Es gibt schon: Figuren und ihre Bezüge aufeinander. Alan Tang ist der ältere Bruder und schwebt, wirbelt durch den Film, ohne ihn je wirklich zu berühren, knallt Dutzende Gegner im Vorbeigehen ab, ohne eine Mine zu verziehen oder den Mantel abzulegen, Simon Yam ist der jüngere Bruder und er kann das nicht ab, dieses Schweben und Sich-nicht-kümmern, er legt die Stirn in Falten, erschießt den Vater und knallt danach noch zwei weitere Kugeln in die Luft (die Art von unmotiviertem Schießen ist das, die mir gefällt: als würde sich da etwas artikulieren, was anders nicht artikulierbar ist). Alan Tang verbündet sich dann mit Andy Lau, einem Kleinstadtschläger, einem Provinz-James-Dean in Unterhemd und Lederjacke (einen großen Auftritt hat Lau bei der Jukebox), der tatsächlich mit einer Variation auf die Mutprobe in Rebel Without a Cause eingeführt wird. Weil das hier Hongkongkino ist und dann auch noch ein Film vom hongkongigsten aller Hongkongregisseure, sind die beiden Kontrahenten gefesselt und das Fahrzeug, das sich auf den Abhang zubewegt, brennt lichterloh.
So ernst ist es dem Film nicht mit den Figuren. Alle tragen sie ihre eigenen (Vor-)Namen: Alan, Andy, Simon, die Frauen Monica (Krankenschwesterengel, fast schon dreyeresk) und Carrie (der einige der großartigsten Szenen gehören, zB, wenn sie sich, als sie den Bruder beim Sex überrascht, von außen an dessen Schlafzimmertür schmiegt und nach eigenen erotischen Abenteuern lechzt). Eine kleine Familienunternehmung ist das, nicht wirklich durchdacht, die Fiktionsbehauptung hat kein großes Gewicht. Vor allem gibt es viel zu viel Handlung (Drehbuch: Wai Ka-Fai immerhin), als dass sich da wirklich etwas entfalten könnte. Andauernd neue Unterbosse, die sich gegenseitig überfallen, andauernd werden irgendwo ein paar Anzugsträger zusammengeschossen. Doch manchmal genügt dem Film eine Szene, um eine Existenz ganz und gar zu fassen zu bekommen, noch bevor sie richtig Figur werden könnte. Zum Beispiel einen drogensüchtiger Kleinkrimineller, der stoned am Balkon klebt und für ein, zwei großartig düstere Minuten mit dem eigenen Tod kokettiert. Und überhaupt gibt es an jeder Ecke etwas Sonderbares, Wunderbares zu entdecken. Wie frei der Blick wird, wenn er nicht mehr nach dem Gesamtkunstwerk suchen muss.
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