Friday, February 25, 2011

worst film of the year so far

Zufällig habe ich einen Tag vor Biutiful Walter Salles' Diarios de motocicleta gesehen. Da gibt es kurz vor dem Ende eine Szene, in der Gael García Bernal als Ernesto Che Guevera einen Fluss durchschwimmt, der in einer Lepra-Kolonie die Pfleger von den Patienten trennt. Auf den Punkt bringt dieser zumindest streckenweise erstaunlich kluge Film an dieser Stelle seinen Begriff von Che als politischer Figur: Da ist ein Mann, der die gesellschaftlichen Widersprüche nicht vollständig in politisches Handeln oder auch nur in analytische Kriterien auflösen kann, der sie aber in herausgehobenen Momenten und großen Gesten symbolisch in seinem Körper / mit seinem Körper überbrückt. Der Film hat also (anders als Soderberghs Diptych) tatsächlich eine Idee, wie dieser spezielle Mythos funktioniert. Vielleicht hat er auch eine Idee davon, dass Starkörper im Kino ähnliches leisten, aber wenn, dann bleibt sie Nebensache.
Umso ärgerlicher ist dann der neue Iñárritu, der mit den Che-Filmen zwar nicht im engeren Sinne eine Verbindung unterhält, der aber auch ein Verhältnis von Körper und Politik entwirft; freilich kein auch nur irgendwie reflexives, dafür sorgen schon die Handkamera, die vorauseilende, sich überschlagende (und zugegeben: technisch brillante) Montage, die Verbindungen, die einzelne Texturen und Gesten mit der in der organischen Klangwelt verwurzelten Musik eingehen. Zweieinhalb Stunden lang projiziert der Film (für den alles immer ganz unmittelbar da sein muss, unmittelbar fühlbar, Bild, Farbbewegung als Äquivalent von Emotion, das zwingt er dem Zuschauer sanft aber bestimmt auf) das Elend der Welt = der Globalisierung = des Westens = der Zeitgeschichte bis zurück zur Francodiktatur auf Javier Bardems Starkörper, dem Verfallszeichen genau so dick aufs Gesicht geschminkt sind, dass die darunter hervorbrechenden bekannten Gesichtszüge nicht entstellt werden, sondern nur umso besser zur Geltung kommen. Als zusätzliche Kontrastfolie um ihn herum angelagert: Seedy locations, nicht-weiße Hautfarben, nicht-hollywoodtaugliche Physiognomien. Starkino der widerwärtigsten Sorte, rassistisch, reaktionär, viel schlimmer noch als Babel.

2 comments:

Christoph said...

Das hört sich fürwahr schrecklich an - und leider auch so, wie ich mir Iñárritus Filme (mit denen ich bisher - glücklicherweise? - noch keine Begegnung hatte) bisher immer vorgestellt habe, basierend auf den Lobeshymnen, die einem üblicherweise darüber vorgesungen werden.

ql said...
This comment has been removed by the author.