Matthias Jügler, Die Verlassenen. Die nüchterne Melancholie könnte was für mich sein, dachte ich zunächst. Schnell allerdings beginnen die ostentativen Brüche im Erzählfluss zu irritieren. Cliffhanger ins irgendwo, die, vermute ich, gleichzeitig eine "Blockade" gleichzeitig traumatischer und, als im Vordergrund lauernder Subtext, erinnerungspolitischer Natur (die aber schon arg gebaut wirkt) markieren und eine Spannungsdramaturgie etablieren sollen. Am Ende wird es eine Umschrift gewesen sein, die eine Jugenderzählung vom Kopf auf die Beine stellt. Nunja. Ich fürchte, für solche einigermaßen fein gedrechselten thematisch motivierten und sozusagen nur aus strategischen Gründen (um etwas "erzählbar" zu machen oder so) in Romanform gepressten Unternehmungen, literarische Bastelarbeiten im Grunde, fehlt mir die Muße.
Leif Randt, Schimmernder Dunst über Coby County. Gefallen hat mir, wie das Buch zunächst ganz im world building aufzugehen scheint (insbesondere darin, wie Hauptfigur und Welt sich ineinander spiegeln) und man eine Weile lang den Eindruck hat: Das könnte jetzt bis zum Schluss so weiter gehen, da braucht es gar keine Erzählung. Schließlich geht es dieser Zukunftsvision (und sicher nicht nur in dieser) gerade um die Fantasie eines Equlibriums, und wenn die Narration da zu sehr eingreift, widerlegt die Fantasie sich selbst. Wenn der Plot dann Fahrt aufnimmt, gibt sich Randt einige Mühe, ihn nicht zu direkt auf die Subjektivität der Hauptfigur zu beziehen. Eine langsam, wie von selbst kollaborierende Füllwörterwelt, das hat durchaus einigen Reiz, ist aber vielleicht in den Figurenanlagen nicht einfallsreich genug. Etwas mehr Varianz in Sachen Entlebendigung wäre angebracht gewesen.
Simone Buchholz, Revolverherz. Zum ersten Mal seit längerem wieder klassische Genreliteratur. Das fühlt sich zunächst durchaus an wie ein wärmendes Nachhausekommen. Ein Effekt, der sich allerdings leider schnell abnutzt, wenn die Genreliteratur nicht viel taugt. Mit Revolverherz konnte ich leider rein gar nichts anfangen. Die Krimihandlung läuft, früh erkennbar, auf geläufige, spannungsarme moralische Kasuistik hinaus, und die Kiezromantik, Himmel hilf. Herz am rechten Fleck Geschnoddere Galore. Comichafte Überzeichnung schön und gut, aber die Nebenfiguren entstammen weniger einem hard-boiled Comic als einem Schlagerfilm der 1960er. Seriously, frage ich mich vor allem jedes Mal, wen der italienische Polizist auftaucht, die Panettone-Vergleiche anstellt und natürlich weiß, wo der beste Espresso der Stadt aufzutreiben ist. Alles zu gemein, was ich hier schreibe, sicher, ist kein böses Buch, gar nicht, nur eines, das mir nichts gibt.
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