Wednesday, February 02, 2011
IFF Rotterdam 2011: Merry-Go-Round, Clament Cheng Sze-Kit / Mak Yan Yan, 2010
Zwei Frauen, eine jung, eine alt, kehren aus San Francisco unabhängig voneinander in ihre Heimatstadt Hongkong zurück. Dort angekommen überkreuzen sich Schicksalsfäden, die Junge findet - vielleicht - eine neue, die Alte - vielleicht - eine verloren geglaubte Liebe. In Merry-Go-Round, einem unabhängig, aber deswegen nicht billig produzierten Melodram aus Hongkong, dessen Affektbilder mich so lange belagert haben, bis ich am Ende soweit war, sogar noch ihren auf den ersten Blick grundfalschen Glitter zu lieben, sind ausnahmslos alle Figuren an Körper und / oder Seele krank, gebrochen, leidend. Hinter jeder Menge (seltsamerweise englischsprachigen) Indiepop-Balladen, hinter Bildern, die flackern und vibrieren vor lauter Polierung, die das Lens Flare lieben, die pastellfarben werden, wenn sie Vergangenheit sagen wollen, hinter vor der sanft gleitenden Kamera drapiertem Tüll tauchen, wenn man dem Film nur Zeit lässt, echte Gefühle auf. Merry-Go-Round führt auf nicht immer stilsicher ausgekleideten Umwegen zurück zu den bittersüßen Hongkongromanzen der Neunziger, von denen mit einige sehr gut gefallen haben (nicht nur In the Mood for Love, sondern auch Hong Kong Love Affair, Kitchen und so weiter). Natürlich wird da immer auf sehr direkte, vielleicht auch plumpe Art nach "filmischen" Korrelaten für Gefühle gesucht, aber gestört hat mich das nie. Der smarte Zynismus in vielen amerikanischen und europäischen Liebesfilmen ist viel schlimmer. Was die Hongkongfilme eigentlich machen, ist, dass sie das zurückgehaltene Begehren und den kompensierenden Schmerz zerdehnen, über die Spanne eines Films, jeder einzelnen Szene, innerdiegetisch über Jahrzehnte, ganze Biografien, oder, wie im Fall von Merry-Go-Round, sogar über Generationengrenzen hinweg. Unweigerlich haben die Filme Probleme, wenn sich die Zeitscheren schließen und einer der beiden Partner nicht mehr zu spät am falschen Ort ist. In der amerikanischen Romanze (da gibt es natürlich auch eine großartige Tradition, heute hat sie sich wahrscheinlich ins Fernsehen verlagert, in die Sitcoms und Teenie Soaps) ist die Wiederaktualisierung der Liebe unweigerlich der Fluchtpunkt, das Happy End mag ein Klischee sein, äußerlich ist es den Filmen nie, im asiatischen Kino gibt es, glaube ich, eine andere Struktur, eine, in der die Welten der beiden Liebenden eben nie ganz ineinanderfallen dürfen, weil der Film sonst nicht nur einfach aus, sondern kaputt wäre.
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