastwood - der sich ebenfalls langsam aber sicher an den Rand der amerikanischen Kinolandschaft gedrängt sieht. Vielleicht wird man amerikanische Filme in diesem Sinne bald nur noch im Ausland drehen können.
In einzelnen Momenten (ähnlichen wie in anderen ernsten Filmen Allens) droht Allen diese Regeln zu vergessen und wendet sich z.B. unnötigen Traum- oder Affektbildern zu, die nicht seine Stärke sind und nie sein werden. Solange er sich jedoch auf seine Stärke als Dramatiker besinnt, gelingt ihm in Match Point fast alles.
Zum Beispiel die Effizienz in der Figurendarstellung: die Charaktere offenbaren sich fast immer durch Handlungen und ihre Körperlichkeit (das zuckende Auge des Hauptdarstellers) aber nie durch von außen aufgedrückte Introspektion oder Regietricks. Hier steht er in einer langen amerikanischen Kinotradition, die allerdings in den letzten Jahren immer weniger sichtbar ist. So perfekt wie Allen beherrscht diese Technik heute höchstens noch Eastwood - der sich ebenfalls langsam aber sicher an den Rand der amerikanischen Kinolandschaft gedrängt sieht. Vielleicht wird man amerikanische Filme in diesem Sinne bald nur noch im Ausland drehen können.
In einzelnen Momenten (ähnlichen wie in anderen ernsten Filmen Allens) droht Allen diese Regeln zu vergessen und wendet sich z.B. unnötigen Traum- oder Affektbildern zu, die nicht seine Stärke sind und nie sein werden. Solange er sich jedoch auf seine Stärke als Dramatiker besinnt, gelingt ihm in Match Point fast alles.
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Friday the 13th Part 2&3, Steve Miner, 1981/82
Die Filmserie um den nach Norman Bates ödipalsten aller Kinoserienkiller zeigt sehr schön, dass kommerzielles Kino sich umso mehr in seine einzelnen Bestandteile auflöst, je weiter man es in die Peripherie verfolgt und dadurch seine Wirkungsmechanismen noch deutlicher offenbart. Wie in den meisten Filmserien geht auch hier die Entwicklung von einer kohärenten, an zeitliche Ökonomie und motivische Sorgfalt orientierten Erzählung zu einer Folge zeitlich und räumlich deterritorialisierter, nur noch lose verknüpfter Schlüsselreize.
Der erste Teil ist bei den Friday the 13th Filmen insofern eine Ausnahme, als dass er erstens zu den schlechtesten der gesamten Reihe gehört und zweitens die Motive der anderen Teile nur zu einem relativ geringen Teil vorgibt. Kernstück der Serie sind die von Steve Miner inszenierten Teile 2 und 3, die Jason Vorhees' Ikonographie entgültig etablieren und ganz nebenbei hervorragend inszeniert sind.
Teil 2 ist ein klassischer Slasher ohne wenn und aber. Die temporale Organisation des Films ist perfekt, keine Szene fällt aus dem Schema, die Ort, Figuren und Motive sind nichts weiter als Funktionen der Erzählzeit. Die Figuren werden - wenn überhaupt - durch unübersehbare Requisiten (z.B. einen Rollstuhl) charakterisiert, auch die wertkonservativen Motive der Serie ordnen sich dem hier noch mit einem Bettlaken verhüllten Psychopathen unter.
Der Nachfolger dagegen weißt bereits erste Verschleißspuren auf. Zwar unterscheidet sich der Plot nur marginal von dem des Vorgängers, doch die wenigen Veränderungen (vor allem treibt eine Rockerbande ihr hässliches Unwesen und wird dafür zurecht bestraft) sorgt dafür, dass nicht nur die Propagierung der geistig-moralischen Wende um einiges schlagkräftiger wird als in Teil 2 (obwohl die diesbezüglichen Szenen durchaus hier schon hinreichend ironisch eingearbeitet werden und überhaupt - für wie blöd hält man Jugendliche eigentlich, wenn man einem Film wie diesem missionarisches Potential unterstellt), sondern beginnt auch, das hermetische Zeitgefüge und die strikte Kausallogik des Vorgängers aufzuweichen. An die Stelle der temporalen tritt die räumliche Kontinuität, gerade in der ersten Stunde definiert der Film seine Schauplätze kaum über ihren dramaturgischen Wert. Stattdessen verweist Miners Streifen stets auf sich selbst, auf die Vorgänger und das Genre. Auch die Figuren in Teil 3 erscheinen weniger funktional konzipiert.
So beginnt bereits in Teil 3 ein Prozess, der Jahre später sogar ins Weltall führen wird. Kausallogik weicht innerhalb des Textes peripheren Interessen, was natürlich vor allem auf die Marketingmaschinierie hinter dem Text verweist, der an solidem Handwerk weniger gelegen ist als am Franchise-Potential und die deshalb dafür sorgt, dass die Filme immer mehr Patchworkcharakter annehmen.
Der erste Teil ist bei den Friday the 13th Filmen insofern eine Ausnahme, als dass er erstens zu den schlechtesten der gesamten Reihe gehört und zweitens die Motive der anderen Teile nur zu einem relativ geringen Teil vorgibt. Kernstück der Serie sind die von Steve Miner inszenierten Teile 2 und 3, die Jason Vorhees' Ikonographie entgültig etablieren und ganz nebenbei hervorragend inszeniert sind.
Teil 2 ist ein klassischer Slasher ohne wenn und aber. Die temporale Organisation des Films ist perfekt, keine Szene fällt aus dem Schema, die Ort, Figuren und Motive sind nichts weiter als Funktionen der Erzählzeit. Die Figuren werden - wenn überhaupt - durch unübersehbare Requisiten (z.B. einen Rollstuhl) charakterisiert, auch die wertkonservativen Motive der Serie ordnen sich dem hier noch mit einem Bettlaken verhüllten Psychopathen unter.
Der Nachfolger dagegen weißt bereits erste Verschleißspuren auf. Zwar unterscheidet sich der Plot nur marginal von dem des Vorgängers, doch die wenigen Veränderungen (vor allem treibt eine Rockerbande ihr hässliches Unwesen und wird dafür zurecht bestraft) sorgt dafür, dass nicht nur die Propagierung der geistig-moralischen Wende um einiges schlagkräftiger wird als in Teil 2 (obwohl die diesbezüglichen Szenen durchaus hier schon hinreichend ironisch eingearbeitet werden und überhaupt - für wie blöd hält man Jugendliche eigentlich, wenn man einem Film wie diesem missionarisches Potential unterstellt), sondern beginnt auch, das hermetische Zeitgefüge und die strikte Kausallogik des Vorgängers aufzuweichen. An die Stelle der temporalen tritt die räumliche Kontinuität, gerade in der ersten Stunde definiert der Film seine Schauplätze kaum über ihren dramaturgischen Wert. Stattdessen verweist Miners Streifen stets auf sich selbst, auf die Vorgänger und das Genre. Auch die Figuren in Teil 3 erscheinen weniger funktional konzipiert.
So beginnt bereits in Teil 3 ein Prozess, der Jahre später sogar ins Weltall führen wird. Kausallogik weicht innerhalb des Textes peripheren Interessen, was natürlich vor allem auf die Marketingmaschinierie hinter dem Text verweist, der an solidem Handwerk weniger gelegen ist als am Franchise-Potential und die deshalb dafür sorgt, dass die Filme immer mehr Patchworkcharakter annehmen.
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Wednesday, January 11, 2006
A Dirty Shame, John Waters, 2004
Lange verspürte ich keine rechte Lust, mir das neue John Waters-Werk anzusehen. Den Grund dafür weiss ich nicht recht anzugeben, gehöre ich doch zu denen, die an Waters gezähmten Werken der 90ern nicht allzuviel auszusetzen hatten (und Cecil B. Demented fand ich sogar richtig gut). Vielleicht hatte mich ja Johnny Knoxville abgeschreckt, den ich für "Jackass" liebe aber dessen Filmkarriere ich eigentlich nichts abgewinnen konnte - bis ich mir nun doch A Dirty Shame angeschaut habe.
Denn Waters Neuer ist in jeder Hinsicht ein Fest. Denn A Dirty Shame kehrt fast vollständig zum Stil seiner 70er Jahre Werke zurück und wird wieder mal von einem bombastischen Soundtrack begleitet, der allein den Genuss des Werkes schon wert ist. Man könnte meinen, die heute allgegenwärtigen Obszönitäten (unter anderem aus dem Knoxville-Umfeld) würden den Spass an Waters Genital-Fäkal Overkill ein wenig abschwächen, aber so geballt und präzise und vor allem: so lustig bekommt es eben doch nur Waters hin, der von einem wunderbar aufgelegten Cast unterstützt wir.
Hinzu kommen die herrlich designten Sequenzen, die den Übergang von einem Erregungszustand in einen höheren (was ist damit gemeint? Film anschauen!) verdeutlichen und das beste aus 40 Jahren Exploitation Kino in wunderbarer Weise vereinen. Das ist meilenweit entfernt von den im Vergleich recht öden Zitaten in Serial Mom (obwohl der so schlecht nun auch wieder nicht ist).
Bleibt zu hoffen, dass das angekündigte Hairspray Remake auch hält, was ich mir davon verspreche.
Denn Waters Neuer ist in jeder Hinsicht ein Fest. Denn A Dirty Shame kehrt fast vollständig zum Stil seiner 70er Jahre Werke zurück und wird wieder mal von einem bombastischen Soundtrack begleitet, der allein den Genuss des Werkes schon wert ist. Man könnte meinen, die heute allgegenwärtigen Obszönitäten (unter anderem aus dem Knoxville-Umfeld) würden den Spass an Waters Genital-Fäkal Overkill ein wenig abschwächen, aber so geballt und präzise und vor allem: so lustig bekommt es eben doch nur Waters hin, der von einem wunderbar aufgelegten Cast unterstützt wir.
Hinzu kommen die herrlich designten Sequenzen, die den Übergang von einem Erregungszustand in einen höheren (was ist damit gemeint? Film anschauen!) verdeutlichen und das beste aus 40 Jahren Exploitation Kino in wunderbarer Weise vereinen. Das ist meilenweit entfernt von den im Vergleich recht öden Zitaten in Serial Mom (obwohl der so schlecht nun auch wieder nicht ist).
Bleibt zu hoffen, dass das angekündigte Hairspray Remake auch hält, was ich mir davon verspreche.
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Wednesday, January 04, 2006
Wojna swiatow – nastepne stulecie, Piotr Szulkin, 1981
Diese polnische Version von Krieg der Welten (wie originalgetreu sie ist, weiss ich nicht, angesichts der beiden amerikanischen Verfilmungen ist aber anzunehmen: nicht allzu sehr) beginnt und endet als teils recht platte, manchmal jedoch durchaus inspirierte Medienkritik - natürlich ist mal wieder das Fernsehen das Böse. Auch im damals noch real existierenden Sozialismus scheint Technikfatalismus nicht unbekannt gewesen zu sein, was zu ähnlichen Ergebnissen führt wie im westlichen Gegenstück Network, Systemkritik verschwindet hinter undifferenzierter Medienanklage, hier verbunden mit einer Prise Orwellscher Überwachungsstaatparanoia, wiewohl diese natürlich im sozialistischen Polen durchaus heikel gewesen sein dürfte - doch als politische Parabel sollte man Wojna swiatow nun wirklich nicht lesen.
Denn dieses Verfahren - in grundsätzlich langweiligen Filmen eine irgendwo versteckte subversive Botschaft aufzuspüren, um realsozialistische Kinematographien aufzuwerten - hat Szulkins Film nicht nötig. Gerade der Mittelteil des Films erreicht durch einige, scheinbar nebensächliche Episoden, eine Dichte, die dem "politischen" Teil des Films nicht immer gelingen will. Die seltsamen Marsmenschen, Kinderdarsteller in silbernen Ballonanzügen sind um ein Vielfaches Ausserirdischer als die CGI Kreaturen moderner Space Operas, verschaffen dem Film einen tatsächlich non-reales Aussehen, verstärkt durch eine schwer definierbare sexuelle Energie, die stets präsent ist, aber nur einmal kurz ausbrechen darf. Hinzu kommen die seltsam anmutenden Dekors in den wenigen wirklich phantastischen Sequenzen, der Verzicht auf jegliche Special Effects (die Landung der Marsmenschen ist der rückwärts abgespielte Start einer Mondrakete) und absurder Hardrock.
Auch wenn es ein cinephiles Klischee ist: Alles in allem um einiges lohnender als die Spielberg Version, die außer einiger sehr kraftvollen Szenen doch eher lieblos zusammengeschustert erscheint.
Denn dieses Verfahren - in grundsätzlich langweiligen Filmen eine irgendwo versteckte subversive Botschaft aufzuspüren, um realsozialistische Kinematographien aufzuwerten - hat Szulkins Film nicht nötig. Gerade der Mittelteil des Films erreicht durch einige, scheinbar nebensächliche Episoden, eine Dichte, die dem "politischen" Teil des Films nicht immer gelingen will. Die seltsamen Marsmenschen, Kinderdarsteller in silbernen Ballonanzügen sind um ein Vielfaches Ausserirdischer als die CGI Kreaturen moderner Space Operas, verschaffen dem Film einen tatsächlich non-reales Aussehen, verstärkt durch eine schwer definierbare sexuelle Energie, die stets präsent ist, aber nur einmal kurz ausbrechen darf. Hinzu kommen die seltsam anmutenden Dekors in den wenigen wirklich phantastischen Sequenzen, der Verzicht auf jegliche Special Effects (die Landung der Marsmenschen ist der rückwärts abgespielte Start einer Mondrakete) und absurder Hardrock.
Auch wenn es ein cinephiles Klischee ist: Alles in allem um einiges lohnender als die Spielberg Version, die außer einiger sehr kraftvollen Szenen doch eher lieblos zusammengeschustert erscheint.
Sunday, January 01, 2006
Top 10 2005
Hier meine, ursprünglich für critic.de erstellte Bestenliste des nun endlich abgelaufenen Jahres 2005. Berücksichtigt sind nur Filme, die bis Ende November einen Deutschlandstart hatten.
1. Tropical Malady
2. Die Reise ins Glück
3. Star Wars Episode 3 - Die Rache der Sith
4. House of Flying Daggers
5. Die Vogelpredigt oder das Schreien der Mönche
6. Dumplings
7. Bin Jip
8. Nobody Knows
9. Million Dollar Baby
10. 2046
Zu den ersten beiden finden sich Würdigungsversuche hier und hier.
2046 müsste wahrscheinlich U-Carmen weichen, der damals noch nicht gestartet war...
1. Tropical Malady
2. Die Reise ins Glück
3. Star Wars Episode 3 - Die Rache der Sith
4. House of Flying Daggers
5. Die Vogelpredigt oder das Schreien der Mönche
6. Dumplings
7. Bin Jip
8. Nobody Knows
9. Million Dollar Baby
10. 2046
Zu den ersten beiden finden sich Würdigungsversuche hier und hier.
2046 müsste wahrscheinlich U-Carmen weichen, der damals noch nicht gestartet war...
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