Monday, March 12, 2018

Liebe, externalisiert

Ein Lieblingsmoment in The Love Eterne: Betty Loh Ti hat die Charade, die sie vorher aufgeführt hatte, hinter sich gelassen und darf endlich enthemmt leiden. In Tränen aufgelöst liegt sie in ihrem Zimmer - und dann drängt Musik durchs Fenster herein; festlich-beschwingte Musik, nicht unähnlich jenen Melodien, die den Film schon vorher geprägt hatten, zu denen sie vorher selbst gesungen und verliebte Blicke geworfen hatte. Jetzt zeigt die Musik allerdings die Versiegelung ihrer Zukunft an: die Heirat mit dem falschen Mann, mit einem "Playboy", der im Film selbst gar nicht richtig aufzutauchen braucht, um das Publikum von seiner Niederträchtigkeit zu versichern. Der Hochzeitszug kommt, um sie zu holen.
Das ist auch ein Maß für die Größe des Films: Das Glück der Liebenden evoziert er, obwohl es ein bloßer Wunschtraum bleibt, derart reichhaltig und vielschichtig, dass er dem Unglück, das sich im Gegenteil zum Glück tatsächlich einstellt, kaum szenische Repräsentanz zubilligen muss. Es wird einfach als das Gegenteil, oder die Abwesenheit des Glücks gesetzt und muss deshalb schlimmer sein als alle Höllenqualen. Stattdessen kehrt der Film, wieder und wieder, zu jenen Orten und Bildern zurück, die, streng genommen, nicht Orte und Bilder der Liebe sind, sondern die an die Stelle der Liebe treten: Anstatt dass die Liebenden zusammengefunden haben, sind sie über eine Brücke gelaufen und haben sich Tiere angeschaut. Später läuft einer der beiden alleine über dieselbe Brücke und erinnert sich daran, wie er mit der Geliebten auf die Tiere geblickt hat; und noch später singt er vom gemeinsamen Gang über die Brücke und dem gemeinsamen Blick auf die Tiere. Die Liebe wird erst von Bildern ersetzt, und dann von Worten.
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Ähnlich funktioniert das auch in The Kingdom and the Beauty, einem nur scheinbar weniger komplexen Film. Denn die geradlinige Handlung (die allerdings immer wieder von der Frage abgelenkt wird, was eigentlich ein Emperor ist) löst sich nach der Hälfte des Films auf und verwandelt sich in ein Erinnerungskabinett. Die Liebe ist ebenfalls an Orte delegiert, und sie findet materialisiert sich außerdem als ein rotes Taschentuch. Entscheidend ist dabei eine Verschiebung: Es ist nicht etwa so, dass der Emperor das Taschentuch verliert, weil er seine Geliebte vergessen hat, sondern genau umgekehrt: weil er das Taschentuch verliert, vergisst er auch die Frau. 

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