Tuesday, February 20, 2007

Berlinale 2007: Lady Chatterley, Pascale Ferran, 2006

Pascale Ferrans Lady Chatterley-Verfilmung war ein weiteres spätes Highlight der Berlinale und zeigt, ähnlich wie Techines Les Temoins oder Rivettes Ne touchez pas la hache (dort natürlich noch um einiges mehr Hochkultur, aber auch das funktioniert hervorragend), wie gutes Arthauskino aussehen kann, und wie es wohl tatsächlich meist nur Franzosen, bzw. hier Französinnen hinbekommen.
Im Prinzip sind die Figuren von Anfang an determiniert, schließlich geht es um Lady Chatterley, um den Ausbruch aus der bürgerlichen Ehe und die Flucht über Klassenschranken hinweg in eine befreite Sexualität. Dennoch erreicht Ferrans Film mit einfachen Mitteln und ohne sich weit von der Vorlage zu entfernen eine Subtilität, die in dem Material eigentlich gar nicht enthalten zu sein scheint. Lady Chatterleys Ehe mit Clifford und damit die gesamteWelt der Bourgeosie ist hier nicht nur ein allumfassendes, lustfeindliches Gefängnis, sondern für alle Beteiligte ein Raum für unterschiedliche soziale Praktiken, die durchaus heterogen sind. Und Parkin repräsentiert - trotz entblöstem Oberkörper - nicht von vorn herein die entfesselte Sexualität oder die Befreiung von den Fesseln der Konvention. Im Gegenteil ist der Gärtner vor allem bürgerlich konnotiert, trägt stets saubere Hemden und schaltet beim Sex das Licht aus. An der Wand hängt ein Hochzeitsfoto. Die Affäre ist für Parkin mindestens ebenso eine Befreiung wie für Lady Chatterley.
Vermittelt werden alle Beziehungen über die Natur. Die Liebenden treffen sich in den Wäldern und Clifford bleibt mit seinem seltsamen motorisierten Rollstuhl auf einer Wiese stecken. Immer wieder entfernt sich die Kamera von den Figuren und schreibt sie in ihre grün leuchtende Umgebung ein. So scheint sich die kurzfristige Relativierung sozialer Kategorien vor allem über die Natur zu vermitteln. Um wieviel intelligenter und dezenter sind diese Bilder als die aufdringliche Blumenfilmerei in Marie Antoinette. Doch schon alleine der erste Ansatz dieses Vergleichs scheint Ferrans Film ungebührlich zu beschmutzen.

No comments: