Ein tieftrauriger Film aus den Weiten der ländlichen Türkei, noch während der Hochzeit der türkischen Filmindustrie entstanden, gleichzeitig, in einer wohl äußerst peripheren Position, in ihr und - so ist zu vermuten - gegen sie. Auch wenn der Film 1979 auf der Berlinale zu sehen war (natürlich im Forum), ist er meilenweit entfernt vom Festivalkino heutiger Tage.
Wenn Kino überhaupt wirklich politisch sein kann, dann ist Sürü ein politischer Film - einer unter sehr wenigen, vermutlich. Und das gerade weil Ökten und Drehbuchautor Yilmaz Güney nie versuchen, die Handlung direkt zu politisieren. Zwischen der marxistischen Theorie, genauer gesagt zwischen der Ausformulierung ihres dialektischen Prinzips, und dem Alltagsleben der Schäfer klafft eine Lücke, die der Film nicht auf der Ebene der Handlung zu schließen versucht.
Wenn die Schäfer des Hochlandes in die Städte ziehen, sieht man im Hintergrund einen Traktor einen Pflug ziehen. Doch erst anschließend folgt eine fast eisensteinsche Montagesequenz, die den Alltag der Hirten mit der maschinellen Zukunft konfrontiert, die ihre gesamte Lebensart zerstören werden. Und in der Stadt bleibt es einem altklug daherredenden Kind vorbehalten, auf die Wiedersprüche der bestehenden Gesellschaftsordnung hinzuweisen. Die eigentlichen Protagonisten sind nicht nur in der alten Ordnung der Familienfehden und Ehrenmorde gefangen, sondern in einem weiteren Sinne auch in ihrem eigenen Körper.
Immer bleibt eine nicht zu schließende Lücke bestehen zwischen dem konkreten, sinnlichen wie sozialen Erleben einerseits und dem unerbittlichen politischen Projekt des Films andererseits, dem das Volk hier tatsächlich im deleuzeschen Sinne fehlt, erzwungendermaßen und unwiederbringlich.
Eine lange Bahnfahrt verbindet Land und Stadt. Mithilfe punktgenauer Beobachtungen durchquert Öktens Film den geografischen wie den sozialen Raum. Hier erreicht der Film eine Intensität und Dringlichkeit, wie sie das Kino im postfordistischen Zeitalter in Westeuropa wohl nie wieder erreichen kann - oder höchstens in postkolonialen Zusammenhängen. Die radikale Verschiedenheit der Hirtendörfer einerseits und Ankaras hat Auswirkungen auf alle filmische Register. Doch beiden Lebensformen entsprechen spezifische sinnliche Konfigurationen. Und diese sind miteinander absolut unkompatibel.
In der Stadt angekommen werden die Hirten mit einer Warenform jenseits der traditionellen Tauschgeschäfte konfrontiert: Sie starren die - für sie unerschwinglichen - Elektrogeräte einer Ladenauslage an. Und die Heizungen und Backöfen starren zurück.
Sürü ist kein marxistischer Thesenfilm, auch wenn er deutlich in jeder Szene von marxistischer Theorie durchdrungen ist. Sürü ist das tieftraurige, unendlich bewegende Dokument des Untergangs einer präkapitalistischen Gesellschaftsform, ohne Hoffnung auf Errettung durch Transformation, da sie mit einer spezifischen sinnlichen Konfiguration, einer somatischen realität verbunden ist, die vom Kapitalismus radikal konsequent vernichtet wird. Und zu allererst ist Sürü ein Film, der gesehen werden muss. Wer in Berlin wohnt, kann ihn sich in Kürze im Videodrom auf DVD ausleihen.
Mehr (und kompetenter) zu dem Film hier: http://www.sensesofcinema.com/contents/cteq/04/32/suru.html
Wednesday, March 28, 2007
Tiger Shark, Howard Haws, 1933
Ein recht früher Hawks-Film - im gleichen Jahr wie Scarface gedreht - und schon fast beängstigend sicher inszeniert. Ein ständiger Wechsel zwischen dem aufreibenden, buchstäblich die körperlichen Substanz (beispielsweise Edward G. Robinsons Hand) angreifenden Broterwerb auf einem Fischerboot und dem Liebesmelodram in der Hafenstadt. Ersterer neigt zum Dokumentarischen, letzteres zum Theatralen. Minutenlang beobachten wir, wie Fischer am Rand ihres Bootes stehen, mit ihrem Fang kämpfen, die gefangene Beute in eine Rinne hinter sich werfen und bisweilen über Bord gespült werden. Dann wieder das Melodram um die portugiesische Witwe und ihre zwei Verehrer in Form eines Kammerspiels, voller effektvoller Auftritte und Abgänge. Schließlich führt Hawks konsequent beide Ebenen zusammen, bis zum bitteren Ende, die vielleicht die schlechteste Sequenz des Films darstellt. Jedoch nicht, weil Hawks irgend etwas falsch macht, sondern weil die Konventionen des Hollywoodfilms eine Schließung verlangen, die diesem Film nicht besonders gut tut.
Die Szenen auf dem Boot sind nicht auf eine Funktion des Melodrams zu reduzieren. Genauso wenig funktioniert es anders herum. Robinson und sein Nebenbuhler Richard Arlen halten Beruf und Privatleben strikt getrennt. Zumindest bis kurz vor Schluss.
Ich habe (vor allem in letzter Zeit) zu wenig von Hawks gesehen, um Tiger Shark autorentheoretisch einordnen zu können, doch scheinen sich mir einige Parallelen zu seinem Spätwerk Hatari! (und eventuell auch zu Man's Favorite Sport?, den ich allerdings kaum noch präsent habe) aufzudrängen. In Alle drei Filme weichen der auf den ersten Blick naheliegenden libidinösen Gleichsetzung Frau - Tier beziehungsweise Verführung - Jagd (wie sie beispielsweise John Fords großartiger Mogambo in aller Ausführlichkeit durchdekliniert) und aller damit einhergehenden Implikationen auf seltsame Weise aus. Zu sehr scheint Hawks sich für die Spezifiken beider Leidenschaften zu interessieren...
Die Szenen auf dem Boot sind nicht auf eine Funktion des Melodrams zu reduzieren. Genauso wenig funktioniert es anders herum. Robinson und sein Nebenbuhler Richard Arlen halten Beruf und Privatleben strikt getrennt. Zumindest bis kurz vor Schluss.
Ich habe (vor allem in letzter Zeit) zu wenig von Hawks gesehen, um Tiger Shark autorentheoretisch einordnen zu können, doch scheinen sich mir einige Parallelen zu seinem Spätwerk Hatari! (und eventuell auch zu Man's Favorite Sport?, den ich allerdings kaum noch präsent habe) aufzudrängen. In Alle drei Filme weichen der auf den ersten Blick naheliegenden libidinösen Gleichsetzung Frau - Tier beziehungsweise Verführung - Jagd (wie sie beispielsweise John Fords großartiger Mogambo in aller Ausführlichkeit durchdekliniert) und aller damit einhergehenden Implikationen auf seltsame Weise aus. Zu sehr scheint Hawks sich für die Spezifiken beider Leidenschaften zu interessieren...
Labels:
Classical Hollywood,
Edward G Robinson,
Hawks,
Männerkino,
Mogambo,
Tiere,
Tiger Shark,
USA
Monday, March 19, 2007
Thunder of Gigantic Serpent, Godfrey Ho, 1988
Ein wunderschön debiler, aber nie langweiliger und zwischendurch sogar manchmal recht dynamischer Film vom Altmeister des Hongkong-Trash: Thunder of Gigantic Serpent versucht zu allererst, das Konzept der japanischen Gojira / Gamera Streifen nach Hongkong zu importieren, inklusive lächerlicher Special Effects (lächerlicher als noch in den trashigsten Gojira-Streifen aus den 70ern, die "Riesenschlange" ist größtenteils eine Handpuppe, die erstaunliche Ähnlichkeit mit Kermit aufweist) und den obligatorischen Stadtzerstörungssequenzen (den Money Shots der Monsterfilme). Allerdings kann Ho es nicht lassen, in hongkongtypischer Manier den Monsterplot mit Dutzenden von anderen Genres zu kreuzen, unter anderem jeder Menge Bloodshed und ein klein wenig mießer Martial Arts, beigesteuert von ausrangierten drittklassigen US-Schauspielern.
Dafür verzichtet Ho auf die im japanischen Trashfilm obligatorische metaphorische Aufladung des Monsters via Atombombentest, Mythologie, Umweltverschmutzung oder sonstwas. Schuld ist zwar technisch gesehen durchaus die Wissenschaft, aber ein Frankenstein-Diskurs läst sich um den lächerlichen Vergrößerungsapparat (der in einer wunderbaren Sequenz an einer Kröte getestet wird) beileibe nicht spinnen. Die "Wissenschaftler" sind in diesem Film nur Spielmaterial einer Plotmaschinerie, die sich genauso selbstverständlich der "Polizei" oder dem "Militär" bedient, keine dieser Entitäten, gekennzeichnet ausschließlich durch ihre Kleidung, verweist auf außerfilmische Problematiken welcher Art auch immer. Nicht nur, weil die Charakterisierung der unterschiedlichen Gruppen äußerst unmotiviert und manchmal völlig beliebig vonstatten geht (selbst die Guten unterscheiden sich von den Bösen ausschließlich durch den Gesichtsausdruck - wenn überhaupt), sondern vor allem auch wegen dem hohen Erzähltempo.
Denn Ho ist - und wer dies nicht glaubt, überzeuge sich bitte selbst - ein guter Regisseur, zumindest in diesem speziellen Fall. Der Film ist wunderbar strukturiert und dekliniert seine in den ersten 10 Minuten angelegte Plotstruktur, trotz allen Scriptschwächen im Detail, konsequent durch. Selbst das High-Concept Kino eines John Woo oder Wong Kar-Wai (vor allem As Tears Go Bye) lugt in einigen Einstellungen um die Ecke (und wird nicht zuletzt durch den konsequent wummernden Synthie-Soundtrack evoziert). Flatternde Haare im Gegenlicht, befreite Kamerafahrten durch Spielzeugkulissen, unterlegt mit bedrohlicher Musik.
Kurz und gut: Hongkong-Kino in den Achtzigern. Gab es da auch nur einen wirklich schlechten Film? Ich zumindest kenne bis heute keinen.
Dafür verzichtet Ho auf die im japanischen Trashfilm obligatorische metaphorische Aufladung des Monsters via Atombombentest, Mythologie, Umweltverschmutzung oder sonstwas. Schuld ist zwar technisch gesehen durchaus die Wissenschaft, aber ein Frankenstein-Diskurs läst sich um den lächerlichen Vergrößerungsapparat (der in einer wunderbaren Sequenz an einer Kröte getestet wird) beileibe nicht spinnen. Die "Wissenschaftler" sind in diesem Film nur Spielmaterial einer Plotmaschinerie, die sich genauso selbstverständlich der "Polizei" oder dem "Militär" bedient, keine dieser Entitäten, gekennzeichnet ausschließlich durch ihre Kleidung, verweist auf außerfilmische Problematiken welcher Art auch immer. Nicht nur, weil die Charakterisierung der unterschiedlichen Gruppen äußerst unmotiviert und manchmal völlig beliebig vonstatten geht (selbst die Guten unterscheiden sich von den Bösen ausschließlich durch den Gesichtsausdruck - wenn überhaupt), sondern vor allem auch wegen dem hohen Erzähltempo.
Denn Ho ist - und wer dies nicht glaubt, überzeuge sich bitte selbst - ein guter Regisseur, zumindest in diesem speziellen Fall. Der Film ist wunderbar strukturiert und dekliniert seine in den ersten 10 Minuten angelegte Plotstruktur, trotz allen Scriptschwächen im Detail, konsequent durch. Selbst das High-Concept Kino eines John Woo oder Wong Kar-Wai (vor allem As Tears Go Bye) lugt in einigen Einstellungen um die Ecke (und wird nicht zuletzt durch den konsequent wummernden Synthie-Soundtrack evoziert). Flatternde Haare im Gegenlicht, befreite Kamerafahrten durch Spielzeugkulissen, unterlegt mit bedrohlicher Musik.
Kurz und gut: Hongkong-Kino in den Achtzigern. Gab es da auch nur einen wirklich schlechten Film? Ich zumindest kenne bis heute keinen.
Sunday, March 18, 2007
El laberintho del fauno, Guillermo del Toro, 2006
Guillermo del Toro gelingt in Pan's Labyrinth ähnlich Erstaunliches wie bereits vor einigen Jahren in The Devil's Backbone. Wiederum verbindet sich auf sonderbare Weise ein realer Geschichtsdiskurs mit einer durchaus genrekonformen Fantasyerzählung, welche diesmal nicht dem Geisterfilm, sondern einer blutigeren Abart des Märchenfilms, durchaus in der Richtung Tim Burton / Terry Gilliam entnommen zu sein scheint. Dass Vergangenheitsaufarbeitung dieser Art - historisierender magischer Realismus? - auch daneben gehen kann, ja auf den ersten Blick fast daneben gehen muss, bewies zuletzt unter anderem Jeunets unerträglicher Un long dimanche de fiançailles. Der Vergleich liegt auch deshalb nahe, da auch Pan's Labyrinth, ähnlich wie The Devil's Backbone nicht davor zurückschreckt, seine Bilder mit einer nostalgisch-warmen Patina zu überziehen. Szenerien, wie durch eine getönte Glasscheibe beobachtet, Fascho-Uniformen, denen eine eigentümlich pittoreske Wirkung zukommt.
Was unterscheidet Del Toro von Jeunet? Auf der Ebene der filmischen Form vielleicht gar nicht so viel. Ein wenig mehr Zurückhaltung bei den Versuchen, eine fiktive Welt zu erschaffen, weniger Establishing Shots, der Verzicht auf ausstattungsausstellende Plansequenzen, der dezentere Einsatz von Musik? Vielleicht insgesamt die Tatsache, dass Del Toro seine fiktive Welt immer deutlich bewußter, reflektierter moduliert, in vielen Sequenzen die Techniken des Continuity System zugunsten einer Technik außer Kraft setzt, die Zeit und Raum der Montage unterordnen und nicht umgekehrt. Jedoch auf sehr subtile Weise, beispielsweise durch "Baumblenden": Die Kamera schwenkt von einer Szenerie auf einen Baum und was auf der anderen Seite desselben zum Vorschein kommt, entspricht nicht der erwarteten Perspektive.
Nie versucht sich der Film an den angeberischen, affirmativen Totalen, den Authentizitätsbekundungen des konventionellen Historiendramas, wie es derzeit auch verstärkt das deutsche Kino heimsucht. Die Artifizialität der Diegese bleibt stets bewußt, ausgestellt. Und doch legt der Film Wert auf historische Zeichen, die jedoch genau in ihrer Zeichenhaftigkeit (als historisch determinierte Zeichen eines fiktionalen Films) lesbar bleiben und keinen Anspruch darauf erheben, in dem Spielfilm fremden Diskursen wie der Historiografie eindringen zu wollen. Keinen Angriff auf das nationale kulturelle Gedächtnis Spaniens hat Del Toro im Sinn.
Fast noch sonderbarer ist der Erfolg des Films in Bezug auf die in das historische Setting eingebundenen Fantasyelemente. Der Übergang zwischen beiden Welten ist oft direkt im Bild präsent, wenn Kreidestriche sich zu einer magischen Tür öffnen oder ein fliegendes Insekt sich in eine Fee verwandelt. Der besondere Reiz dieser Abschnitte (auch wenn mir der Film in dieser Hinsicht nicht ganz so gut gefallen hat wie The Devil's Backbone, der die beiden Ebenen noch etwas sinnvoller in Bezihung setzten konnte) geht wohl nicht zuletzt darauf zurück, dass Del Toro nicht davor zurückschreckt, die onirischen Bilder mithilfe einiger viszeralen Exzesse zu erden. Durchbohrtes Fleisch und jede Menge Insekten (bereits seit dem ziehmlich großartigen Mimic ein fester Bestandteil der Del Toroschen Welt) sorgen dafür, dass die Flucht in die Traumwelt für die kleine Ofelia immer in genuin körperlichen Erfahrungen endet.
Was unterscheidet Del Toro von Jeunet? Auf der Ebene der filmischen Form vielleicht gar nicht so viel. Ein wenig mehr Zurückhaltung bei den Versuchen, eine fiktive Welt zu erschaffen, weniger Establishing Shots, der Verzicht auf ausstattungsausstellende Plansequenzen, der dezentere Einsatz von Musik? Vielleicht insgesamt die Tatsache, dass Del Toro seine fiktive Welt immer deutlich bewußter, reflektierter moduliert, in vielen Sequenzen die Techniken des Continuity System zugunsten einer Technik außer Kraft setzt, die Zeit und Raum der Montage unterordnen und nicht umgekehrt. Jedoch auf sehr subtile Weise, beispielsweise durch "Baumblenden": Die Kamera schwenkt von einer Szenerie auf einen Baum und was auf der anderen Seite desselben zum Vorschein kommt, entspricht nicht der erwarteten Perspektive.
Nie versucht sich der Film an den angeberischen, affirmativen Totalen, den Authentizitätsbekundungen des konventionellen Historiendramas, wie es derzeit auch verstärkt das deutsche Kino heimsucht. Die Artifizialität der Diegese bleibt stets bewußt, ausgestellt. Und doch legt der Film Wert auf historische Zeichen, die jedoch genau in ihrer Zeichenhaftigkeit (als historisch determinierte Zeichen eines fiktionalen Films) lesbar bleiben und keinen Anspruch darauf erheben, in dem Spielfilm fremden Diskursen wie der Historiografie eindringen zu wollen. Keinen Angriff auf das nationale kulturelle Gedächtnis Spaniens hat Del Toro im Sinn.
Fast noch sonderbarer ist der Erfolg des Films in Bezug auf die in das historische Setting eingebundenen Fantasyelemente. Der Übergang zwischen beiden Welten ist oft direkt im Bild präsent, wenn Kreidestriche sich zu einer magischen Tür öffnen oder ein fliegendes Insekt sich in eine Fee verwandelt. Der besondere Reiz dieser Abschnitte (auch wenn mir der Film in dieser Hinsicht nicht ganz so gut gefallen hat wie The Devil's Backbone, der die beiden Ebenen noch etwas sinnvoller in Bezihung setzten konnte) geht wohl nicht zuletzt darauf zurück, dass Del Toro nicht davor zurückschreckt, die onirischen Bilder mithilfe einiger viszeralen Exzesse zu erden. Durchbohrtes Fleisch und jede Menge Insekten (bereits seit dem ziehmlich großartigen Mimic ein fester Bestandteil der Del Toroschen Welt) sorgen dafür, dass die Flucht in die Traumwelt für die kleine Ofelia immer in genuin körperlichen Erfahrungen endet.
Labels:
Del Toro,
El laberintho desl fauno,
Fantasy,
Geschichte,
Hollywood,
Horror,
Mexiko,
Spanien,
USA,
WW2
Monday, March 12, 2007
Mise-en-abyme, Björn Last, 2006
Ein Kurzfilm übers Filmemachen. Mise-en-abyme beginnt bei DePalmas Lügen und endet mit Godards Wahrheit. Selbstverständlich ist der Film viel zu intelligent, als dass er versuchen würde, dies zu einem moralischen Argument auszuformulieren. Dennoch geht Mitternachtskino-Schöpfer Björn Last sicherlich nicht zufällig den schwierigeren Weg: Nicht von der Wahrheitsbehauptung mittels Dekonstruktion aller Realitätseffekte zur Lüge, sondern umgekehrt. Die dafür nötige Euphorie bringt der Regisseur spielend auf. Selbstreflexivität nicht als narzisstische Spielerei, sondern im Sinne einer konsequenten Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten des Mediums, bis die vierte Wand einstürzt bzw. Monacos "Film verstehen" brennt (was dieses wohl auch in dieser Höhe verdient hat, wenn ich auch zugeben muss, dass das Buch in meiner filmtheoretischen Sozialisation einmal eine nicht unwichtige Rolle gespielt hat).
Mise-en-abyme ist ein in jeder Hinsicht wunderbarer Amateurfilm, der laut imdb nicht nur unter anderen Filme von Hitchcock, Godard, Terayama, Fassbinder und Jodorowsky zitiert, sondern dem es außerdem gelingt, auch seine eigenen Produktionsbedingungen produktiv zu nutzen. Denn keine einzige Szene wirkt wie gewollt und nicht gekonnt, und wahrscheinlich ermöglichte gerade der konsequente Amateurstatus aller Beteiligten, jenseits aller über das Projekt hinausreichenden Ambitionen, dessen Gelingen.
Nicht, dass Last für sein nächstes Projekt kein größeres Budget zu wünschen wäre. Doch was auch immer der Mann als nächstes plant: Man darf sich schon heute darauf freuen.
Mise-en-abyme ist ein in jeder Hinsicht wunderbarer Amateurfilm, der laut imdb nicht nur unter anderen Filme von Hitchcock, Godard, Terayama, Fassbinder und Jodorowsky zitiert, sondern dem es außerdem gelingt, auch seine eigenen Produktionsbedingungen produktiv zu nutzen. Denn keine einzige Szene wirkt wie gewollt und nicht gekonnt, und wahrscheinlich ermöglichte gerade der konsequente Amateurstatus aller Beteiligten, jenseits aller über das Projekt hinausreichenden Ambitionen, dessen Gelingen.
Nicht, dass Last für sein nächstes Projekt kein größeres Budget zu wünschen wäre. Doch was auch immer der Mann als nächstes plant: Man darf sich schon heute darauf freuen.
Labels:
Björn Last,
Deutschland,
Film verstehen,
Metafilm,
Mise-en-abyme,
Modernismus,
Off-cinema,
Pomo
Saturday, March 10, 2007
Inferno, Dario Argento, 1980
"Haben Madame sich verletzt?" - "Nein, das ist kein Blut, sondern Farbe!"
Aber selbstverständlich ist bei Argento Blut sowieso zu allererst eine Farbe. Und ganz besonders in Inferno, dem Film, in dem der Italiener dem Farbrausch mehr denn je frönt.
Ein Großteil des Films spielt in den seltsamen Häusern des Architekten Varellis, durchgeknallten Prachtbauten, architekturhistorisch wahrscheinlich irgendwo Ende 19. / Anfang 20. Jahrhundert angesiedelt, popkulturell in der filmischen Vision Argentos jedoch eher auf der Schwelle zwischen Seventies-chique und Glamour/Neon-Eighties - wie auch die ebenso grandiose Musik Keith Emersons gleichzeitig auf beide Epochen verweist. Labyrinthische Gänge voller tendenziell halluzinogener Farben, psychedelischer Klänge, leichtbekleideter Frauen, behanschuhter Messerstecher und natürlich Blut.
Von einer sinnvollen Handlung natürlich weit und breit keine Spur. Dennoch ist nichts an Inferno beliebig. Argento weiß genau, was er macht. Ganz im Gegenteil: Inferno ist so etwas wie die ausgestellte Formel eines Argento-Filmes, seiner synästhetischen Dynamik ebenso wie seiner psychosexuellen Grundlagen. Mehr noch als in anderen Filmen zerstört der Regisseur bewusst jeglichen Realitätseffekt - ohne dass der Film dadurch auch nur einen Hauch seiner Wirkung einbüßen würde (auch wenn das Ergebnis möglicherweise nicht ganz den Drive von Suspiria besitzt). Inferno ist ein Manifest des filmischen Antirealismus und eine perfekte Vorlage für das moderne Blockbusterkino, das allerdings bis heute nie auch nur halb so weit gegangen ist wie der Meister. Argento spielt mit offenen Karten - und gewinnt trotzdem mit Leichtigkeit.
Ganz besonders großartig ist eine Szene, die ausnahmsweise einmal nicht innerhalb eines Hauses spielt (und selbstverständlich mit dem Rest der Handlung nichts zu tun hat): Ein alter Mann möchte in einem seichten Gewässer einen Sack voller junger Katzen ertränken, fällt bei diesem Versuch verdientermaßen auf die Fresse und versucht sich ans Land zu retten, während der von Ratten attackiert wird. Ein Würstchenverkäufer beobachtet die Szene, eilt zu dem Alten - und greift zum Fleischermesser. Am Ende triumphieren die Ratten (Btw: Tiere im italienischen Horrorfilm... Ein weites Feld, das sich zu bearbeiten lohnen würde).
Aber selbstverständlich ist bei Argento Blut sowieso zu allererst eine Farbe. Und ganz besonders in Inferno, dem Film, in dem der Italiener dem Farbrausch mehr denn je frönt.
Ein Großteil des Films spielt in den seltsamen Häusern des Architekten Varellis, durchgeknallten Prachtbauten, architekturhistorisch wahrscheinlich irgendwo Ende 19. / Anfang 20. Jahrhundert angesiedelt, popkulturell in der filmischen Vision Argentos jedoch eher auf der Schwelle zwischen Seventies-chique und Glamour/Neon-Eighties - wie auch die ebenso grandiose Musik Keith Emersons gleichzeitig auf beide Epochen verweist. Labyrinthische Gänge voller tendenziell halluzinogener Farben, psychedelischer Klänge, leichtbekleideter Frauen, behanschuhter Messerstecher und natürlich Blut.
Von einer sinnvollen Handlung natürlich weit und breit keine Spur. Dennoch ist nichts an Inferno beliebig. Argento weiß genau, was er macht. Ganz im Gegenteil: Inferno ist so etwas wie die ausgestellte Formel eines Argento-Filmes, seiner synästhetischen Dynamik ebenso wie seiner psychosexuellen Grundlagen. Mehr noch als in anderen Filmen zerstört der Regisseur bewusst jeglichen Realitätseffekt - ohne dass der Film dadurch auch nur einen Hauch seiner Wirkung einbüßen würde (auch wenn das Ergebnis möglicherweise nicht ganz den Drive von Suspiria besitzt). Inferno ist ein Manifest des filmischen Antirealismus und eine perfekte Vorlage für das moderne Blockbusterkino, das allerdings bis heute nie auch nur halb so weit gegangen ist wie der Meister. Argento spielt mit offenen Karten - und gewinnt trotzdem mit Leichtigkeit.
Ganz besonders großartig ist eine Szene, die ausnahmsweise einmal nicht innerhalb eines Hauses spielt (und selbstverständlich mit dem Rest der Handlung nichts zu tun hat): Ein alter Mann möchte in einem seichten Gewässer einen Sack voller junger Katzen ertränken, fällt bei diesem Versuch verdientermaßen auf die Fresse und versucht sich ans Land zu retten, während der von Ratten attackiert wird. Ein Würstchenverkäufer beobachtet die Szene, eilt zu dem Alten - und greift zum Fleischermesser. Am Ende triumphieren die Ratten (Btw: Tiere im italienischen Horrorfilm... Ein weites Feld, das sich zu bearbeiten lohnen würde).
Labels:
Argento,
Expressionismus,
Giallo,
Gore,
Horror,
Italien,
long take,
Mütter-Trilogie
Subscribe to:
Posts (Atom)