Friday, January 23, 2009

In passing: Berlinale 2009

Land of Scarecrows / Heosuabideuleui ddang, Roh Gyeong-Tae, 2008

Panasiatisches Kunstkino gone bad. Panasiatisch schon programmatisch, der Film spielt zwischen Südkorea und den Philippinen: Transgendermann + Performancekünstler aus Südkorea holt Braut aus den Philippinen, die wiederum in Korea dann einen anderen kennenlernt, der gebürtiger Philippino ist. Dazwischen tauchen Fische mit Menschenköpfen auf und Müll wird in den Boden gekippt. Die Einstellungen sind lang, die Räume diskontinuierlich, geredet wird wenig und wenn doch, dann Blödsinn. Die These ist bestenfalls, dass Südostasien z.Z. ebenso krumm und schief zusammenwächst (vielleicht via der Wirtschaftszone ASEAN + 3, die als regionales Gegengewicht zu den bilateralen Verträgen der einzelnen Nationalstaaten mit den USA in den Startlöchern steht) wie auch Mensch, Tier und Pflanze immer krummer und schiefer durcheinander wachsen. In der einzigen lustigen Szene des Films beginnt ein diesem krummen und schiefen Treiben überdrüssiger Priester seinen agitierten Monolog so ungefähr mit den Worten "Everything fucks everything".
Wahrscheinlich will der Film das krumme und schiefe queertheoretisch als neue Norm einsetzen und affirmieren. Nicht nur Transgender, sondern auch Hunde mit zwei Köpfen und radioaktiv verseuchte Gurken. Das Problem ist natürlich nicht, dass der Film dem agitierten Priester widersprechen möchte, sondern dass er eben das nicht auf die Reihe bekommt. Denn Leider bleibt der Versuch mit schöner Regelmäßigkeit einerseits in der beharrlichen Diskursverweigerung seiner erkaltet-modernistischen Ästhetik und andererseits in den prätentiösesten Klischeebildern stecken. Man kennt das: Da läuft ein Mann in einer Totalen eine ansonsten menschenleere Straße herunter, auf die Kamera zu. Meistens ist dann auch noch schlechtes Wetter. Er hat nichts zu sagen und tut es dann auch nicht.
Im Forum tut man sich doch manchmal schwer, Gegenargumente wider die pauschalen, populistischen Attacken aufs "Festivalkino" zu finden.

Kan door huid heen / Can Go Through Skin , Esther Rots, 2008

Body Cinema gone (nicht ganz so) bad. Erst trennt Marieke sich von ihrem Freund, dann wird sie, nachdem sie gerade noch dabei war, voller Energie neue Dates aufzutun, in der eigenen Wohnung überfallen und um ein Haar ermordet. Bald flieht sie aufs Land, in ein einsames, heruntergekommenes Bauernhaus. Dort schläft sie im Küchenschrank und wird anfangs von jedem Geräusch fast zu Tode erschreckt, vor allem dann, wenn hinter dem Geräusch eine männliche Geräuschquelle zu vermuten ist.
Kan door huid heen möchte mit aller Kraft eins werden mit den Affekten Mariekes. Der Film ist nicht einfach nur aus ihrer Perspektive erzählt, sondern erschrickt, hofft, freut sich und halluziniert mit ihr. Selten wählt Rots den optischen Point of View, eher geht es darum, die Sensationen gleichzeitig via Kamera (und via Tonspur) zu erleben und in Mariekes Körperlichkeit nachvollziehen zu können. Rifka Lodeizen geht dabei als Hauptdarstellerin volles Risiko. Über weite Strecken des Films bleibt sie alleine im Bild, sie schreit, tobt und macht, dass es eine Art hat. Der Film springt ihr noch jedesmal bei und verdoppelt respektive literalisiert, was er seiner Hauptdarstellerin im Kopf herumspuken lässt. Den Angreifer fantasiert sie sich in das Bauernhaus, gefesselt an einen Balken und ihr ausgeliefert, der Film liefert die entsprechenden Bilder.
Etwas ungelenk wirken diese Exzesse des Körperlichen oft, aber nicht halb so ungelenk wie die fürchterlichen Norah-Jones-Imitate auf der Tonspur, schauderliche Indie-Popsongs, die gleich noch einmal in ihren Texten verdoppelt, was schon davor zwei, drei und vierfach in Bild und Ton gesetzt wurde, zwar nur drei an der Zahl, aber das sind schon drei zuviel. Wo die interessanteren Body-Filme auf Brüche setzen, die zwischen Körperlichkeit und filmischer Materialität aufscheinen, versucht Kan door huid heen die totale Synthese und landet damit bei einer doch recht reaktionären Form.
Rots möchte Intensitäten gegeneinander schneiden anstatt Plotpoints, doch die frenetischen Montagen während Mariekes Effektexzessen sehen eher aus wie schlecht gemachte Musikvideos. Am Ende wird dieses Musikvideo dann auch inhaltlich reichlich reaktionär, wenn Marieke und der Film ihre Ruhe so schlicht wie einfach in den Armen eines zufällig anwesenden neuen Mannes finden.

2 comments:

Anonymous said...

Kannst du nicht doch wegen der Umlaute etwas unternehmen? Das ist auf Dauer wirklich extrem ärgerlich. Für mich stört es den Lesefluß.

Lukas Foerster said...

ja, ich denke, ich werde demnächst die Schriftart wechseln, mal sehen