Tuesday, October 04, 2011

in passing: Death Wish 1 & 2, Michael Winner, 1974 & 1982

Dass Michael Winner ein Nichtskönner sondergleichen ist, wusste ich schon vorher. Aber die beiden ersten Death-Wish-Filme sind doch noch viel schlimmer, als ich sie mir immer vorgestellt hatte. Der erste meint seine politische Agenda immerhin noch ernst und leitet sie sogar kulturhistorisch aus dem Western ab (natürlich auf eine fürchterlich dumme Weise, die alles Dialektische am Western und dessen Verhältnis zum Gesetz ignoriert; man kann das, glaube ich, schon an der ungelenken Montage der Show-Schießerei ablesen). Death Wish 1 hat noch das Bedürfnis, sich gegen etwas zu positionieren. Der zweite ist dann nur noch stumpfes Faschokino, dem keine Differenz mehr zugrunde liegt, weil es nur noch nachvollzieht, was es selbst für den Lauf der Welt hält. Leider liegt er damit, rückblickend, gar nicht so falsch, siehe Mike Davies, City of Quartz. Viel schlimmer als Filme, die über die Wirklichkeit lügen sind Filme, die sich der Lüge gewordenen Wirklichkeit ergeben.

3 comments:

Der Außenseiter said...

Wow! Da ist wirklich enorme ideologische Ablehnung erkennbar. Da weiß ich, als jemand der Michael Winner im Allgemeinen und die "DEATH WISH"-Filme im Besonderen sehr schätzt, ja schon gar nicht mehr, wo ich zu einer Ehrenrettung ansetzen soll. Natürlich ist es schwer bei so einem brisanten Thema objektiv zu bleiben und Deine enorme Ablehnung zeigt mir, dass Michael Winners Film auch nach fast 40 Jahren noch in der Lage ist die Gemüter zum Kochen zu bringen, oder zumindest reine Ablehnung zu erzielen. Aber reine Ablehnung ist id.R. nur da, wo man emotional zu stark angesprochen wurde. Das bedeutet natürlich nicht, dass die reine Ablehnung nicht gerechtfertigt wäre, aber zumindest, dass eine emotionale Aufarbeitung (erst mal) nicht möglich erscheint. Am vergangenen WE bspw. wurden meine Frau und ich von einer Gruppe bestehend aus ca. 6-8 Männern überfallen. Sie kamen uns besoffen und grölend entgegen und wir hatten leider keine Chance zum Ausweichen. Als wir uns versuchten an der Wand entlang zu drücken rief einer nur "Dumme Drecksfotze" und schlug meine Frau und mich nieder. Ich konnte mich noch über meine schwangere Frau werfen und anschließend traten mindestens vier der Typen auf uns ein. Man nahm meiner Frau die Tasche ab, in der unser Geld für diesen Monat war (dummerweise hatten wir gerade alles abgehoben) und ging dann lachend fort. Ich konnte noch die Five-Finger-Clap-Hands beobachten. Meine Frau und ich rannten zum nächsten Polizeirevier, welches praktisch um die Ecke lag und es dauerte mehrere Minuten, bis man aktiv wurde, weil man uns erst mal genau befragen wollte, für den Fall, dass wir uns das gegenseitig angetan haben sollten und hier jetzt nur etwas erfinden. Die Polizei rückte dann schließlich aus, konnte aber niemanden finden, der unserer Personenbeschreibung entsprach. Wir wurden dann 1 1/2 Stunden verhört und durften dann die Wache verlassen. Der abschließende Kommentar des Polizisten war: "Sowas passiert leider andauernd. Da können wir nicht viel machen." Das hat mein Weltbild nun nicht ins Wanken gebracht, denn ich lebe in der Realität und ich würde niemals befürworten, dass man nun mit der Waffe in der Hand Jagd auf diese Typen machen sollte, aber ich finde es schon faszinierend, wie Winner die Emotionen zum pulsieren bringt. Insbesondere wenn man realsoziologische Aspekte - Steigerung der Kriminalität in den USA von den 1960ern auf die 1970er um 200 % - berücksichtigt. Zu Beginn meiner Studienzeit habe ich für eine wissenschaftliche Arbeit in der Evolutionspsychologie im Rahmen der "Cheater-Detection-Analyse" EIN MANN SIEHT ROT mal als mustergültiges Beispiel in den modernen Meiden angeführt. Vielleicht etwas trocken, aber ich verlinke es trotzdem mal. http://www.uni-saarland.de/media/fak5/orga/PDFs/materialien/mammut_tv.pdf

Lukas Foerster said...

Oh, da möchte ich jetzt gar nichts weiter zu den Filmen schreiben. Ich hoffe nur, ihr habt das gut überstanden und werdet nie wieder mit solchen Typen konfrontiert.

Der Außenseiter said...

Danke für Deine Anteilnahme. Ich habe versucht es so wenig emotional wie möglich zu beschreiben. Genau die Art von Emotionen, die uns unmittelbar danach durchfuhren und natürlich auch jetzt noch, sind es, die Winner für seine Manipulationen nutzbar machen kann. Das kann man verdammen, aber so sehr Unrecht hat er mit seiner Polemik auch nicht. Vor allem im Hinblick auf urbane Lebensentwürfe. Weiterhin darf man nicht übersehen, dass Winner Brite ist. Die Filme sind ein Stück weit auch sein Blick auf die USA oder wie er mal über DEATH WISH III meinte, eben dass was das Publikum doch behauptet immer gerne sehen zu wollen. Das Thema der selbstjustiziellen Retribution ist auf jeden Fall immer ein heißes Eisen.