Invisible City, Tan Pin Pin, 2007
Grandmother's Flower, Mun Jeong-hyun, 2007
Asyl (Park and Love Hotel), Kumasaka Izuru, 2007
Versuche, die Vergangenheit in Bildern wiederzufinden, sind stets in gewissem Sinne zum Scheitern verurteilt. Schließlich enthalten die Bilder selbst keine Vergangenheit, sondern sind nur fruchtbar zu machen, wenn sie in Diskurse eingebettet werden. Und das Verhältnis zwischen Diskurs und Bild ist immer ein problematisches. Eine harmonische Einheit von (Vergangenheits-)Bild und Diskurs kann es nicht geben und wenn Filme diese dennoch zu erreichen suchen, ist Vorsicht geboten. So kann es einem Dokumentarfilm nur darum gehen, intertessante Formen des Scheiterns zu finden. Koloniale Vergangenheiten haben das zusätzliche Problem, dass die Bilder immer jemand anderem gehören und doch über die eigenen Vorfahren zu sprechen scheinen.
In Invisible City gehören die Bilder einem alten Engländer, der sich weigert, dieselben einem Archiv zur Verfügung zu stellen. Statt Teil der Geschichte Singapurs zu werden, sollen sie seinen Kindern als finanzielle Absicherung dienen. Eine von mehreren eindrücklichen Begegnungen: Der am Rande der Demenz immer noch höchst vitale Immernoch-irgendwie-Kolonisatort schwafelt von allem möglichem und entwickelt währenddessen sogar eine Art von Medientheorie: "I want to unload my brain into this machine". Zwischen meterhohen Stapeln veralteter Filmtechnologie stolpert er herum und durchforstet sein Archiv, das zweifellos viele Schätze birgt. Sein neuester Plan: Das Filmmaterial (größtenteils dokumentarische Aufnahmen aus dem Südostasien der Fünfziger und Sechziger) vertonen und zwar mit Hilfe eines frei assoziierenden Voice-Over Kommentars. Wenn daraus mal was wird, möchte ich das nur allzu gerne sehen.
Auch sonst trifft man in Invisible City zwischen Bildfragmenten jeder Art auf absonderliche Gestalten: Einen dandyhaften Archäologen beispielsweise, der Colaflaschen ausbuddelt, oder eine uralte Britin, die nach der Unabhängikeit Singapurs nicht nach Europa zurückgekehrt ist und nun aussieht wie das buchstäbliche Gespenst des Kolonialismus'.
Besonders die Verbindung von Bildproduzenten und Bildfragmenten fasziniert an Invisible City. Etwas weniger sinnvoll scheinen mir die (glücklicherweise nicht allzu häufigen) Attacken auf das eigene Filmmaterial, die Tan Pin Pin selbst vornimmt. Schließlich besteht doch ein Unterschied zwischen dem Verfall von Bildern im Verlauf der Geschichte durch Geschichte und dem Eingriff des modernistischen Künstlersubjekts.
Auch Grandmother's Flower geht auf Spurensuche in der Vergangenheit und hat mit der mangelnden Sichtbarkeit derselben zu kämpfen. Mun Jeong-hyun wählt den Weg der bedingungslosen Personalisierung (bzw Familiarisierung) und Sentimentalisierung. Das geht erwartungsgemäß schief. Dabei macht auch Grandmother's Flower anfang einige interessante Bekanntschaften: Alternde Einwohner zweier durch eine Klassenschranke getrennter südkoreanischer Dörfer, die sich im Koreakrieg in unterschiedlichen politischen Lagern wiederfanden: Die Bourgeoisie im einen Dorf hielt zur Linken, die Arbeiterklasse im andern zur Rechten. Die Fronten sind heute, mehr als 50 Jahre später, immer noch dieselben. Zumindest unter den Rentnern. Ebenfalls wie in Invisible City zeigt der Film hier unter anderem Ex-Kommunisten beim Singen alter Kampfeslieder.
Bald jedoch wird klar, dass Mun Jeong-hyun die Schrecken der Vergangenheit nur beschwört, um sie in der Gegenwart wieder zu versöhnen. Die zähe Familiengeschichte, die sich um diese Versuche entspannt wird durch die Animationseinlagen, die die fehlenden Vergangenheitsbilder ersetzen sollen, nur noch rührseliger.
---
Asyl (Park and Love Hotel) dagegen ist ein Spielfilm. Der Macht des Fiktiven gibt er sich dennoch nur sehr bedingt hin. Soll heißen: Es passiert nicht viel in diesem Debutfilm, dem man die Tatsache, dass er ein Debutfilm ist, schon von weitem ansieht. Manchmal nett anzusehen sind die Versuche, motivische Kohärenz zu etablieren, allerdings leiden diese stets darunter, dass von narrativer Stringenz oder auch nur irgendeinem Projekt weit und breit keine Spur ist. Wahrscheinlich möchte Asyl (Park and Love Hotel) ein Film über alternative Lebensformen in einer konformistischen Gesellschaft sein. Den utopischen Ort jenseits sozialer Klassifizerung bildet eine Dachterrasse voller lärmender Menschen, die putzige Dinge tun. Das ist denn doch etwas wenig. Im Grunde weiß nur die zweite Episode um die Konfrontation einer Hausfrau mit der außerhausfräulichen Wirklichkeit etwas zu erzählen, ansonsten verabschiedet sich das Anliegen des Films mitsamt seiner formalen Spielereien geradewegs in Richtung Nirwana.
1 comment:
Lukas, thanks for reviewing Invisible City, even reading the translation on babelfish, you got it spot on, thanks, Tan Pin Pin Director Invisible City http://invisiblecity.sg
Post a Comment