General Leone schickt eine Gruppe von Soldaten in seltsamen Metallürstungen in Richtung gegnerische Front. In der Hand tragen sie Scheren, mit welcher sie Stacheldrahtbarrieren durchtrennen sollen. Wie Ritter aus Monty-Phyton Filmen sehen die italienischen Soldaten aus, oder wie Roboter aus 50er Jahre Science-Fiction-Trash. Im ersten Weltkrieg, in welchem diese Szene spielt, sind sie auf jeden Fall fehl am Platz und werden von den österreichischen Maschinengewehren humorlos niedergemäht.
Uomini contro, obwohl ein sehr interessantes Werk, gehört wahrscheinlich nicht zu den allerbesten Arbeiten Rosis. Zu sehr verpflichtet sich der Film den Genreregeln des Kriegsfilms, als dass ihm so tiefgreifende Machtanalysen und Gesellschaftspanoramen gelingen könnten, wie ich sie in den letzten Tagen in Lucky Luciano und Le mani sulla citta bewunderte und wie sie Ekkehard hier beschreibt. Uomini contro scheint auf eine eher klassisch allegorische Lesart abzuzielen (für eine klassisch marxistische Interpretation siehe den recht seltsamen deutschen Wikipedia-Eintrag zum Film): Die Post-68 Depression der italienischen Linken spiegelt sich in den verzweifelten Versuchen einzelner Offiziere, Widerstand gegen Leone zu organisieren.
Der genuine Sozialrevolutionär scheitert früh und mit ihm der Versuch eines direkten, nicht vermittelten Angriffs auf den General. Offizier Sassu, ein deutlich weniger ambitionierter Widerständler, hegt keine gesamtgesellschaftlichen Ambitionen und möchte Leone nicht eigenhändig, sondern mithilfe von List und den hilfreichen Österreichern beseitigen. Spontane revolutionäre Gesten lehnt der intellektuelle Sassu als unproduktiv und unrealistisch ab und probt mit seinen Kameraden statt dessen das richtige Leben im falschen. Unter anderem: Rotwein. Kann natürlich nicht gutgehen, klar.
Interessanter als die allzu schematische Politallegorie sind Nebenlinien: Unter ihnen vor allem die ideologische Spaltung der Führungsriege: Auf der einen Seite der traditionalistische Leone, ein Rassist und Nationalist der alten Schule, voller Pathos und Glaube an die feinen Unterschiede. Auf der anderen Seite ein durchgeknallter aber effektiver Faschist, ein Mann der neuen Zeit, für den Hierarchie nicht ein fein austariertes System geringfügiger Abweichungen darstellt, sondern ausschließlich den simplen Unterschied zwischen Herrscher und Untermensch sicherzustellen hat.
Zu untersuchen wäre ferner die Rolle des Zooms bei Rosi: Alle drei Filme, die ich bislang gesehen haben, setzen diese Technik vehement ein, Le mani sulla citta noch am wenigsten, Lucky Luciano am intensivsten. Der verwirrendste Zoom in Uomini contro findet sich in der letzten Einstellung, wobei mir unklar bleibt, ob die Verwirrung auf den Film selbst, oder nur auf die Aufführungskopie zurückzuführen ist: Zu sehen ist eine gewaltige Stein / Lehmmauer, irgendwann beginnt ein schneller Zoom auf die Mauer hin. Nach wenigen Sekunden und mitten im Zoom, der auf nichts bestimmtes hinaus will und die Mauer bereits in eine abstrakte bräunlich-graue Fläche verwandelt hat, wird die Leinwand scharz. Der Film ist zu ende.
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