Thursday, June 13, 2013

Znoy aka Heat, Larisa Shepitko, 1963

Kaum noch ein schwarz-weiß-Film, eigentlich ein Weißfilm: Die kirgisische Steppe wirkt wie ausgebrannt, verschlingt, gemeinsam mit dem von ihr kaum zu unterscheidenden Himmel alles in ihrer allumfassenden Helligkeit. Die Menschen, die hier wohnen, versuchen verzweifelt, mit ihrem Pflug zum Beispiel, ein paar Spuren von Dunkelheit in das blendende Licht einzutragen, aber weit kommen sie nicht. Die an der Plotoberfläche verhandelte Auseinandersetzung zwischen technischem Fortschritt und althergebrachter Lebensform kristallisiert sich gerade nicht an der Maschine; die ist dem Licht genauso schutzlos ausgeliefert wie die Natur - die es ihrerseits eh kaum gibt, die eher als weißes Ungeheures, in der Form von Wirbelstürmen aus reinem Licht zum Beispiel, in den Film eindringt. Höchstens werden die Maschinen, wie die Menschen, zu Silhouetten vorm Horizont, von allen Seiten bedrängt von einem Licht, das sie regelrecht aufzufressen scheint.

Der Film wird bestimmt von Agenten des Lichts. Staub oder Rauchschwaden unklarer Herkunft zum Beispiel wirbeln fast weiß auf und ebnen noch die sachteste visuelle Differenzierung ein; mehrmals legen sich lens flares über das Bild, legen eine zweite, rein optische Helligkeit über die vorgängige photochemisch-sandige erste. Irritierenderweise gibt es auch einen menschlichen Agenten des Lichts: ein sturer, dem Alten verhafteter Bauer, der gegen den studierten Neuankömmling aus der Stadt Position bezieht und am Ende weichen muss, in die Tiefe des Raums, der eigentlich keine Tiefe hat (das ist das formale Paradox des Films: diejenige visuelle Achse, die er am wenigsten "greifbar" macht, weil Vorder- und Hintergrund zumeist fast völlig gleich undifferenziert hell sind, ist die wichtigste Bewegungsachse - andauernd Blicke und Bewegungen in die Untiefe des Frames, ziellose Blicke und raumlose Bewegungen, die dem ganzen Film etwas Gespenstisches verleihen).

In einer Schlüsselszene demütigt jener Bauer seine Frau, indem er sich weigert, das Licht im Zelt zu löschen, bevor sie sich auszieht - mit dem Hinweis darauf, dass die "Intellektuellen" ja weiterhin Lesen können müssten. Die todbringende Helligkeit um ihn herum setzt er mit Sichtbarkeit gleich (während sie in Wahrheit nur blendet) und daraus schließt er wiederum auf ein Primat der Pornografie. Die Kamera macht nicht mit, sie rückt der Frau nicht auf den Leib, sondern nur nahe an ihr Gesicht, ihre Hilflosigkeit, und in dem Moment, in dem sie sich ihm beugt, löscht der Neuankömmling das Licht. Der Neuankömmling (der außerdem seine eigene, wunderschöne, bloß angedeutete Liebesgeschichte - wiederum in die Tiefe des Raums hinein inszeniert - hat) steht nicht so sehr für die Dunkelheit, als für den Kontrast, der sich schon zwischen seinem schwarzen Haarschopf und seinem weißen Pullover formt. Ob sein bisschen angelesenes Weltwissen freilich ausreicht, der todbringenden kirgisischen Helligkeit etwas Bleibendes entgegen zu setzen, lässt der Film völlig offen.

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