Ein fröhlicher, aufgedrehter, ein wenig überdrehter Song, dazu ein Familienbild: Mutter, Vater, Tochter am Esstisch. Der Sohn ist nicht da, was macht er wohl? Eine Unterhaltung, einige Erinnerungen (an die Geburt der Tochter "im Feld") dann ein Familienfoto. Und dann ein Schnitt auf eine Atombombenexplosion. Irgendwo, aber sie hat einen impact: alles driftet auseinander und direkt in die Hölle. An der Oberfläche eine Satire, eine Entlarvung. Aber darum geht es am wenigsten.
Ein pinku eiga, deshalb muss es alle paar Minuten erotische Attraktionen geben, oder zumindest etwas, das der Regisseur Hisayasu Sato seinen Produzenten als erotische Attraktion verkaufen kann. Und er kann einiges verkaufen. Auch konsensueller Heterosesex (kommt nur einmal vor, am Anfang und schon die Szene kippt in eine Vergewaltigung) hat bei Sato nicht den geringsten softcore-glamour-appeal. Die Tochter hat das Schlafzimmer der Eltern verwanzt und masturbiert zu dem, was sie über Kopfhörer empfängt. Die Lustschreie werden von der Lust abgespalten.
Das Auseinanderdriften: Die Mutter bleibt zu Hause, erst einmal, am Esstisch, vor dem Fernseher. Sie masturbiert zu einem Fitnessvideo, dessen aggressive Körperlichkeit direkt auf sie überzuspringen scheint. Der Vater verlässt das Haus und kommt nicht mehr zurück. Er masturbiert auf einer Toilette, läuft, zwar in korrekter Salaryman-Kluft und mit dtreng gekämmerter (und doch irgendwie verdächtiger) Frisur, aber doch völlig orientierungslos, durch eine Hochhauswelt, steigt am Ende einem Jungen nach, rennt vor ein Auto und bekommt einen Stoß versetzt; hoch wirbelt es ihn in die Luft, mehrmals, nicht eigentlich ist das ein Körper (es ist auch tatsächlich keiner, sondern ein trick shot, glaube ich), sondern eine Seele, die zum Himmel will. Aber dann liegt er doch zermatscht am Boden. Komplizierter ist die Sache mit der Tochter: Entweder zieht sie sich die Schuluniform an, fährt mit dem Fahhrad über einen Bahndamm, der irgendwann mal Teil eines Ozufilms gewesen hätte sein können, herunter, beginnt eine lesbische Affäre mit einer Lehrerin und wird anschließend vergewaltigt. Oder sie bleibt zu Hause und wird dort vergewaltigt. Man kann die szenische Abfolge sicher auch anders interpretieren, als Traum / Auwachen zum Beispiel, aber entweder / oder gefällt mir besser. Es passt auch besser zur Abstraktheit des Films. Die Schwester ist die einzige, die auch außerhalb von Sex-und Gewaltszenen Großaufnahmen bekommt: Der Film interessiert sich für die Finger vor ihren Augen, für ihren Blick in die Welt durch diese Finger hindurch, nachdem sie sich, das ist eine der schönsten Szenen dieses trotz all dem Fürchterlichen, was in ihm geschieht, oft fast schon zauberhaft schönen Films, vor der Schule auf den Boden hat fallen lassen und dort zu rollen beginnt; ohne offensichtlichen Grund, vielleicht einfach, weil sie diese Erfahrung machen wollte.
Die Hölle: Der Sohn, über dessen Verbleib sich der Rest der Familie wundert, sitzt in seinem Zimmer. An der Wand hängt etwas, das aussieht wie ein Modell einer Stadt. Dieses Modell taucht immer wieder auf. Manchmal ist nicht ganz klar, ob es sich um dieses Modell handeln soll, oder um eine Vogelperspektive auf eine wirkliche Stadt. Der Sohn unternimmt Experimente mit Elektrizität. Eine weitere Atombombe "löst sich". Auch im Sohn "löst sich" etwas. Während er erst sich selbst, dann seine Mutter, dann seine Schwester, dann wieder sich selbst zurichtet, dringt kalte, ironische, ein wenig noisige Musik in den Film ein.
Exciting Eros ist nur eine knappe Stunde lang und doch passiert noch mehr als das Beschriebene (das sicherlich den einen oder anderen Beschreibungsfehler erhält, das liegt auch am Materialzustand, allzuviele Details habe ich nicht erkannt). Eines nach dem anderen, wie eine Aufzählung, gefilmt das eine wie das andere absolut ruhig und souverän, erst kurz vor Schluss geben einige Faustschläge auch der Kamera etwas mit von der Irritation, der sie entspringen. Aber wie eine kurze, harmlose Infektion schüttelt der Film das schnell wieder von sich ab.
Ein kranker Film? Klar, aber wer braucht schon gesundes Kino.
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