Wednesday, January 23, 2008

Berlinale 2008: Paruthi Veeran, Ameer Sultan, 2006

Paruthi Veeran ist ein Produkt der indischen Filmindustrie, allerdings nicht derer, die in Bombay ansässig ist, sondern einer anderen, im Süden des Landes situierten. Inwieweit Ameer Sultans Streifen repräsentativ für sein Produktionsumfeld ist, kann ich nicht beurteilen. Deshalb auch nicht, wieviel von der Differenz, die der Film zu dem wenigen aufweist, was ich aus Bollywood kenne, in unterschiedlichen industriellen Praktiken beziehungsweise Publikumserwartungen wurzelt.
Ohne diese Einordnungen ist Paruthi Veeran eine Romeo & Julia Version der ruppigeren Sorte. Beide Seiten, getrennt durch eine Kastenschranke, überbieten sich in unreflektierter, stumpfer Brutalität, die in Paruthi Veeran Anfang und Ende, Problem und Lösung, kurzum allgegenwärtig und nicht hinterfragbar ist. Man muss kein zartbesaiteteter Schöngeist sein, um das penetrant zu finden: Selbst die einzige Song & Dance Sequenz des Streifens kommt nur unter Gewaltandrohung zustande und taugt in all ihrer Verkrampftheit, Lustfeindlichkeit und Fantasielosigkeit fast zur Dekonstruktion dieser Spezialität des indischen Kinos. Nur ist sie erstens völlig ernstgemeint und passt sich zweitens hervorragend ein in den restlichen Film.
Denn auch die Inszenierung kennt keine Gnade. Die Schnellfeuermontage und häßliche Großaufnahmen en masse versuchen die Figuren an Stumpfheit und Brutalität noch zu überbieten. Technische Ambitionen sind reichlich vorhanden, ebenso der unbedingte Wille zum Epos. Heraus kommt dabei jedoch ein hektisches Durcheinander unterschiedlicher Erzählfäden, die sich jedoch nicht, wie in anderen Bollywoodfilmen (ein letztes Mal weise ich auf meine eigene Unwissenheit auf dem Gebiet hin) in ein charmant-sprunghaftes Nebeneinander fügen, sondern sich gegenseitig zerstören zu versuchen scheinen. Besonders aufdringlich sind Special-Effects-lastige Rückblenden in Schwarz-Weiß, die unter anderem äußerst sonderbare Split-Screen Montagen bergen.
In Paruthi Veeran dringt die Gewalt des Dargestellten ungehindert in die Darstellung ein: Romeo prügelt sich ebenso wie seine Gegenspieler von Szene zu Szene und der Film prügelt fleißig mit. Der eine oder andere mag das mit ästhetischer Konsequenz verwechseln, schwer erträglich bleibt es in jedem Fall.

2 comments:

Hans Meier said...

wirklich schwer erträglich

Hans Meier said...

wirklich schwer erträglich