Saturday, March 21, 2015

Ítél a Balaton, Pál Fejös, 1932

Der erste Film, den ich von Fejös gesehen habe. Gleich auf Anhieb Begeisterung. Schon wie die ersten Einstellungen, Aufnahmen der platten, aber immer schon ornamental, fast dramaturgisch durch Vordergrundobjekte gerahmten gleißend illuminierten Weite des Balaton den Blick schulen... (Dazu in der deutschen Fassung ein mystizistisch schwadronierender Voice Over, vorgetragen in einer Stimme, die den Unsinn, die sie vorträgt, in ihrem Tonfall mimetisch zu verdoppeln sucht - Werner Hochbaums Synchronbearbeitung ist nicht gerade eine Meisterleistung, das beste, was man über sie sagen kann, ist, dass sie sich nicht in den Vordergrund drängt und deshalb dem Film nicht viel anhaben kann.)

Eine Weile springt Ítél a Balaton dann hin und her zwischen dokumentarisch anmutenden Passagen (ethnografische Miniaturen vom Fischfang, liebliche Naturpanoramen, dazu viel Gesang) und einem Melodram, bei dem eine Frau zwischen drei Schnurrbärten zerrieben zu werden droht: Der buschig bebärtigte Vater will, dass sie einen braven, etwas lethargischen Allerweltsschnurrbart ehelicht, sie hat es auf einen schmalen, hochenergetischen, immer etwas schief und ungehörig über ewig bebenden, entsetzlich blassen Lippen klebenden Extremistenschnurrbart abgesehen. Und der auf sie. Toll ist dann, wie auch die dokumentarischen Bilder von den freidrehenden Schnurrbärten heimgesucht werden. Der schmale, nervöse Bart vor allem zerstört jeden billigen Eindruck autarker Ursprünglichkeit, wenn er wild entschlossen durchs Dorf stapft. "Du kannst Deine Frau nicht halten, deshalb fängst Du auch keine Fische mehr," meinen die anderen Männer des Dorfes derweil zu seinem Kontrahenten. Die Gemeinschaft zersetzt sich selbst, die Produktion stockt.

Am Ende, nach einer ziemlich wahnwitzigen Szene, in der sich die Dorffrauen wie die einzelnen Beeren eines Traubenbündels (eine elegantere Formulierung konnte ich trotz Wikipedia auf die Schnelle nicht auftreiben) um ein Kruzifix versammeln, an dem ein seltsam unplastischer Jesus eher klebt als hängt, stellen sich auch die Elemente ganz in den Dienst der selbst- und gesellschafts- und traditionszerstörerisch energisierten Schnurrbärte: Es geht während eines Sturms hinaus auf den See, auf den Balaton (gleichzeitig freilich: hinein ins Studio), in dem man ja eigentlich kaum ertrinken kann, wie M. nach dem Kino meinte. Der eine Schnurrbart freilich gibt sich alle Mühe, und zum Schluss hat er Erfolg.

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