Ein billiges "Point Break"-Rip-Off? Kann sein, aber wenn, dann ein großartiges billiges "Point Break"-Rip-Off. Es hat sowieso wenig bis nichts soviel Unheil in der Filmkultur angerichtet wie dieser unsägliche Originalitätsfetisch. Ist es auch nur irgendwie hilfreich, das Verhältnis zwischen Filmen auf einen Begriff wie "Rip-Off" zu reduzieren? "Das Neue" mag ein wichtiger Begriff für die Kunstsemantik sein, für die Populärkultur ist er unbrauchbar. Und "Originalität" ist "das Neue" unter Marketingsgesichtspunkten. Man spricht, wenn man Originalität fordert, die Sprache der Industrie, die Originalität erfunden hat, um Urheberrechte durchzusetzen.
Wäre es nicht viel interessanter, zum Beispiel von Meister-Schüler-Verhältnissen zu reden? "Point Break" wäre dann der Meister, "Drop Zone" ein ungemein talentierter, aber überhaupt nicht streberhafter Schüler, der die beiden Fallschirmszenen aus dem Meisterfilm nimmt und zu einem eigenen Spielfilm aufbläst. Und dabei zeigt, wie verdammt lebendig ein Film sein kann, wenn er sich nicht um Originalität schert. Wenn er sich statt dessen darauf konzentriert, Menschen im freien Fall zu filmen (in einigen der schönsten Green-Screen-Aufnahmen ever), beziehungsweise: Menschen so zu filmen, als wären sie auch dann schon im freien Fall, wenn sie noch festen Boden unter den Füßen haben.
Der Sprung in die Tiefe, der freie Fall reißt alles mit sich, neben ihm kann nichts bestehen, kein eher dämlich konstruierter Agentenfilmplot, keine Liebesgeschichte, keinerlei Psychologie: Sowohl Wesley Snipes als auch Yancy Butler vergessen, wenn sie das erste Mal gemeinsam aus dem Flugzeug springen, in Windeseile ihre beiden verstorbenen Liebsten, deren Tod sie doch eigentlich dazu motivieren sollte, einerseits die bad guys zu fangen und andererseits einander in die Arme zu fallen. Gut, dass letzteres nicht passiert, liegt auch am Hollywoodrassismus; aber auch der schmilzt im freien Fall dahin - die Rituale der sehr weißen Fallschirmspringerprofiprollsnobs sehen ziemlich alt aus gegen Wesley Snipes' kindliche Begeisterung am einfach-so-aus-einem-kilometerhoch-über-der-Erde-fliegenden-Flugzeug-Springen. Erst durch den Neuankömmling (mit dem sie zunächst gar nicht reden wollen) merken sie wieder, was für ein großartiger Wahnsinn das ist, den sie betreiben. Und sie lernen, die Todessehnsucht, die sie selbstverständlich von Anfang an umtreibt, bedingungslos zu bejahen und immer Kopf voraus in die nächste Gefahr hinein zu springen.
Allein, wie Corin Nemec vor seinem Fast-Todessprung eifrig den Kopf aus dem Flugzeug herausreckt... Oder wie großartig agressiv Yancy Butler in jeder einzelnen Szene ist und wie diese Agressivität dann in ihrem letzten freien Fall, wenn der Wind um ihr Gesicht pfeift, stillgestellt wird. Kopf voraus in den Abgrund - eigentlich ist das der gesamte Film. Auch der gar nicht mal unbedingt immer komplett entfesselte Gary Busey (entfesselt muss er gar nicht sein, weil um ihn herum eh eine einzige Ekstase herrscht, die er mit seinem wiederholt strategisch eingesetzten schiefen Grinsen natürlich gleichwohl noch einmal zu potenzieren weiß) stürzt natürlich Kopf (beziehungsweise: Zähne) voraus in den Tod, sein Kumpan rast ihm mit dem Lastwagen "entgegen", was physikalisch wenig Sinn ergibt, aber der rauschhafte freie Fall transzendiert nunmal auch Dimensionsgrenzen.
Wie lebendig das Kino der Neunziger Jahre war, wie farbig vor allem. Alles leuchtet um die Fallschirmspringer, in der Luft sowieso, aber auch schon vorher im Flugzeug, oder nach der Landung am Boden, in den beknackten Fallschirmspringerbars und den noch ziemlich klobigen Hochhäusern, in denen klobige Computer rumstehen und das noch schön geschmacklos grelle Licht der Frühdigitalisierung verbreiten. Wie alles andere ist alles Licht künstlich und versucht gar nicht erst, seine Künstlichkeit zu verstecken. Vielleicht ist der freie Fall nichts anderes als die letzte mögliche Flucht vor der Künstlichkeit, die ihrerseits den freien Fall zwar (komplett; grandios die Aufnahmen der Fallschirmspringer vor neongestreiften Hochhausfassaden) rahmen, aber die am Ende doch nicht zu seinem Medium werden kann. Die digital-neonfarben-kapitalistische Künstlichkeit der Neunziger bleibt zwingend positivistisch, der Anhäufung von Zeug, Attraktionen, Farben, Musik (Hans Zimmer!), Frisuren, Gesten verpflichtet, ist nicht in der Lage, ein Nichts, eine Abwesenheit, in die man hineinfallen kann, zu denken. Nichts ist authentisch außer dem Boden, den ich unter den Füßen verliere.
Wäre es nicht viel interessanter, zum Beispiel von Meister-Schüler-Verhältnissen zu reden? "Point Break" wäre dann der Meister, "Drop Zone" ein ungemein talentierter, aber überhaupt nicht streberhafter Schüler, der die beiden Fallschirmszenen aus dem Meisterfilm nimmt und zu einem eigenen Spielfilm aufbläst. Und dabei zeigt, wie verdammt lebendig ein Film sein kann, wenn er sich nicht um Originalität schert. Wenn er sich statt dessen darauf konzentriert, Menschen im freien Fall zu filmen (in einigen der schönsten Green-Screen-Aufnahmen ever), beziehungsweise: Menschen so zu filmen, als wären sie auch dann schon im freien Fall, wenn sie noch festen Boden unter den Füßen haben.
Der Sprung in die Tiefe, der freie Fall reißt alles mit sich, neben ihm kann nichts bestehen, kein eher dämlich konstruierter Agentenfilmplot, keine Liebesgeschichte, keinerlei Psychologie: Sowohl Wesley Snipes als auch Yancy Butler vergessen, wenn sie das erste Mal gemeinsam aus dem Flugzeug springen, in Windeseile ihre beiden verstorbenen Liebsten, deren Tod sie doch eigentlich dazu motivieren sollte, einerseits die bad guys zu fangen und andererseits einander in die Arme zu fallen. Gut, dass letzteres nicht passiert, liegt auch am Hollywoodrassismus; aber auch der schmilzt im freien Fall dahin - die Rituale der sehr weißen Fallschirmspringerprofiprollsnobs sehen ziemlich alt aus gegen Wesley Snipes' kindliche Begeisterung am einfach-so-aus-einem-kilometerhoch-über-der-Erde-fliegenden-Flugzeug-Springen. Erst durch den Neuankömmling (mit dem sie zunächst gar nicht reden wollen) merken sie wieder, was für ein großartiger Wahnsinn das ist, den sie betreiben. Und sie lernen, die Todessehnsucht, die sie selbstverständlich von Anfang an umtreibt, bedingungslos zu bejahen und immer Kopf voraus in die nächste Gefahr hinein zu springen.
Allein, wie Corin Nemec vor seinem Fast-Todessprung eifrig den Kopf aus dem Flugzeug herausreckt... Oder wie großartig agressiv Yancy Butler in jeder einzelnen Szene ist und wie diese Agressivität dann in ihrem letzten freien Fall, wenn der Wind um ihr Gesicht pfeift, stillgestellt wird. Kopf voraus in den Abgrund - eigentlich ist das der gesamte Film. Auch der gar nicht mal unbedingt immer komplett entfesselte Gary Busey (entfesselt muss er gar nicht sein, weil um ihn herum eh eine einzige Ekstase herrscht, die er mit seinem wiederholt strategisch eingesetzten schiefen Grinsen natürlich gleichwohl noch einmal zu potenzieren weiß) stürzt natürlich Kopf (beziehungsweise: Zähne) voraus in den Tod, sein Kumpan rast ihm mit dem Lastwagen "entgegen", was physikalisch wenig Sinn ergibt, aber der rauschhafte freie Fall transzendiert nunmal auch Dimensionsgrenzen.
Wie lebendig das Kino der Neunziger Jahre war, wie farbig vor allem. Alles leuchtet um die Fallschirmspringer, in der Luft sowieso, aber auch schon vorher im Flugzeug, oder nach der Landung am Boden, in den beknackten Fallschirmspringerbars und den noch ziemlich klobigen Hochhäusern, in denen klobige Computer rumstehen und das noch schön geschmacklos grelle Licht der Frühdigitalisierung verbreiten. Wie alles andere ist alles Licht künstlich und versucht gar nicht erst, seine Künstlichkeit zu verstecken. Vielleicht ist der freie Fall nichts anderes als die letzte mögliche Flucht vor der Künstlichkeit, die ihrerseits den freien Fall zwar (komplett; grandios die Aufnahmen der Fallschirmspringer vor neongestreiften Hochhausfassaden) rahmen, aber die am Ende doch nicht zu seinem Medium werden kann. Die digital-neonfarben-kapitalistische Künstlichkeit der Neunziger bleibt zwingend positivistisch, der Anhäufung von Zeug, Attraktionen, Farben, Musik (Hans Zimmer!), Frisuren, Gesten verpflichtet, ist nicht in der Lage, ein Nichts, eine Abwesenheit, in die man hineinfallen kann, zu denken. Nichts ist authentisch außer dem Boden, den ich unter den Füßen verliere.
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