Tuesday, March 27, 2012

Diagonale 2012: ranking und Kurzkommentare

Ergänzung zu hier.

***** This Love of Ours (William Dieterle)
***** Low Definition Control - Malfunctions #0 (Michael Palm)
***** Schwere Augen (Siegfried A. Fruhauf)

Psychedelisches Kino in Reinform: "Follow Me", ein Sog in eine Welt aus gespiegelten Gesichtern, von Blicken, die das Gesicht des Angeblickten wie des Blickenden zersetzen, mittels digitaler Zersetzungen, die sich in das analoge Bild, insbesondere in die analogen Gesichter, graben. Der Film geht von zwei weißen Rechtecken vor schwarzem Hintergrund aus, die an zwei leere Bildkader erinnern und natürlich auch an zwei Augen. In die Leere der Kader scheint sich dann eine Differenz einzuschreiben, die nie ganz aufgehoben wird: linke und rechte Leinwandhälfte stehen in einem verschobenen Spiegelverhältnis zueinander.
Ich werde immer noch nicht so ganz schlau daraus, was Fruhauf das vorgefundene Material, aus dem seine Filme entstehen, eigentlich bedeutet. Er eignet es sich in jedem Fall sehr grundsätzlich an, es geht nicht mehr - wie selbst noch bei den auf den ersten Blick recht ähnlichen Filmen Tscherkasskys - um einen im weitesten Sinne analytischen Zugriff, sondern um eine totale Transformation. Ein nachträgliches, fiebriges, digitales Vibrieren, das das ältere, organische, analoge Leben kannibalisiert.

***** Conference - notes on film 05 (Norbert Pfaffenbichler)

Hitler und das Knarzen. Nazi noise.

***** Way pf Passion (Joerg Burger)
***** Turret (Björn Kämmerer)

Weiße, vertikale Balken, die über die schwarze Leinwand schweben, in einer Art Kreisbewegung. Die Balken haben, aber das erkennt man nicht gleich, eine eindeutig zuschreibbare Materialität: Kämmerer filmt rotierende Fensterleisten, in Spiegelungen erkennt man dann sogar die Glasscheiben. Aber wie dieser faszinierende, kleine Film tatsächlich funktioniert, was für Montagetricks hinter diesen rotierenden Mustern stecken, das ist trotzdem nicht leicht zu erkennen. Großartig, wie da in der totalen Abstraktion das Konkrete aufscheint und trotzdem nicht als Welt gebannt werden kann.

**** Glaube Liebe Tod (Peter Kern)
**** Abschied ein Leben lang (Käthe Kratz)
**** Berlin Express (Jaques Tourneur)
**** Die toten Fische (Michael Synek)
**** Richtung Nova Huta (Dariusz Kowalski)

"Crazy Guides" fahren in rot-schwarz-lackierten Trabants durch einen vormals als Metaller-Modellstadt angelegten Stadtteil Krakaus und erklären Touristen das postkommunistische Polen, dessen aufschlussreiches Symptom sie selbst sind. Kowalskis kluger, kleiner Dokumentarfilm portraitiert eine Stadt, in der vom Kommunismus nur noch architektonische Zeichen künden und einige Motivationsschilder im letzten, verbliebenen Stahlwerk. Soweit das überhaupt geht nähert sich der Film seinem Sujet vorurteilsfrei, er lässt differierende Standpunkte nebeneinander stehen, auch das historische Foto- und (ganz am Ende) Filmmaterial wird nicht dazu missbraucht, das restliche Material überzudeterminieren.

**** Atmen (Karl Markovics)
**** Kern (Veronika Franz / Severin Fiala)

Einen "Fuchtelfilm" hätten sie über ihn gedreht, wirft Peter Kern seinen beiden PortraitistInnen vor. Das ist Blödsinn: Die Kamera bestimmt ihr Verhältnis zu dem kolossalen österreichischen Regisseur, zu dem ein Verhältnis zu finden nicht eben leicht ist, stets auf sehr kluge und tendenziell auch auf eher zurückhaltende Art und Weise. Sie lässt ihm Raum zur Selbstdarstellung, aber zieht sich oft so weit zurück, dass er das Bild doch nicht ganz beherrschen kann, dass seine Situiertheit mitkommuniziert wird.
Natürlich ist Kern auch ein Film über Selbstinszenierung. Und der Versuchung, diese zu durchschauen und den wahren Kern im Kern zu finden, kann der Film auch nicht ganz nachgeben, was dann in selbstreflexiven Momenten mündet, die nicht unbedingt die stärksten des Films sind. Toll dagegen, wenn Kern auf den Schnittlauch schimpft, seine Wohnung herzeigt, seine eigenen Filme anschaut, bei der Arbeit beobachtet wird.

**** Ship of Fools (Stanley Kramer)
**** Am Rand (und andere Filme von Ferry Radax)
**** Im freien (Albert Sackl)

Erst ein umwerfender Zeitraffer-Landschaftsfilm, der die Welt und den Blick auf sie transformiert. Die Bewegung des Films, die durch die Möglichkeiten des Kinos halluzinatorisch verformte Landschaft dann mit abstrahierten, hartwinkligen Formen, allso dem Gegenteil von Natur, zu konfrontieren, funktioniert zunächst ganz gut (ein balken, der immerzu zwischen schwarz und weiß switcht, dass dann aber die Bewegung des Films eine weg von der Natur und hin zur Abstraktion (und dann sogar irgendwann hin zum menschlichen Körper) ist, tut ihm nicht wirklich gut.

*** Outing (Sebastian Meise / Thomas Reider)
*** Griffen - Auf den Spuren von Peter Handke)

Die Skurrilitäten der Kärntner Bauernschaft verstellen leider des öfteren den Blick auf die interessanten Elemente, die der Film eigentlich durchaus auch für Handke-nicht-so-richtig-interessant-Finder (oder vielleicht auch nur: Handke-schon-lange-nicht-mehr-gelesen-Haber?) wie zum Beispiel mich haben könnte.

*** What Is Love (Ruth Mader)

Seidl in langweilig (?)

*** 1 Häufchen Blume 1 Häufchen Schuh (Carmen Tartarotti)
** Brand (Thomas Roth)
* Stillleben (Sebastian Meise)

Outing ist ein durchaus interessanter, wenn auch in seinem gelegentlich seltsam paternalistisch anmutenden Gestus nicht unproblematischer (Langzeit-)Dokumentarfilm über einen Architekturstudenten, der sehr freimütig über seine pädophile Neigung und seinen Vorsatz, ihr niemals nachgeben zu wollen, Auskunft gibt. Warum Meise aus dem Stoff dann aber ein Spielfilm und, was allerdings eher ein Nebenproblem ist, aus dem Archäologiestudenten einen gestandenen Familienvater machen musste, erschließt sich mir überhaupt nicht. Heraus kommt eine technisch slicke, dramaturgisch zähe, psychologisch reichlich unbeholfene Vereindeutigung der im Dokumentarfilm so viel eindringlicher und komplexer bearbeiteten Thematik; weiß der Geier, warum der Film den Spielfilmpreis des Festivals erhalten hat.

* Spanien (Anja Salomonowitz)

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