Die Blaxploitationreihe im Arsenal war sicher nicht die beste Retrospektive, die ich im letzten Jahr gesehen habe, aber es war die Reihe, die mir mehr als jede andere die Schönheit des 35mm-Films mitgeteilt hat. Noch vor wenigen Monaten waren mir die Puristen nicht wirklich geheuer (und ihre Diktion geht mir gelegentlich noch immer auf die Nerven), inzwischen bin ich selbst einer geworden, fürchte ich. Schuld daran waren screenings in Bologna, in Locarno (die Preminger-Retro) und eben vier Blaxploitationfilme im Arsenal.
Warum besonders die Blaxploitationfilme, von denen mir dann auch nur zwei (Hell Comes to Harlem und Black Caesar) wirklich gefallen haben? Vielleicht, weil die Filme ein besonderes Verhältnis zur eigenen Materialität haben: nicht nur die warmen Farben, auch der antreibende, rollende Funk. Und die Autos der Siebzigerjahre wären dann das dritte, zum Beispiel in Slaughter (Jack Starrett), einem lange eher langweiligen Film, der sich dann am Ende umso eindringlicher in Bewegung setzt. Das warme rot-braun, das in den Bildern mitschwingt, ohne sie zur Gänze zu dominieren (es gibt in den Filmen immer ein Aufatmen, wenn man aus geschlossenen Räumen ins Freie tritt, in neuen Filmen erlebe ich das nicht mehr), die nachgiebigen Beats, die weich eingestellten Federungen: All das sind irgendwie reflexive Weltverhältnisse, all das insistiert auf einem gemeinsamen Erfahrungsraum, darauf, dass die Dinge der Welt mich wirklich angehen, eine Resonanz hervorrufen wollen. Und genau das vermittelt vielleicht auch der Zelluloid-Film.
Vielleicht sind wir heute sogar in einer privilegierten Position: Vielleicht kann man die Schönheit des analogen Filmmaterials nur erfühlen, wenn es nicht mehr alternativlos, keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Wenn die Brüchigkeit, die Vergänglichkeit, die Historizität von Zelluloid nicht mehr hinter der Souveränität der Apparatur verschwindet, sondern bei jedem screening implizit mitläuft, weil bald möglicherweise der Projektor selbst ausgedient hat. Wenn mit jedem Meter Film auch tatsächlich etwas verloren geht, weil man Angst haben muss, dass dieser Meter Film nie wieder durch einen Projektor laufen wird. Das mag eine egoistische Perspektive sein, aber es genügt nicht, finde ich, nur auf materialgebundene Werktreue, archivarische Standarts und ähnlicheSelbstverständlichkeiten zu pochen, man muss auch auf die analogen Erfahrungsformen hinweisen (=sie kommunizieren, über sie schreiben), die unwiderbringlich verloren zu gehen drohen, wenn selbst Kinematheken nichts dabei finden, gelegentlich DVDs zu projizieren, oder androhen, selbst ihr eigenes archiviertes Filmmaterial nur noch in Form von DigiBeta-Surrogaten (faktisch ebenfalls als DVD) zugänglich zu halten.
1 comment:
Hi Lukas:
Du meinst 'Cotton' Comes to Harlem. Ein paar Jahre später kam ein ähnlich betitelter Film raus: Hell Up in Harlem, von Larry Cohen mit Fred Williamson.
(CCtH entstand übrigens nach einem Roman von Chester Himes; vielleicht kennst Du den ja, als Krimifan; der hat in den 50er/60ern tolle Sachen geschrieben. Steht Willeford nicht viel nach.)
Was die 35mm-Experience bei dieser Reihe betrifft, stimme ich Dir völlig zu. Mir ging das ganz genauso. Ich konnte ein paar mehr Filme sehen. Da waren doch verblüffend gute Sachen dabei, auch jenseits des Blax-Etiketts. Und alle liefen in diesen hervorragenden Prints.
Gruß, Bennet.
Post a Comment