Wednesday, May 04, 2011

Step Up 3D, Jon Chu, 2010

"You're a filmmaker!" sagt Natali zu Luke, als sie sieht, wie der an seinem Laptop Tanzvideoclips mithilfe stylischer Videoschnittechnik ineinander schraubt. Und natürlich hat sie recht. Jon Chu (Step Up 2: The Streets, Step Up 3D, Justin Bieber: Never Say Never) ist ein "filmmaker", warum also soll nicht auch der "Tänzer" Luke einer werden. Ein wenig später gelingt ihr der endgültige Beweis: Ein Flyer des UCLA-Filmprogramms ziert ein schicker Jungregisseur mit Kamera im Anschlag. "Look at that, he looks almost like You!". Damit ist alles klar; Luke verlässt die drecken Straßen New Yorks und bricht am Ende des Films auf in Richtung LA, wird filmmaker. Because they all look alike, anyway.
Dass die Karriereplanung durch die Ähnlichkeit mit einem Werbefoto determiniert und dann nicht mehr hinterfragbar ist, passt sehr gut in diesen Film. Die zweite Hauptfigur neben Luke ist ein College-Freshman namens, auch das denke ich mir nicht aus: Moose. Moose ist auf der Welt, um ihre bunteren Betandteile awesome zu finden, er gerät auf dem ersten Gang über das Campus in ein dance battle (awesome) und bleibt darin einen Film lang stecken. Die Jugendfreundin, die er darüber vernachlässigt, kann ihm dies schon deshalb nicht übel nehmen, weil selbst sie erkennen kann, dass da keine Innerlichkeit ist, die es zu teilen gäbe.
Gesehen habe ich den Film als 3D-Blu-Ray. In diesem Modus wird der Film endgültig zum antihumanistischen Pamphlet. Die "Tanzszenen" möchte man so schon nicht mehr wirklich nennen, es sind halt choreografierte Bewegungen im Raum, aber bereits zu der Musik, die ihr unterlegt ist, haben sie nicht das geringste Verhältnis, schon gar nicht zu irgendeiner Idee von innerem Ausdruck, körperlicher Kommunikation oder Erotik. Die 3D Technik wird auf den Körper losgelassen und entmenschlicht ihn, absurd lange Gliedmaße recken sich Richtung Kamera und Zuschauer, Köpfe bouncen vom Körper weg, aus dem Fernseher heraus. Eher unbeholfen wirkt zwischendurch eine Hommage ans klassische Musical (genauer gesagt: an die Müllkorbdeckelnummer aus It's Always Fair Weather), viel wohler fühlt sich der Film bei seinen underground street battles; da beobachtet er eine Spezies, die ganz eine des Kinos ist.
Es lohnt sich doch immer wieder, ganz tief ins postmoderne Popkino hinein zu gehen, dahin, wo sich hinter den smarten, opportunistischen Hippster- und Nerdfilmen wieder naive Autorenpositionen formulieren (siehe auch: Resident Evil: Afterlife und Ninja Assassin). Jon Chu wird man im Auge behalten müssen, der Mann weiß, was er will und er findet sogar Raum für eine "filmtheoretische" Szene, in der er seinen Begriff von Kino vergegenständlicht. Ein romantisches Date auf einem Hausdach mit Blick über den East River auf New York. Beide stehen über einem Schacht, der heiße Luft nach oben bläst. Sie haben jeweils ein farbstoffgesättigtes Zuckergetränk in der hand und lassen die Flüssigkeit in die Höhe entschwinden. Da fließt dann pure Farbe aus Strohalmen, verharrt ein paar Augenblicke in der Schwebe und schwirrt dann in Richtung Himmel. Moose findet's awesome (oder war es Luke? Aber das ist nun wirklich völlig egal).

1 comment:

Rajko Burchardt said...

Fantastische Widergabe. Mit Sicherheit reicher als der Film. Danke dafür.