Monday, January 22, 2007

Female Jungle, Bruno VeSota, 1954

Der Titel des Films erklärt sich durch die Distributionszusammenhänge. Denn Female Jungle ist kein B-Noir mehr im Sinne von Out of the Past, sondern tendenziell eher Drive-In Ware. Produziert von der mysteriösen "Bert Kaiser Productions Inc." und vertrieben von AI-Vorläufer ARC, gehört der Film zur ersten Welle der neuen B-Filme, hergestellt außerhalb der traditionelleren Poverty Row Studios und dementsprechen meist auch ohne deren handwerkliche Solidität. Auch Regie und Besetzung sprechen Bände: Bruno VeSota hat außer Female Jungle nur zwei Trashhorrorfilme gedreht, B-Legende John Carradine ist an Bord, außerdem ein gewisser Burt Kaiser, der das Ganze scheinbar auch produziert hat und dessen Overacting schon fast Archie-Hall-Jr.-Dimensionen erreicht.
In Bezug auf den Inhalt ziehlt der Titel in die denkbar falsche Richtung. Die wenigen Frauen, die in dem Film auftauchen, sind allesamt ausnehmend flach gezeichnet und spielen selbst innerhalb der Handlungsmotivation - zumindest für Noir-Verhältnisse - meist keine allzu große Rolle. Die erste wird gleich im Vorspann umgebracht und nimmt danach eine MacGuffin-ähnliche Position ein. Einzig Jayne Mansfield (in ihrer ersten Filmrolle) macht etwas deutlicher auf sich aufmerksam, doch ihre vollkommen überzogene Femme Fatale mäandert eher an den (häufig ausfranzenden) Rändern des Films denn in dessen Zentrum. Ansonsten findet sich noch eine brave Hausfrau und eine burschiköse Polizistengattin.
Es sind - wie natürlich meistens im Noir, doch in diesem Falle noch um einiges deutlicher - die Männerfiguren, die das "Jungle" rechtfertigen könnten. Die Psychopathologie, die viele späte Noirs prägt, findet sich hier in extremer Form. Ein Polizist, der unter alkoholbedingter Amnesie leidet, ein dem Modernismus verpflichteter Playboy (John Carradine), der nicht nur einen dezidiert unamerikanischen Namen trägt, sondern dessen Exzentrik sich in jeden einzelnen Bestandteil seines Körpers wie seines Habitus eingeschrieben hat und schließlich noch ein schwer psychotischer Kariakturist (oben erwähnter Burt Kaiser).
Der ganze Film spielt nachts. Die Dunkelheit dient vor allem dem Zweck, die schwachbrüstige Setkonstruktion zu verbergen - von atmosphärischem Chiaroskuro keine Spur, nur dunkel gekleidete Figuren, die vor noch dunkleren Hintergründen ihren selbstverständlich ebenfalls äußerst dunklen Geschäften nachgehen.
Tendenziell ist Noir besser, je weniger Hollywood-Routine Eingang findet, um die dieser filmischen Form eigene Dynamik zu verbergen. In Female Jungle liegt die Noir-Formel endgültig offen, die Struktur drogt jeden Moment an ihren eigenen Wiedersprüchen zu zerbrechen. Zwar gehört der Film sicherlich nicht zu den ganz großen Noir-Meisterwerken, ein äußerst aufschlussreiches Werk, nicht nur in filmhistorischer Hinsicht, ist er allemal.

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