Monday, June 05, 2006

Angst, Gerald Kargl, 1983

Ein Ruf eilt diesem Film voraus und auf der DVD eine Einführung Jörg Buttgereits. Beides verspricht einen äußerst intensiven Serienmörderfilm, die Wiederentdeckung eines unverdientermaßen jahrelang in der Versenkung verschwundenen Genreperle. Nach dem Genuss des Films bleibe ich jedoch etwas ratlos zurück, kann mich der ersten Einschätzung noch halbwegs, der zweiten schon weit weniger anschließen.
Schon die erste Einstellung etabliert das bestimmende stilistische Idiom, die langsam und frei schwebende, allmächtige Kamera, die mit Vorliebe Aufsichten zeigt, oft Totalen und von einem unbedingten Kunstwillen geprägt ist. Bald darauf setzt der Voice-over Kommentar ein, zuerst schrecklich cheesy, doch das gibt sich schnell. Angst folgt seinem Helden, einem Serienkiller nach der Entlassung aus dem Knast, auf dem Weg zur neuen Beute, die er in einem Landhaus ausfindig macht. Kargl setzt zahlreiche subjektivierende Techniken ein, bricht sie jedoch vor allem durch die radikalität des Konzepts: größtenteils in Echtzeit wird erzählt und obwohl echte POV Shots Mangelware sind, fast immer aus der Perspektive des Psychos. Rückblenden oder sonstigen Schnickschnack gibts gar nicht, sondern nur den oben angesprochenen Voice-over Kommentar. Dieser Kommentar allerdings, der sicherlich zur bösartigen Atmosphäre ebenso beiträgt wie der sphärische Synthie-Soundtrack kann es nicht lassen, eine doch etwas schlappe Determinierung in das Geschehen einzuschreiben, selbst vor den gröbsten freudianischen Klischees macht Kargl nicht halt. Angeblich basiert der Kommentar auf tatsächlichen Aussagen von Sereienkillern, aber macht das die Sache besser? Kann mit diesem (doch vor allem erstmal werbewirksamen) "Realismus" auch erklärt werden, dass im Verlauf der Handlung auch noch Nekrophilie und Kannibalismus abgefeiert werden? Vielleicht liegt es daran, dass mich der ganze Serienkillerunsinn abseits des Kinos eigentlich scheissegal ist und mir deshalb auch offensichtlicher spekulative Schlächterepen a la Texas Chainsaw Massacre 1000mal lieber sind als Kargls semipornografischer Pseudonaturalismus.
Klar, Angst unterscheidet sich in vielfacher Hinsicht vom tristen Gorehoundfutter der Guinea Pig Filme und Konsorten. Doch zumindest stellenweise kommt der Verdacht auf, dass der unterschied nur ein Gradueller ist. Kargls Film ist genauso vorhersehbar und bietet letzten Endes dieselben Gratifikationen. Beeindruckend ist das Ergebnis aufgrund der technischen Fertigkeit und Hingabe aller Beteiligten schon, einzelne Sequenzen sind auch tatsächlich von der versprochenen Intensität, doch der Film als Ganzes erscheint mir von einer strukturellen Ödniss geprägt, die manchmal tatsächlich in gähnender Langweile mündet.

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