Friday, May 26, 2006

Talaye sorkh (Crimson Gold), Jafir Panahi, 2003

Panahis Stil wirkt ein wenig wie Kiarostami-light. Ebenfalls dominieren lange bis sehr lange Einstellungen und hyperrealistische Darstellung: Die einzelnen Szenen werden meist in ihrer ganzen Länge gezeigt, ohne Ellipsen. Wenn der Pizzabote die Treppenstufen zu einer Wohnung in den vierten Stock empor steigt, filmt Panahi diesen Vorgang in seiner Gänze und ohne Schnitt. Jedoch rücken die technischen Aspekte nie so sehr in den Vordergrund wie bei Kiarostami. Die langen Einstellungen werden zeitweise durch konventionelle Schuss-Gegenschuss Montage abgelöst, sind außerdem dynamischer und fast immer auf das narrativ zentrale Geschehen ausgerichtet. Statt einer selbstreflexiven Auseinandersetzung mit dem Medium scheint das stilistische Konzept über weite Strecken des Films eine recht gewöhnliche Arthausästhetik zu etablieren.
Das letzte Drittel des Films in der Wohnung eines aus Amerika heimgekehrten Iraners verändert sich jedoch der gesamte Film. Bereits die erste Kameraeinstellung, die in das Innere des Hauses führt, löst sich vom hyperrealistischen, objektiven Idiom. Möglicherweise stellt diese Einstellung die erste Subjektivierung auf visueller Ebene in Crimson Gold überhaupt dar. In der Wohnung gibt es noch mehrere solche Einstellungen, Kamerafahrten die den Raum in den verschiedensten Richtungen und Geschwindigkeiten durchdringen, ohne einen objektiven Blick auf das Geschehen gewährleisten zu können oder zu wollen. Die luxuriös eingerichtete Wohnung setzt sich auch nicht vollständig zu einem kohärenten Raum zusammen, wird immer wieder erweitert, schließlich gar durch ein Schwimmbad. Die Erfahrung dieses natürlich auch als westlich-amerikanisch konnotierten Raumgefühls verbunden mit einer subjektivierten Kamera scheint, viel stärker als die in aller Deutlichkeit dargestellten soziale Ungleichheit und politische Repression im Iran und garantiert mehr als der aus dem materiellen Reichtum des Besitzers des Appartement resultierende Neid – schließlich führt der Amerikarückkehrer ein offenbar ziemlich erbärmliches Leben - den Anstoß für den Ausbruchsversuch in Form des Juwelenraubs zu bieten.

No comments: