Friday, January 26, 2007

Berlinale 2007: Village People Radio Show, Amir Muhammad, 2007

Mit Amir Muhammads Last Communist konnte ich auf der Berlinale 2006 nicht richtig warm werden, trotz vieler eindrücklicher Kleinigkeiten schien mir das Konzept den Film nicht in voller Länge zu tragen. Rückblickend freilich war das absurde Politmusical durchaus einer der eindrücklicheren Streifen des letztjährigen Festivals.
Muhammads neues Werk ist thematisch sehr ähnlich, wieder dokumentiert der Regisseur den Lebensweg eines malayischen Kommunisten, der in diesem Fall im Alter und nach zermürbenden Kämpfen nach Thailand ausgewandert ist. Formal ist Village People Radio Show ähnlich experimell wie Last Communist (unter anderem finden sich Auszüge aus einem Heldenepos und kurze, Brakhage-artige Filmabschnitte ohne jewglichen inhaltlichen Bezug zum Rest des Werks), aber innerhalb des eigenen Systems deutlich strenger: Die Kamera ist lange Zeit geradezu obsessiv starr, nur ganz langsam gewinnt sie etwas Spielraum, um am Ende vollkommen unverhofft in rasante Bewegungen verstzt zu werden. Wie in Last Communist versucht Muhammad, sich seinem Thema mithilfe mehrerer Ebenen zu nähern. In Village People Radio Show sind dieselben freilich ungleich heterogener und innerhalb ihrer jeweils eigenen Form ungleich konsequenter ausgestaltet.
Manch einer, dem Last Communist sehr gefallen hat, wird Village People Radio Show möglicherweise leicht enttäuscht verlassen. In der Tat scheint Muhammads neues Werk weniger auf die Darstellung gesellschaftlicher Realität aus zu sein, paradigmatisch ist hier die Hinwendung zu Naturmotiven anstelle der Dokumentation sozialer und kultureller Praktiken (einzig die Strasse als öffentlicher Raum wird öfters ins Bild gerückt). In meinen Augen aber funktioniert das formalistischere Konzept weitaus besser, als die Improvisationen des Vorgängers. Zwar droht das gesamte Konzept am Ende bisweilen in einem selbstgefälligen Zeichenspiel zu enden, meist scheint der Zugriff auf Geschichte (die innerhalb des Bildkaders genauso abwesend ist wie in Last Communist) jedoch ausgesprochen gut zu gelingen. Der fast kontingenten Organisation diverser Materialien resonieren in den gescheiterten Lebensläufen der irgendwo im Dschungel und den eigenen Erinnerungen vergessenen Revolutionäre, denen mit den Mitteln klassischer Dokumentationen wohl tatsächlich kaum beizukommen wäre.

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